Hippiegolfen:Schiefe Sache mit Lavawedge

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18 Loch mit Hafenanschluss: Zum gartenhaften Golfclub Tecina auf der Kanareninsel La Gomera geht es per Fähre und dann stetig bergab.

Bernd Müllender

Die wild-schöne Kanareninsel Gomera gilt seit 30 Jahren als deutsches Aussteigeridyll und Hippieparadies. Golf hier? Im Valle Gran Rey, wo an die 1500 Ausgedeutschte dauerhaft leben, wabern bis heute Räucherstäbchenschwaden durch die alten Gassen, geistige Entsprechung sind "Gespräche über das Wesentliche" im "Intuitionszentrum Borbalan". Wo Bodybalancing und Seelebaumeling dominieren, war man entsprechend geschockt, als nach den Pauschalreisenden (ab frühe Neunzigerjahre) auch noch die Schlägerschwinger (seit 2003) anrückten. Wer hier, im "Tal des Großen Königs", nach Golf fragt, erntet verstörte Blicke und Kritiksalven aus der Klischeekiste: Ökofrevel, Landschaftsraub, Schickimickigetue, kurz: igitt. Immerhin wurde der Platz ein Tal nebenan gebaut. Die Anreise ins Fischernest Playa Santiago zum Tecina Golfresort erfolgt per Fähre.

Tecina Golf Greenfee von 61 Euro im Sommer bis zu kanarisch happigen 85 Euro im Winterhalbjahr. (Foto: Foto: Tecina Golf)

Das hölzerne Clubhaus ist kleiner und beschaulicher als so manches Anwesen der zu Reichtum gekommenen deutschen Umsteiger im Valle nebenan. Zum Spiel geht es erstmal in einen VWTransporter. Fast zwei Kilometer Fahrt über einen alten Vulkan - rücken, immer bergan über begrünte Lavafelder, bis sich plötzlich rechts die Straßen-Leitplanke elektrisch zur Seite schiebt. Die Einfahrt nach fast 200 Höhenmetern. "Der erste Abschlag ist gleich da drüben, Senor." Und von nun an geht's bergab, immer Richtung Meer, das sich in drei Himmelsrichtungen bis in alle Horizonte weitet. Golf ist hier eine sehr schiefe Sache. So mancher Ball landet ungewollt im Fairwaybegleitgrau. Das sind die vielen feinen Kieselrabatten aus zerschredderten Vulkanrückenstücken für die weiten Kakteen- und Agavenbeete. Was neue Techniken erfordert - das Eisen 9 erweist sich als ideales Lavawedge.

Der Abschlag auf Bahn 6 zielt majestätisch auf den Teide, mit 3.718 Meter höchster Berg Spaniens auf der Nachbarinsel Teneriffa. So nah sieht der Riese aus, dass man glaubt, an diesem gefühlten Par 40 sei ein vulkanisches Hole in One möglich. Leider herrscht Gegenwind. "18 Löcher mit 18 Mal Meerblick", wird nachher Clubmanager Primos Pusnik sagen, "das ist das offensichtlich Magische an unserem Platz".

Die magische Sicht eskortieren hunderte mächtige Dattel- und Fächerpalmen, beetweise Bougainvilleen, dazu Avokadowälder, prallvoll mit Früchten. In der augustahaften Blumenpracht dominieren Violett, Hellgrün und Gelb. Die gelben Bunkerfüllungen sind allerdings importiert, so etwas gibt es auf dem schwarzsandigen Gomera nicht. Unterarmdicke Gummischlangen im Rough beweisen, dass in diesem regenarmen Flecken Welt reichlich gewässert wird. Wasserraub, wie man nebenan im Valle Gran Rey argwöhnte? "Wir haben", sagt Manager Pusnik, "unten in der Bucht eine Pumpstation mit einer Meerwasser-Entsalzungsanlage. Tausend Kubikmeter pumpen wir täglich hoch".

Erstaunlich wenig Leute sind in diesem Golfgarten unterwegs. Die Tagesgäste, mehrheitlich Deutsche und Skandinavier, kommen meist von den hoffnungslos überfüllten Plätzen im Süden Teneriffas herüber. Plötzlich propellert ein Flugzeug über den Platz, im Anflug auf den unnötigsten Airport der Welt. Vier kleine Maschinen landen auf Gomera pro Tag. Für zig Millionen Euro EU-Strukturmittel wurde vor zehn Jahren gleich ein kompletter Berg weggesprengt. Alles um große Welt zu spielen. Aber die große Welt kommt - wie auch die kleine -, nach wie vor per Fähre. Die Spezialisten an den Räucherstäbchen wie auch die mit den Golfschlägern.

Tecina Golf Par 71, 5.361 bis 6.343 Meter, Design: Donald Steel Tel.: 0034-922- 145950 www.tecinagolf.com Greenfee: Von 61 Euro im Sommer bis zu kanarisch happigen 85 Euro im Winterhalbjahr Günstige Tagesexkursion ab Teneriffa (inkl. Fähre, Transport und Greenfee) ab 124 Euro. Diverse Angebote Hotel & Golf. Praktischerweise gehört Tecina Golf wie auch die großen Fährschiffe der norwegisch-spanischen Fred Olsen Company.

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