Handball:Negativ-Werbung

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DHB-Vizepräsident Bob Hanning während einer außerordentlichen Bundesratssitzung des Deutschen Handball-Bundes (DHB) in Kassel. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Die Gesprächsrunden im deutschen Handball-Bund bringen keine Lösungen und nur einen minimalen Konsens. Es droht die Kampfabstimmung zwischen den Präsidentschafts-Kandidaten.

Von Carsten Eberts, Kassel/München

Zwei Stunden dauerte die Sitzung bereits an, dann gab es Kaffee. Verschlossene Türen öffneten sich, heraus strömten Männer in weißen Hemden. Mit angespannten Mienen sammelten sie sich um die brauen Tische im Kasseler Vestibül; zur Einigung hatten sich die Funktionäre auf der Außerordentlichen Tagung des Deutschen Handball-Bundesrats noch nicht durchringen können.

"Wir sind weit davon entfernt", ließ Andreas Thiel am frühen Nachmittag wissen. Früher war Thiel der "Hexer", Deutschlands bester Torwart. Heute ist er Justiziar der Handball-Bundesliga (HBL). Auch drei Stunden später, kurz nach Sitzungsende, war das einzige Ergebnis: Weitere Gespräche sollen in der kommenden Woche folgen. Ein minimaler Konsens, mehr nicht.

Der Antrag auf Abwahl von Bob Hanning bleibt bestehen

Dabei war die Kasseler Sitzung mit Spannung erwartet worden, insbesondere nach den umsturzartigen Geschehnissen der vergangenen Tage. Erst war publik geworden, dass vier Mitgliedsverbände der Bundesländer die Abwahl von DHB-Vizepräsident Bob Hanning (und vier weiteren Stellvertretern) wünschen. Dann wurde ebendieser Hanning vom früheren Bundestrainer Heiner Brand öffentlich angegangen und diskreditiert, um offen Stimmung gegen den Manager der Füchse Berlin zu machen. Als dann auch noch der frühere Verbandspräsident Bernhard Bauer per Brief für den Handball-Bundestag am 26. September seine erneute Kandidatur ankündigte (nach seinem Rücktritt im März) - wenn auch nur für den Fall, dass Hanning zuvor abgewählt wird -, war der deutsche Handball endgültig in Aufruhr. Alles deutet auf eine Kampfabstimmung zwischen Hanning und Bauer im September hin - ein Szenario mit maximaler Öffentlichkeitswirkung im negativen Sinne.

Um dies zu verhindern, hatten sich die Bundesratsmitglieder in Kassel getroffen. "Wir haben konstruktive Gespräche im Sinne des Handballs geführt", ließ DHB-Interimspräsident Mark Schober nach der fünfstündigen Sitzung wissen. Andere Sitzungsmitglieder berichteten von angespannten Gesprächen. Was allerdings auch publik wurde: Von ihrem Vorhaben, Hanning loszuwerden, wollen die Landesverbände bislang nicht ablassen. Ihr Antrag auf Abwahl bleibt bestehen.

Als Kompromiss wurde eine weitere Arbeitsgruppe gebildet, die in der kommenden Woche darüber entscheiden soll, ob Andreas Michelmann (der Kandidat der eigens eingesetzten Findungskommission) oder Bauer als Kandidat für das Amt des Handball-Bosses nominiert werden soll. Bauer selbst durfte nicht nach Kassel reisen, da er nicht dem Bundesrat angehört. Ein Antrag der Länder, Bauer nach Kassel einzuladen, wurde abgelehnt. Hanning hingegen durfte kommen - und sprechen. "Wir haben erörtert, was in diesem Gremium erörtert werden musste", ließ er wissen, "unterschiedliche Auffassungen müssen nicht zwingend zu Feindschaften werden." Zu Bauers zwölfseitigem Schreiben sagte er lediglich: "Ich habe den Brief gelesen." Zum Frontalangriff von Ex-Bundestrainer Brand sagte er erneut: nichts.

Die Mehrheit ist noch immer auf Hannings Seite

So soll nun eine siebenköpfige Runde über das weitere Vorgehen entscheiden. Deren Zusammensetzung ist interessant: Als Vizepräsidenten sind Bob Hanning und Georg Clarke dabei, die nach dem Willen der Bundesländer eigentlich abgewählt werden sollen. Dazu die Liga-Vorsitzenden Uwe Schwenker (HBL/Männer) und Berndt Dugall (HBF/Frauen), die als Unterstützer Hannings gelten. Schwenker betonte erneut, dass die Liga "geschlossen" hinter Hanning stehe. Hier muss der Manager keine Umfaller fürchten.

Das Bauer-Lager ist in der neuen Kommission lediglich durch die Landes-Vorsitzenden Hans Artschwager (Württemberg) und Gerd Tschochohei (Bayern) vertreten. Das siebte Mitglied, Steffen Müller vom Landesverband Sachsen-Anhalt, gilt bislang als neutral. Dem Vorwurf, das Manöver mit Bauer sei von langer Hand geplant gewesen, entgegnete Artschwager nur: "Dazu mache ich keine Aussage im Moment. Es geht darum, uns hier auszutauschen, eine gemeinsame Richtung zu finden und uns dann anschließend zu erklären."

Unter den übrigen Landesverbänden ist bislang keine klare Linie ersichtlich. Ein Votum aller Landesverbände gegen Hanning ist nicht abzusehen. Die Ausgangslage könnte schlechter sein für ihn - auch wenn der unfreundliche Antrag auf Abwahl diesen Tag in Kassel überlebt hat.

© SZ vom 09.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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