Fußball-Regionalliga:Lautstarke Premiere

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Jubelnder Torschütze: Markus Ziereis (li.) nach dem 3:2. (Foto: Imago/Eibner)

Beim 3:2-Auftaktsieg gegen Viktoria Aschaffenburg lässt der SSV Jahn Regensburg vor 7800 Zuschauern seine Ambitionen erkennen.

Von Philipp Laberenz

Ungewohnt war vor allem der Lärmpegel. So laut und so poppig geht es selten zu im trauten Regensburg. Musik beschallte die Zuschauer auf den Rängen der neuen Regensburger Continental-Arena und sorgte allenthalben für Fragezeichen auf den Gesichtern. Ordner etwa verstanden ihr eigenes Wort kaum, verliehen ihrer Überforderung munter gestikulierend Ausdruck, verwiesen an Kollegen, die ihrerseits offenbarten, nicht recht im Bilde zu sein. So suchten Minuten vor dem Auftakt der Fußball-Regionalliga Bayern Rentner ihre Plätze, Mütter ihre Kinder und die Verantwortlichen des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) die Worte zum standesgemäßen Event.

Während draußen vor dem Stadion noch Andrang herrschte und der Rückstau fast bis in die Innenstadt reichte, hatte sich der BFV zum Start der Fußballsaison etwas Besonderes ausgedacht und fuhr dafür im Bauch des neuen Stadions einiges auf: Vor der Partie des SSV Jahn Regensburg gegen Viktoria Aschaffenburg betraten die Vertreter aller 18 Regionalliga-Mannschaften nach und nach schüchtern das frische Grün, stellten sich zum BFV-Trailer auf und lauschten neben den Worten auch wieder der Musik, dem Song Radio Gaga von Queen und den Regensburger Domspatzen mit der Bayernhymne.

Das Gewese wirkte etwas überfrachtet, die Entscheidung des BFV, das Auftaktspiel nach Regensburg zu verlegen, jedoch sehr bewusst. Schließlich sieht der Verband die Regionalliga Bayern aktuell auf Augenhöhe mit den anderen vier Regionalligen; gerade die beiden Drittliga-Absteiger, der SSV Jahn und die SpVgg Unterhaching, heben doch das Niveau, und das Gefälle sei nicht derart hoch wie in anderen vierten Ligen. Da bot das neue Regensburger Stadion für den Saisonstart eben einen adäquaten Rahmen. Knapp 53 Millionen Euro teuer und mit einer Kapazität von mehr als 15 000 Zuschauern ist es sicher kein gewöhnliches Regionalligastadion, erinnert es als reine Fußballarena vielmehr an die Heimstätten der Bundesligisten aus Mainz, Augsburg oder Ingolstadt, und spiegelt so auch die Ambitionen des Vereins, der Stadt, der Region wieder.

Der SSV Jahn hat klar formuliert, dass Liga vier nur ein Zwischenschritt ist, ein ungeliebter zwar, aber die Spielzeit in Bayerns höchster Liga nehme man mit. Wie einen Testlauf. Um sich vorzubereiten auf Höheres. Denn mittelfristig sollen Dritt- und am besten wieder Zweitligaspiele in der schmucken Arena ausgetragen werden. Den direkten Wiederaufstieg soll ein Etat von knapp zwei Millionen Euro möglich machen, Cheftrainer Christian Brand hat dafür einen entsprechenden Kader zur Verfügung, deren Kopf Kolja Pusch, 22, bildet, der in der Winterpause aus Chemnitz nach Ostbayern kam. Er entstammt dem Nachwuchsleistungszentrum von Bayer Leverkusen, wurde 2010 mit der Fritz-Walter-Medaille bei den U17 ausgezeichnet - und ließ am Donnerstagabend erkennen, für eben Höheres berufen zu sein.

Der Mittelfeldspieler will Verantwortung tragen und ist sich dafür nicht zu schade, auf dem Feld gleich mehrere Rollen zu übernehmen: "Eigentlich bin ich ein box-to-box-Spieler, aber ich gehe überall dorthin, wo ich gebraucht werde." Hinten die Drecksarbeit, vorne das Zuckerl. So war er gegen den gefällig agierenden Aufsteiger aus Aschaffenburg der Dreh- und Angelpunkt, leitete per Spielverlagerung überlegt den Ausgleich ein, nachdem die Regensburger nach einer Viertelstunde in Rückstand geraten waren, und erzielte kurz vor dem Halbzeitpfiff vom Punkt den Ausgleich. Geschwächt von einer Erkrankung ließen die Kräfte nach dem Seitenwechsel bald nach, so dass er nicht über die volle Distanz von 90 Minuten gehen konnte. Zum Jubel über den 3:2-Siegtreffer durch Markus Ziereis musste er sich bereits etwas hinschleppen.

Die Fitness wird Pusch aufholen, klare Ziele hat er bereits: "Wir wollen zurück in die Bundesliga." Der Auftakt vor 7800 Besuchern soll nur der Vorgeschmack gewesen sein. Deswegen ist er auch in Regensburg geblieben. "Vor der Kulisse im neuen Stadion macht es einfach großen Spaß", sagt Pusch, der mit Leverkusen einmal vor 40 000 Zuschauern spielen durfte. Europa League war das. In Kharkiw. Ausverkauft. "Ein Traum für jeden Fußballer", sagt Pusch. Von vollen Rängen träumt auch der Jahn.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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