Fußball in England:Einkaufen als Wettbewerb

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Ist Manchester City mehr als 40 Millionen Euro wert: Der argentinische Nationalverteidiger Nicolas Otamendi (links) kommt vom FC Valencia. (Foto: AFP)

Otamendi für 40 Millionen nach Manchester, Pedro für 30 Millionen zu Chelsea - und auch für Kevin De Bruyne steht das Empfangskomitee bereit: Englands Transfermarkt brodelt.

Von Javier Cáceres, Berlin

Es hat schon ruhigere Tage im Leben des Kevin De Bruyne gegeben; kein Tag vergeht mehr, an dem die belgische Galionsfigur des Bundesligisten VfL Wolfsburg nicht durch die Gazetten Europas und - vor allem - der britischen Insel geistert. Nicht alle waren dabei am Donnerstag so zurückhaltend wie der kicker und die Wolfsburger Nachrichten, die übereinstimmend berichteten, dass De Bruyne, 24, nun doch dazu neige, ein überaus lukratives, mit angeblich mehr als 15 Millionen Euro Jahressalär dotiertes Vertragsangebot des englischen Spitzenklubs Manchester City anzunehmen. Das britische Massenblatt The Sun ging sehr viel weiter: Noch diesen Samstag werde sich De Bruyne in einen Flieger setzen und aus Niedersachsen nach England jetten, um in Manchester den Dienst anzutreten. Die Engländer würden Wolfsburg mit 70 Millionen Euro entschädigen.

Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs verordnet sich eine Nachrichtensperre

In Wolfsburg sorgte die Meldung für Verwunderung. "Das treibt seltsame Blüten, wenn schon Abflugzeiten bekannt gegeben werden und sich das Empfangskomitee in Bewegung setzt", sagte VfL-Manager Klaus Allofs, als er am Donnerstag mit Trainer Dieter Hecking vor der Presse erschien, um die Medien auf die Ligapartie beim 1. FC Köln einzustimmen.

De Bruyne, so jedenfalls versicherte es Allofs, werde die Reise an den Rhein ebenfalls antreten: "Natürlich ist er dabei." Doch sehr viel weiter als bis zum Samstagnachmittag reichen die Festlegungen der Wolfsburger nicht mehr.

Noch vor wenigen Tagen hatte Allofs von einer "99,9-prozentigen" Wahrscheinlichkeit gesprochen hatte, dass De Bruyne dem VfL erhalten bleibe; am Donnerstag waren solche Prognosen nicht mehr zu hören. Stattdessen unterwarf sich der Manager in Sachen De Bruyne einer selbst auferlegten Nachrichtensperre: "Ich werde keine Informationen mehr dazu abliefern", versicherte Allofs, der in dieser Woche noch einen letzten Versuch unternommen hat, De Bruyne durch erheblich aufgebesserte Bezüge vom Bleiben zu überzeugen. Allerdings in dem Wissen, dass er nicht imstande ist, die Offerten aus Manchester zu egalisieren oder gar zu übertreffen.

Wie locker bei City das Geld sitzt, wurde auch am Donnerstag deutlich. Während in Wolfsburg gerätselt wurde, ob De Bruyne auch enttäuscht sei, dass sein Noch-Klub in lediglich überschaubarem Rahmen (Max Kruse, Carlos Ascues, Francisco Rodríguez) nachgerüstet habe, leistete sich Manchester City einen neuen Innenverteidiger. Die Engländer, die bisher von allen Klubs Europas in diesem Sommer am meisten investiert haben, lösten den argentinischen Nationalspieler Nicolás Otamendi für mehr als 40 Millionen Euro beim spanischen Erstligisten FC Valencia aus.

Weil der Transfer sich bereits abzeichnete, hatte Otamendi am Dienstag auf eine Teilnahme am 3:1-Sieg der Spanier gegen Monaco in der Champions-League-Qualifikation bereits verzichtet. Ob die Verpflichtung Otamendis dazu führt, dass sein Landsmann Martín Demichelis, ehedem Profi beim FC Bayern, von City in die Heimat zu seinem Stammklub CA River Plate nach Buenos Aires zurückkehrt, ist offen. Dafür aber ist einigermaßen klar, dass die Einkäufe von Manchester City sich längst auf Kosten von mehr als 100 Millionen Euro summieren. Erst vor wenigen Wochen hatte City Raheem Sterling aus Liverpool geholt - für angeblich 62 Millionen Euro.

Und so geht das britische Wettrüsten munter weiter - auch bei Meister Chelsea. Nachdem er gerade erst Abdul Rahman Baba (FC Augsburg) begrüßen durfte, sicherte sich Trainer José Mourinho am Donnerstag die Dienste des spanischen Welt- und Europameisters Pedro Rodríguez vom Champions-League-Sieger FC Barcelona; die Katalanen gaben offiziell bekannt, dass die Londoner eine Ablösesumme von 30 Millionen Euro überweisen werden. Für Pedro hatte sich auch Manchester Uniteds Coach Louis van Gaal sehr interessiert - doch der Niederländer hatte ebenso das Nachsehen wie im Falle Otamendis.

Dem eilt ein famoser Ruf voraus. Nachdem der WM-Teilnehmer 2010 den Schmerz über die Nichtnominierung für die WM 2014 überwunden hatte, schwang er sich zum "besten Verteidiger der letzten spanischen Meisterschaft" auf, wie der seit zwei Jahren bei ManCity amtierende Manuel Pellegrini sagte. Der Trainer, der gerade seinen Vertrag bis 2017 verlängerte, hatte ihn bei der Copa América in Chile begutachtet. Seither ist er sich sicher, dass Otamendi ("physisch stark, exzellentes Tackling") alles mitbringt, um in der Premier League zu triumphieren. "Technisch sehr gut" ist er allerdings nur, wenn man ihn mit Pellegrini selbst vergleicht. In dessen chilenischer Heimat ist bis heute ein Dementi unvergessen, mit dem es Pellegrini in den 1970ern zum Titelhelden der Zeitschrift Estadio wurde: "Ich bin kein Holzfuß!"

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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