Handball:Der Supercup hat sich überholt

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Nahkampfausbildung schadet nicht: Steffen Weinhold (Deutschland) und Mijajlo Marsenic (Serbien) raufen um den Ball. Finn Lemke (re.) mischt auch mit. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Die deutsche Auswahl gewinnt erst gegen Brasilien und dann gegen Serbien - die Zuschauer aber bleiben weg.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Früher war der Handball-Supercup so etwas wie eine Mini-WM mit vier Teams. Es kam die Weltspitze, etwa die UdSSR (später Russland), Rumänien, Schweden oder Spanien. 1979 bei der Premiere pilgerten 11 000 Zuschauer in die Dortmunder Westfalenhalle, als der Weltmeister Bundesrepublik Deutschland gegen den Olympia-Zweiten Rumänien antrat. Der 19. Supercup hat zwar noch einen sportlichen Wert, weil er die Vorbereitung auf die Europameisterschaft vom 15. bis 31. Januar in Polen einleitet. Ansonsten aber hat er sich "überholt", wie Bob Hanning, der Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB), am Mittwoch sagte. Da teilte er das Aus für diesen Wettbewerb mit.

Am Samstag kamen nur noch 3905 Fans in die Hamburger Arena beim 37:26 (20:8) gegen Serbien. Am Tag zuvor waren es sogar nur 3071 Zuschauer in Flensburg gewesen, als das DHB-Team mit einem ungefährdeten 29:20 gegen Außenseiter Brasilien den erhofften Grundstein für den von Bundestrainer Dagur Sigurdsson geforderten Turnier-Sieg ("Wir werden auf Sieg spielen. Probieren und Testen kommt erst an zweiter und dritter Stelle") gelegt hatte. Und auch am Sonntag werden in Kiel bei der Partie gegen Slowenien (14.45 Uhr, live bei Sport1) kaum mehr Fans erwartet, obwohl es vermutlich das schwierigste Spiel beim Supercup werden wird - und das gegen einen Gruppengegner bei der EM in Polen.

"Optimal" und "perfekt" - der Bundestrainer war zufrieden

Doch mit der gezeigten Leistung am Samstag war der Isländer Sigurdsson, für den ja mehr sportliche als merkantile Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sehr zufrieden. In Bezug auf die erste Halbzeit, als das Team die Serben quasi überrannte, sprach er gar die Worte "optimal" und "perfekt" aus. Besonders mit seiner Abwehr, die ja auf die drei Kreisläufer Patrick Wienczek (Kiel, Kreuzbandriss), Hendrik Pekeler (Rhein-Neckar Löwen) und Evgeni Pevnov (Gummersbach) verzichten muss, war er sehr froh. Vor allem der neue, große Mittelblock mit dem 2,10 Meter langen Finn Lemke (Magdeburg) und Erik Schmidt (Hannover-Burgdorf) hatte es ihm angetan. Auch der Gummersbacher Simon Ernst und der Lübbecker Niclas Pieczkowski durften sich teilweise in der Mitte ausprobieren. Womit das Testen nach der hohen frühen Führung (14:4 nach zwanzig Minuten) weiter ging, als es Sigurdsson ursprünglich vor hatte. Auch die Neulinge Rune Dahmke (Kiel) und der 20-jährige U18-Europameister von 2012, Jannik Kohlbacher (Wetzlar), die in Flensburg ihr Debüt gefeiert hatten, wurden vermehrt eingesetzt. Dahmke, der Kapitän Uwe Gensheimer nach der Pause auf Linksaußen ersetzte, war mit sechs Toren der beste Schütze vor Gensheimer, Steffen Weinhold, Schmidt und Kohlbacher, die je viermal trafen.

Den Rest besorgten die Torhüter Carsten Lichtlein (Gummersbach) in seinem 201. Länderspiel und Andreas Wolff (Wetzlar), die jeweils eine Halbzeit im Kasten standen und etliche Paraden zeigten - besonders gegen die bundesliga-erfahrenen Serben Momir Rnic (Melsungen), Marko Vujin (Kiel) und Petar Djordjic (Flensburg). Lichtlein war im Übrigen der letzte Weltmeister von 2007 im stark verjüngten Team.

Bis zum 15. Dezember muss Sigurdsson einen Kader von 28 Mann benennen, aus denen dann 16 Spieler für die EM nominiert werden. Acht Wochen vor dem Turnier mache er sich darüber aber noch "keinen Kopf", sagte Sigurdsson, der allerdings in Polen auf die Langzeitverletzten Wienczek und Paul Drux (Füchse Berlin, Schulter-Operation) definitiv verzichten muss. Bevor er über den erweiterten Kader entscheidet, hat er noch ein Freundschaftsspiel gegen Tunesien am 5. Dezember sowie zwei Testspiele gegen sein Heimatland Island, am 9. Januar in Kassel und einen Tag später in Hannover. Am 16. Januar spielt die Mannschaft ihr erstes EM-Spiel der Gruppe C in Breslau gegen den WM-Vierten Spanien, dann kommen Schweden (18. Januar) und der Supercup-Gegner vom Sonntag, Slowenien, am 20. Januar.

© SZ vom 08.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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