Hoffenheim:Bayern als Sparringspartner

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Nach dem beeindruckenden Auswärtssieg in Berlin kann sich die TSG Hoffenheim allmählich der Vorbereitung des ersten Champions-League-Starts widmen. Der Vorsprung auf Platz fünf beträgt nun schon acht Punkte.

Von Javier Cáceres, Berlin

Das Wort "Champions League" wollte Andrej Kramaric zwar nicht in den Mund nehmen. Aber dass der Kroate allmählich in Königsklassen-Dimensionen denkt, wurde spätestens klar, als er nach dem 3:1-Sieg der TSG 1899 Hoffenheim bei Hertha BSC auf die nächste Bundesligapartie zu sprechen kam. Die TSG empfängt an diesem Dienstag den Tabellenführer FC Bayern München und mehr als ein Spitzenspiel zwischen den beiden besten Teams der Rückrunde sei das "ein guter Test für das, was im kommenden Jahr ansteht", sagte Kramaric.

Zwei Tore (39. Minute/Handelfmeter und 86.) sowie zwei spektakuläre Aluminiumtreffer hatte Kramaric zu einem Erfolg beigesteuert, der die Differenz zum fünften Tabellenplatz, auf dem Hertha steht, auf acht Punkte vergrößerte. "Es werden weniger Spiele und mehr Punkte Abstand", bilanzierte Manager Alexander Rosen, und das freut ihn allein schon wegen der Kaderplanung. Bei den Verhandlungen mit möglichen Zugängen "könnte ein weiteres Argument dazukommen", sagte er.

"Ins ganz obere Regal" werde man allerdings weder greifen können, noch wollen, betonte Rosen, und meinte damit auch, dass sich die Notwendigkeit zur Aufrüstung in Hoffenheim in Grenzen halte: "Die Jungs sind ja alle schon da."

Dass diese Bemerkung nicht nur der Wahrung des innerbetrieblichen Friedens diente, sondern einen objektiven Sachstand wiedergab, konnte man dem Hoffenheimer Auftritt bei der heimstarken Hertha ausgezeichnet entnehmen. Auch wenn es eines überaus umstrittenen Platzverweises gegen Herthas Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt bedurfte (58. ), um nach dem 0:1-Rückstand durch Peter Pekarik (32.) noch einen Sieg herauszuschießen, wurde die TSG ihrem Ruf als taktisch versierte, qualitativ hochwertig besetzte Mannschaft durchaus gerecht.

"Grundsätzlich war es schon in der Vergangenheit so, dass wir immer wieder hochgradig interessante Spieler nicht nur selbst entwickelt, sondern auch zur TSG bekommen haben", sagte Rosen. Auf der anderen Seite wissen sie auch damit umzugehen, Leistungsträger abzugeben. Wohl auch deshalb kommt kein Defätismus auf, wenn Kapitän Sebastian Rudy, 27, und Innenverteidiger Niklas Süle, 21, zum nächsten Gegner FC Bayern wechseln werden.

Eine besondere Konstellation sei die Partie gegen die Münchner für ihn nicht, beteuerte Rudy, "solange ich bei Hoffenheim bin, denke ich nur an den Verein". Trainer Julian Nagelsmann nahm die beiden künftigen Bayern-Angestellten schon mal in die Pflicht: "Ich schätze, dass die zwei ihrem neuen Arbeitgeber zeigen wollen, was sie drauf haben. Ich jedenfalls wäre so gestrickt", sagte der Coach.

In Berlin lieferte vor allem Süle eine ungeahnte Kostprobe seines Repertoires. Er bahnte den Hoffenheimer Sieg mit einem monströsen Schuss aus 25 Metern an - ein Stilmittel, das bei den kombinationsfreudigen Hoffenheimern eher sporadisch eingesetzt wird. Die Heldenrolle wäre unumstritten gewesen - wären da nicht Kramaric und Stürmer Sandro Wagner gewesen. Wagner hatte sich in der ersten Halbzeit den Zeigefinger ausgerenkt ("er sah aus wie E. T.", meinte Nagelsmann) und musste ihn sich von Hoffenheims Arzt unter Schmerzen justieren lassen.

"Hundertstes Bundesligaspiel und dann ein solches Tor, das ist natürlich geil", sagte Süle, der zuletzt ausgiebig Schüsse aus der zweiten Reihe geprobt hatte, weil Hoffenheims Dreierkette in der Abwehr den Verteidigern die Möglichkeit bietet, sich ins Angriffsspiel einzuschalten. "Im Training übt er immer Freistöße. Da hat er aber eine Quote von eins zu 99", sagte Nagelsmann. Gleichwohl komme Süle als Standardschütze in Betracht, "vielleicht darf er gegen die Bayern einen Freistoß schießen". Auch Sandro Wagner wird trotz Fingerverletzung dabei sein, und auch er lässt zunehmend die Gewissheit erkennen, dass er sich in der kommenden Saison in der Champions League sieht. "Der Finger behindert mich auf dem Weg nach Europa nicht", sagte er.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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