Hannover:Kinds Garantie

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Tayfun Korkut, Trainer von Hannover 96. (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Dass Tayfun Korkut den Bundesligisten weiter trainieren darf, hängt mit dem Ansehen zusammen, das der Deutsch-Türke beim Klubchef genießt.

Von Carsten Eberts, Hannover

Die Fristverlängerung kam Samstagmorgen. "Ja, das Wort steht", tat Hannovers Klubpräsident Martin Kind kund. Gemeint war das, was als Jobgarantie bezeichnet wird: Tayfun Korkut, 41, darf auch nach dem 1:1 gegen Hertha BSC vom Freitagabend im Amt bleiben. Ähnlich war Kind mehrmals in dieser Rückrunde verfahren, und so hangelt sich Korkut, obwohl sein Team mittlerweile eine beachtliche Sieglos-Serie hingelegt hat, unter Kinds Gnaden von Spieltag zu Spieltag.

Zwölf Spiele in Serie hat Hannover 96 nicht gewinnen können. Wer so oft Punkte liegen lässt, stürzt in niedere Tabellenregionen. "Wir werden jetzt bis zum letzten Spieltag leiden müssen", klagte Korkut, gefolgt von einem tiefen Seufzer. Sein Team habe sicher nicht das Ziel, "immer nur Unentschieden zu spielen". Auch wenn sechs Punkte bei sechs ausstehenden Spielen vermutlich zum Klassenerhalt reichen würden, wie Manager Dirk Dufner orakelte.

"Wir sind nicht in der Situation, dass uns ein 1:0 beflügelt."

Dass Korkut das Team trainieren darf, hängt mit dem hohen Ansehen zusammen, das der Deutsch-Türke in Hannover genießt. Normalerweise dürfte es für Kind ein Leichtes sein, im Abstiegskampf den Übungsleiter zu wechseln: Der Präsident mag Neuanfänge. Wenn etwas nicht läuft, wagt er etwas Frisches, da denkt der Hörgeräte-Unternehmer sehr amerikanisch. Doch schon im März, als Korkut eigentlich drei Punkte aus den Spielen gegen München, Gladbach, Dortmund holen sollte (es wurde nicht mal einer), bat Kind seinen Trainer zum Gespräch. Anschließend lobte er Korkuts kritische Analyse, der Trainer erreiche die Mannschaft nach wie vor. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass Korkut beim nächsten Misserfolg weggeschickt wird - aktuell aber wird ihm vertraut.

Umso alarmierender, wie Hannover gegen Berlin auftrat. Klar, die Mannschaft kämpfte, allen voran der vorbildlich rackernde Kapitän Lars Stindl, sie brachte diesmal sogar die Mehrheit der 46 000 Zuschauer in der Arena hinter sich. Auffälliger war aber, wie verunsichert das Team nach dem Führungstreffer agierte. Das 1:0 durch Christian Schulz (75.) - ein Stochertor, wie es im Abstiegskampf schöner nicht gelingen kann - belebte die Mannschaft nicht etwa: Es ließ sie erstarren.

So könnte die Frage, was in den Köpfen passiert, sobald Hannover führt, eine wichtige werden. Mehrmals hat Hannover eine Führung ängstlich aus der Hand gegeben, zuletzt gegen die Bayern, Köln, Paderborn. Gegen Berlin mahnte Korkut im Jubel weitere Offensivbemühungen an, doch sein Team gehorchte nicht. Die Spieler zogen sich zurück. Nach einer Hertha-Ecke sogar so weit in den eigenen Strafraum, dass sie Valentin Stocker am Sechzehnmeterraum vergaßen, der per wunderbarem Seitfallschuss zum Ausgleich traf (83.). Dieser Schock sitzt tief.

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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