Handball:Tag der Abschiede

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Sieg und Niederlage beim Länderspiel-Doppelpack: Die Frauen gewinnen bei der letzten Partie von Anna Loerper, die Männer verlieren vor der Reise nach Japan.

Von Joachim Mölter, München

Es war gut, dass sie beim Deutschen Handballbund (DHB) eine Stunde Pause eingeplant hatten zwischen den Länderspielen der Frauen gegen Polen (30:29) und der Männer gegen Norwegen (25:30) am Mittwochabend in München. Denn die brauchten sie, um all die Spielerinnen gebührend zu verabschieden, die in der abgelaufenen Saison ihre Karriere in der DHB-Auswahl beendet haben. Ein ganzes Dutzend war gleich nach dem Achtelfinal-Aus bei der Heim-WM im Dezember zurückgetreten, die Kapitänin Anna Loerper, 33, hatte sich vom neuen Bundestrainer Henk Groener überreden lassen, noch bei der Qualifikation für die EM im Dezember in Frankreich mitzuhelfen. Die haben die deutschen Handballerinnen in der vorigen Woche geschafft, "die Pflicht ist erfüllt", sagte Loerper.

Die Spielgestalterin der SG BBM Bietigheim war die einzige der Geehrten, die in der Olympiahalle noch im verschwitzten Trikot ihr Abschiedsgeschenk entgegennahm, für 246 Einsätze, die drittmeisten in der Geschichte der DHB-Frauen. Nur die Leipzigerin Grit Jurack (306) und die Berlinerin Michaela Erler (285) haben mehr. Henk Groener ordnete das Geschehen vor insgesamt 9700 Zuschauern korrekt ein. "Es gab viele Emotionen", sagte er, "die Taktik war heute nicht wichtig."

Gegen Polen entwickelte sich jedenfalls ein munteres Spielchen, es ging hin und her, her und hin. Wobei zufällig die deutsche Mannschaft vorne lag, als die 60 Spielminuten um waren. Das Publikum sah etliche Paraden der Torhüterin Dinah Eckerle; es sah viele Tempogegenstöße, aber auch einfache Abspiel- und Schrittfehler, bei denen man die fehlende Abstimmung der Mannschaft merkte. Abgesehen von der Oldenburgerin Angie Geschke, 33, hat Bundestrainer Groener nur noch Spielerinnen im Kader, die in den 1990ern geboren sind, also höchstens 28 Jahre zählen. "Es sind viele Talente nachgerückt, die noch viele Erfolge feiern werden", glaubt Loerper.

Männer-Trainer Prokop experimentiert nach Absagen

Während der Länderspiel-Doppelpack für die DHB-Frauen das Ende eines Zyklus mit einer enttäuschenden Heim-WM markierte, stimmten sich die Männer bei der Gelegenheit auf ihre eigene Heim-WM im Januar 2019 ein. Der WM-Zweite Norwegen kam dem Bundestrainer Christian Prokop als "absoluter Härtetest" dafür gerade recht: "Wir haben nur noch eine Handvoll Testspiele vor der WM", erinnerte er. Die nächsten stehen noch in diesem Monat an, von München aus startet Prokop mit seinem 19-köpfigen Aufgebot zu einer zehntägigen Japan-Reise. Neben Teambuilding stehen zwei Länderspiele gegen die von Prokops Vorgänger Dagur Sigurdsson gecoachten Japaner an.

"Wir freuen uns auf die Reise", sagt Kapitän Uwe Gensheimer, "wir spielen mit weniger Druck, es geht ja nicht um eine Qualifikation." Zumindest nicht für die Mannschaft, für einige Spieler indes schon. Prokop sieht den Trip durchaus als "wichtige Gelegenheit, sich zu zeigen". Weil die Rückraumspieler Paul Drux und Steffen Fäth verletzt fehlten, Abwehrchef Finn Lemke wegen einer Knieblessur und Rechtsaußen Tobias Reichmann aus privaten Gründen kurzfristig abgesagt hatten, experimentierte Prokop bereits am Mittwoch gegen Norwegen: mit dem Linkshänder Fabian Wiede als Regisseur, aber auch mit Niclas Pieczkowski, Tim Kneule oder Tim Suton an der Schaltstelle. Darunter litt vor allem nach der Pause (15:15) der Spielfluss, aber auch bei den Männern waren Taktik und Ergebnis an diesem Abend nicht das Wichtigste. Joachim Mölter

© SZ vom 07.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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