Formel 1:Der ewige Harry

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Der brasilianische Rennfahrer Felipe Massa verkündet in einem Video sein Karriereende. Er wird in Erinnerung bleiben als Schüler von Michael Schumacher - und als Protagonist im spannendsten Finale der Formel-1-Geschichte.

Von Philipp Schneider, Grove

Würde die Kamera nicht wackeln und auch ein bisschen zoomen, man könnte meinen, es hätte sich kein Kameramann gefunden, der Felipe Massa dabei filmen wollte, wie er sein Karriereende in der Formel 1 verkündet. Obwohl es keine triste Webcam war, in die Massa, dieser zähe Rennfahrer aus São Paulo, vor einer schlichten weißen Wand seine Abschiedsworte sprach in dem auf Instagram veröffentlichten Filmchen, so ist es doch ein erstaunlich nüchternes "Adeus!" für einen so weit gereisten Rennfahrer wie Massa. Zweimal noch wird der 36-Jährige kreisen, dann stellt er seinen Williams letztmals in der Garage ab. Nach vermutlich 269 Rennen, elf Siegen und 16 Pole Positions. "Nachdem ich Ende letzten Jahres schon einmal meinen Rücktritt bekannt gegeben habe, bin ich diese Saison gern eingesprungen, als Williams mich um Hilfe gebeten hat", sagt Massa in dem wackligen Filmchen. Um Hilfe bat ihn Williams nur, weil Nico Rosberg mit seinem Rücktritt Ende 2016 eine kleine Kettenreaktion auslöste: Williams-Pilot Valtteri Bottas ging zu Mercedes, Massa wurde wieder benötigt.

Massa fuhr seit 2014 für Williams, doch was von ihm bleiben wird, das ist vor allem die Erinnerung an seine Zeit bei Ferrari. Nachdem er 2002 zunächst in einem Sauber seine ersten Erfahrungen in der Königsklasse gesammelt hatte, fuhr er von 2006 bis 2013 für die Scuderia und gab da den ewigen Harry Klein. Den Wagen ließ er sich zwar von anderen in die Startaufstellung vorfahren, aber Massa war zunächst der Schüler von Michael Schumacher. Ehe er in der Saison 2008 sechs seiner insgesamt elf Grand-Prix-Siege feierte und für das spannendste WM-Finale der Geschichte sorgte. Mit sieben Punkten Vorsprung auf Massa reiste Lewis Hamilton zum letzten Rennen nach São Paulo. Massa hatte eigentlich keine Chance mehr, aber er gab noch mal alles, wurde Erster. Und verpasste doch den WM-Titel, weil Hamilton in der letzten Runde noch Timo Glock überholte, der auf Slicks über die nasse Strecke von Interlagos rollte. Hamilton wurde Fünfter - und gewann seine erste Weltmeisterschaft. Mit nur einem Punkt Vorsprung vor Massa. Der Brasilianer war auch Opfer in einem der schlimmsten Unfälle: 2009, in der Qualifikation zum Großen Preis von Ungarn, flog Massa bei Tempo 240 eine 800 Gramm schwere Stahlfeder gegen den Helm, die an der Hinterradaufhängung von Rubens Barrichellos Mercedes abgebrochen war. Vermutlich bewusstlos raste er in einen Reifenstapel.

"Wir wissen zu schätzen, dass er noch einmal zurückgekommen ist, nachdem er so einen emotionalen Abschied im vergangenen Jahr erlebt hatte", sagte Claire Williams, die stellvertretende Teamchefin am Sonntag.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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