Fußball:Vorteil Liverpool: Klopp jubelt gegen den BVB

Lesezeit: 3 min

Jürgen Klopps Team erkämpft sich eine gute Ausgangslage für das Rückspiel. Mats Hummels und Roman Weidenfeller retten trotz zeitweiliger Dortmunder Dominanz das Ergebnis.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Thomas Tuchel trug Schwarz, Jürgen Klopp Weiß. Die beiden standen an der Seitenlinie 20 Meter auseinander und dirigierten ihre Teams, aber zwischendurch warfen sie sich auch mal einen Blick zu und grinsten. Sie genossen es, sich als Strippenzieher in diesem attraktivsten Spiel des Europa-League-Viertelfinals gegenüberzustehen. Klopp hat es am Ende vermutlich noch ein bisschen mehr genießen können, zumindest räumt ihm das 1:1 seines FC Liverpool bei Borussia Dortmund fürs Rückspiel am kommenden Donnerstag daheim gute Chancen ein.

Dennoch sagte Klopp: "Wir haben nicht das Gefühl durch zu sein. Es war schön zurückzukommen, den leisen Applaus habe ich mal für mich gewertet."

Es ist zehn Jahre her, dass Klopp im Dortmunder Stadion die Gästekabine zugewiesen bekommen hatte. Am 19.8.2006 gastierte er als Trainer mit dem FSV Mainz in Dortmund, das Spiel endete 1:1. Die Gästekabine ist etwa 30 Meter entfernt von der Umkleide der Dortmunder, also von jenem Raum, in dem Klopp als Trainer seine größten Erfolge feierte. Diese Erfolge haben ihm als Referenz geholfen, im vergangenen Jahr zum FC Liverpool zu wechseln, mit dem er nun in Dortmund gastierte. So schließen sich Kreise. Klopp ist nicht versehentlich in die BVB-Kabine gegangen - nicht vor dem Spiel und nicht danach.

Der Stadionsprecher sagt: "Schluss mit den Freundlichkeiten"

Um 20.30 Uhr waren die Liverpooler Spieler zum Aufwärmen aufs Spielfeld gelaufen. Das Stadion war zu diesem Zeitpunkt erst halb voll, weil die Straßen rund ums Stadion verstopft waren. Die britischen Spieler ernteten zunächst Pfiffe, so ist das üblich, wenn die Gäste einlaufen. Aber dann kam Klopp, in seiner strahlend weißen Trainingsjacke. Er spazierte geradezu die Mittellinie entlang in die Mitte des Spielfelds. Die Zuschauer hörten auf zu pfeifen und begannen zu klatschen. Klopp klatschte zurück. Niemand rief seinen Namen, alle hielten sich dezent zurück. Man zeigte sich kurz, dass man sich schätzt. Doch mit dem Spielbeginn musste die Freundschaft ruhen. Befürchtungen, die BVB-Spieler könnten durch ihre Sympathien für den ehemaligen Trainer versäumen, an ihrem Limit zu spielen, erwiesen sich als unbegründet. "Schluss mit den Freundlichkeiten!", befahl der Stadionsprecher Norbert Dickel, als es losging.

Tuchel hatte seine Startelf im Vergleich zu jener vom 3:2 gegen Bremen am Samstag nur auf zwei Positionen verändert. Wie üblich im Europapokal durfte Roman Weidenfeller ins Tor. Die zweite Änderung betraf die Abwehrreihe, in die Mats Hummels zurückkehrte, weshalb Matthias Ginter auf die Bank musste. Auch Klopp wollte nach dem 1:1 in der Premier League gegen Tottenham Hotspur wenig ändern. Er brachte für den Mittelstürmer Daniel Sturridge, den er zunächst auf die Bank setzte, Divock Origi neu in die Anfangsformation. Neben Sturridge saß auch Mittelfeldzauberer Roberto Firmino nur an der Seite.

Europa League
:"Du kannst mit Liverpool nicht Zehnter oder Elfter werden"

Steve McManaman verehren sie beim FC Liverpool bis heute. Im SZ-Interview zieht der Brite Bilanz über Jürgen Klopps erstes Jahr an der Anfield Road.

Von Raphael Honigstein

Die Dortmunder spielten wie zuletzt eine Fünferkette, die sich bei Ballbesitz aber in eine Vierer- oder gar Dreierkette verwandelte. Flexibilität ist Trumpf. In der Mitte des Spielfeldes verdichtete sich alles.

Zunächst nur mit langen Bällen gerieten die Dortmunder in den Liverpooler Strafraum. Bloß Marco Reus (3.) und Pierre-Emerick Aubameyang (5.) kamen anfangs überhaupt einmal in die Nähe des Gästetorwarts Simon Mignolet. Nach 17 Minuten wäre dennoch beinahe das 1:0 gefallen. Julian Weigl bediente Marcel Schmelzer links außen mit einem genialen Pass, aber nach dessen Hereingabe wurde Mkhitaryans Schuss geblockt. Vier Minuten später hatten auch die Gäste mit einem Kopfball von Dejan Lovren ihre erste Chance. Der im Luftduell angegangene Weidenfeller stand nach kurzer Behandlung wieder auf.

Das Spiel zweier erkennbar versierter Mannschaften litt danach unter allerhand Fehlpässen und Ballverlusten. Als Mkhitaryan in der 34. Minute mal frei schießen konnte, strich der Ball rechts am Tor vorbei, einen weiteren Schuss von Aubameyang kurz später parierte Torwart Mignolet.

Der BVB erzeugt Dominanz ohne klare Chancen

Doch in der 36. Minute wurde die Dortmunder Fanseele unvermittelt erschüttert. Am Spielfeldrand sprang Klopp in die Luft und sägte fäustlings mit dem rechten Arm. Liverpools 20-jähriger belgischer Stürmer Origi hatte sich gelöst, lief an der Strafraumgrenze entlang nach rechts und schoss aus dem Lauf heraus flach links ins Dortmunder Tor. Weidenfeller streckte sich vergeblich. Ein Schock für Schwarz-Gelb. Und mit diesem ging es in die Pause.

Aber die Borussen erholten sich schnell. Keine drei Minuten waren in der zweiten Halbzeit gespielt, als Mkhitaryan nach einer Ecke den Ball von rechts in die Mitte flankte und dort Hummels erreichte, der in der 48. Minute das 1:1 erzielte. Liverpool reagierte aber keineswegs geschockt. Weidenfeller musste binnen 31 Sekunden gleich zwei Schüsse von Philippe Coutinho und einen von Nathaniel Clyne parieren (51.). "Ich hätte lieber das Spiel gewonnen und eine Parade weniger gehabt", meinte der Torwart nach Abpfiff.

Nuri Sahin war dann für Durm gekommen, was der Spieleröffnung durchaus bekam. Der BVB pflegte seine Dominanz mit geduldiger Ballzirkulation, kam aber kaum zu Chancen. Für Euphorie war das zu wenig. Dass Dortmund im 17. Pflichtspiel nacheinander unbesiegt blieb, war angesichts des verpassten Siegtreffers ein mäßiger Trost.

Mats Hummels resümierte: "Ich bin etwas unschlüssig, wie ich das bewerten soll. Alles in allem ist der Punkt gerecht, auch wenn wir uns mehr erhofft haben. Wir haben nicht so ein gutes Spiel hinglegt. Mit etwas mehr Ruhe vor dem Tor hätten wir uns mehr Chancen herausspielen können. Das Gegentor war ein bisschen zu einfach."

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: