Handball: Heiner Brand:Der Franz hört auf

Lesezeit: 2 min

Heiner Brand, Lichtgestalt des deutschen Handballs, soll sich entschieden haben: Er will die Nationalmannschaft noch zur EM führen - danach ist Schluss. Für den Handballbund beginnt die schwierige Suche nach einem Nachfolger.

Carsten Eberts

Die Gedanken an diesen Moment wurden beim Deutschen Handball-Bund (DHB) stets verdrängt. Wieso einen Nachfolger für Heiner Brand suchen? Wenn dieser längst noch Bundestrainer ist? Brand macht doch bestimmt weiter. Weil der Heiner doch immer weitergemacht hat. Weil er sowieso der Beste ist.

Es ist Schluss: Bundestrainer Heiner Brand. (Foto: dpa)

Nun zwingt Brand den DHB offenbar doch, sich mit der unliebsamen Nachfolgeregelung zu beschäftigen: etwas früher als vermutet, noch deutlich vor den entscheidenden EM-Qualifikationsspielen in Österreich (8. Juni) und gegen Lettland (12. Juni).

Nach Informationen mehrerer Medien wird Brand am Mittwoch seinen Rücktritt verkünden. Der DHB hat für den frühen Mittwochnachmittag in Kamen eine Pressekonferenz angesetzt. Die EM-Qualifikation will Brand offenbar noch erfolgreich zu Ende bringen. Danach ist Schluss.

Der DHB hält sich noch bedeckt - ohne die Entwicklung jedoch zu dementieren. "Das kann passieren, es gibt eine Tendenz", sagt DHB-Vize Horst Bredemeier: "Er wird aber zunächst am Montag oder Dienstag die Spieler informieren."

Ohne sich großartig aufzudrängen, stieg Brand in den vergangenen beiden Jahrzehnten zur wichtigsten Person im deutschen Handball auf. Nach seiner aktiven Zeit begann er 1987 beim VfL Gummersbach seine Karriere als Vereinstrainer, wechselte später zur SG Wallau-Massenheim, ging noch einmal nach Gummersbach zurück.

Als 1997 der DHB rief, war die Aufgabe prekär: Die deutsche Nationalmannschaft hatte nach der Generation um Torhüter Andreas Thiel den Umbruch verpasst, qualifizierte sich 1997 zum ersten Mal überhaupt nicht für eine WM. Brand schaffte es innerhalb von zwei Jahren, dem Team ein neues Gesicht zu geben, führte es auf Anhieb in die Weltspitze zurück. Es folgten erfolgreiche Jahre mit dem EM-Titel und der Silbermedaille bei Olympia 2004.

Abgeschlossen war Brands Aufstieg zur alles bestimmenden Figur, wie sie der Fußball vielleicht nur in Franz Beckenbauer kennt, drei Jahre später: Bei der WM im eigenen Land, als Brand und seine Mannschaft den Weltmeistertitel nach 29 Jahren nach Deutschland holten. Brand und sein Team präsentierten sich vor allem als kluge und sympathische Protagonisten; die passenden Bilder lieferten die Nationalspieler selbst, als sie nach dem Finale ihrem Übungsleiter huldigten und sich Brand-Schnauzbart anklebten.

Handball: Heiner Brand
:Der Handball-Kaiser

Weltmeister als Spieler, Weltmeister als Trainer: Kein Name ist mit dem deutschen Handball so verbunden wie der von Heiner Brand. Egal, ob der Schnauzbart nun dran oder abrasiert ist.

Bildern

Was Brands Nachfolge angeht, steht der DHB vor einer schwierigen Aufgabe. Wie immer, wenn ein verdienter Mann abtritt und sich jegliche Nachfolgedebatte in den Jahren zuvor aus Respektsgründen von selbst verboten hat: Jeder Nachfolger würde automatisch mit Brand verglichen, das macht die Stellenausschreibung nicht unbedingt attraktiver.

Handball: Heiner Brand
:Der Handball-Kaiser

Weltmeister als Spieler, Weltmeister als Trainer: Kein Name ist mit dem deutschen Handball so verbunden wie der von Heiner Brand. Egal, ob der Schnauzbart nun dran oder abrasiert ist.

Bildern

An hervorragenden Trainern mangelt es in Deutschland nicht - dass einer von ihnen zum DHB wechselt, ist dennoch fraglich. Martin Schwalb, Meistertrainer beim HSV Hamburg, tritt in wenigen Wochen seinen Traumjob als Geschäftsführer des Klubs an. Einer Doppellösung für Alfred Gislason vom THW Kiel würde die Bundeliga nur schwerlich zustimmen.

Dann schon eher der Isländer Dagur Sigurdsson: Der Trainer des Bundesliga-Überraschungsvierten Füchse Berlin hatte schon einmal eine Doppelfunktion, als er die österreichische Nationalmannschaft zur EM 2009 führte - ein ruhiger Mann mit großem taktischem Gespür und der Gabe, junge Spieler zu fördern. "Es gab erste Gespräche, aber es ist noch längst nichts entschieden", bestätigte Füchse-Manager Bob Hanning bereits. Sigurdsson selbst verkündete: "Dazu sage ich erst einmal nichts. Ich habe schließlich bei den Füchsen noch einen Vertrag über zwei Jahre hier in Berlin."

Oder natürlich Martin Heuberger, langjähriger Co-Trainer unter Brand. Der könnte Brands lange sehr erfoglreiche, zuletzt jedoch glücklose Philosophie fortzsetzen. Heuberger wäre nicht die strahlendste oder gar mutigste Lösung - jedoch eine grundsolide.

Leicht wird die Aufgabe gewiss nicht - egal für wen. Noch steht nicht fest, ob sich die Nationalmannschaft für EM und Olympische Sommerspiele in London qualifiziert. Gelingt beides, wird der Übergang zumindest etwas sanfter. Ansonsten droht der große Umbruch: Wie damals, 1997, als Brand Bundestrainer wurde.

© sueddeutsche.de/ebc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: