Ultras:DFB reagiert auf Stadiongewalt

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Mit teils überraschenden Vorschlägen setzt der Verband auf Deeskalation. Nach dem jüngsten Krawall in Rostock wird eine vorläufige Aussetzung von Kollektivstrafen diskutiert, zusätzlich zur Aufforderung zu Dialog und Gewaltverzicht.

In der Auseinandersetzung um den Umgang mit Ultra-Gruppen hat der Deutsche Fußball-Bund Gesprächsbereitschaft signalisiert. Der Verband will mit teils überraschenden Vorschlägen auf Deeskalation setzen. Nach den Eindrücken der jüngsten Krawalle bei dem DFB-Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC könnten Kollektivstrafen vorläufig ausgesetzt werden, zusätzlich zur Aufforderung zu Dialog und Gewaltverzicht.

"Der DFB empfiehlt seinem Kontrollausschuss, bis auf Weiteres darauf zu verzichten, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung. "In diesem Punkt, den Kollektivstrafen, sehe ich den wesentlichen Kritikpunkt der Ultraszene." Grindel vermutet, "dass viele andere Diskussionen, die wir führen, wahrscheinlich eher vorgeschoben sind". Sanktionen wie die Verhängung von Blocksperren, Teilausschlüsse oder sogenannte Geisterspiele sollen deshalb zeitweise nicht mehr angeordnet werden.

In der Politik wird auch über das Pyroverbot debattiert

Die Unabhängigkeit der DFB-Sportgerichtsbarkeit soll laut Grindel davon aber unberührt bleiben. "Wir wollen ein Zeichen setzen, um gemeinsam in den Dialog einzutreten." Der Fußball in Deutschland stehe auch für Stehplätze, faire Eintrittspreise und die 50+1-Regel, sagte der Verbandspräsident: "Der DFB meint es mit dem Angebot zum Dialog ernst."

Die DFB-Sportgerichtsbarkeit steht hinter dem Vorstoß. Nach "teilweise kontroversen Diskussionen" unterstütze die Sportgerichtsbarkeit "voll und ganz die Initiative des Präsidenten", sagte der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz: Allein mit repressiven Maßnahmen sei es bisher nicht möglich gewesen, die Situation in den Griff zu bekommen. Auch aus der Bundesliga kam Unterstützung. So begrüßte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, die Initiative des DFB-Präsidenten. "Man muss sich nur mal das Beispiel Borussia Dortmund vorstellen, als die ganze Südtribüne ausgeschlossen wurde. Das kann nicht im Interesse des Fußballs sein", sagte Rummenigge.

In Teilen der Politik wird sogar eine Aufhebung des Pyroverbots erwogen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte: "Wenn einige Ultra-Gruppen ganz viel Wert darauf legen, Pyrotechnik zu zünden, kann man sich darüber unterhalten, dafür bestimmte Bereiche im Stadion zu schaffen." Dass Fans bei Verstößen gegen geltende Gesetze weiter rechtliche Folgen erwarten, machte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) klar. "Zunächst mal reden wir teilweise von erheblichen Straftaten. Da muss die Justiz harte Kante zeigen", sagte de Maizière. Nötig sei aber auch mehr Prävention.

© SZ vom 17.08.2017 / SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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