Formel 1:Das Karussell dreht sich

Lesezeit: 2 min

Nach dieser Saison dürften sich die Fahrerpaarungen der stärksten Teams verändern. Beim Großen Preis von Frankreich deuten sich die ersten Umwälzungen an: Im Zentrum stehen Daniel Ricciardo - und ein junger Monegasse.

Von Elmar Brümmer, Le Castellet

Fahrerkarussell, das klingt so niedlich. Man stellt sich ein paar Männer mit Helmen auf roten, blauen oder silbernen Autos vor, die sich zu schmissiger Musik im Kreis drehen. In der Formel 1 allerdings hat sich nicht viel gedreht in den vergangenen Jahren. Nimmt man den selbstgewählten Abtritt von Nico Rosberg einmal aus, ist nichts Großes bei den Großen passiert. Das könnte sich jetzt ändern. Das Karussell nimmt vor dem Großen Preis von Frankreich am Sonntag in Le Castellet (16.10 Uhr/RTL) Fahrt auf.

Weltmeister Lewis Hamilton, dessen Vertrag zum Jahresende ausläuft und der sich am Samstag die Pole Position vor Teamkollege Valtteri Bottas und dem WM-Führenden Sebastian Vettel sicherte, steht kurz vor einer Vertragsverlängerung mit Mercedes. Das heißt es zwar seit Monaten, aber tatsächlich scheint es nur um die Laufzeit (zwei oder drei Jahre) und die Summe (wie viele Millionen über 100 Millionen Euro) zu gehen. Auch Ferrari schien bislang auf die bewährte Kombination aus Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen zu setzen. Die beiden sind sogar Freunde, wenn es denn so etwas unter Rennfahrern gibt, doch Ferrari kümmert sich um die Zukunft. Und mit seinen 38 Jahren wird Räikkönen nicht mehr allzu lange mitfahren, schon im vergangenen Jahr ist er nur durch die Fürsprache Vettels und den Hang von Teamchef Maurizio Arrivabene zum Konservatismus im Kader verblieben.

Nun könnte den Ältesten einer der Jüngsten ersetzen: Dem für gewöhnlich sehr gut informierten Branchenblatt autosport zufolge ist der Ferrari-Junior Charles Leclerc der Favorit auf den Platz neben Vettel. Auf 65:35 werden die Chancen des 20 Jahre alten Monegassen geschätzt, der in sieben Ausbildungsrennen beim Sauber-Rennstall schon zehn WM-Punkte mit einem schwächeren Auto geholt hat. Sauber-Teamchef Frederic Vasseur, der mit vielen Ausnahmetalenten in den Nachwuchsklassen zusammengearbeitet hat, kann gar nicht anders, als Leclerc für die Beförderung vorzuschlagen, auch wenn er sein Team damit schwächt. Ferrari würde ein ähnliches Risiko eingehen wie McLaren-Mercedes vor elf Jahren, als man einen gewissen Lewis Hamilton an die Seite von Fernando Alonso stellte, damit dieser vom Besten lernen solle. Ein Jahr später war der Brite Weltmeister.

Erst sollte Red-Bull-Fahrer Ricciardo Räikkönen ersetzen

Zunächst hätte Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne liebend gern Daniel Ricciardo neben Vettel gesehen, aber die kombinierte Gehaltssumme der beiden hätte selbst den Ferrari-Etat gesprengt. Ricciardo, der immer im Schatten von Vettel bei Red Bull Racing stand, ist in diesem Jahr nach schon zwei Siegen Titelkandidat. Den Aufschwung nutzt der 28-Jährige beim Vertragspoker, er sucht seine vielleicht letzte Chance, um irgendwann noch Weltmeister zu werden.

Jüngster Rivale um Ricciardo für Ferrari und das Red-Bull-Team, das ihn natürlich liebend gerne weiter binden würde, ist der versunkene McLaren-Rennstall. Dort geht man offenbar davon aus, dass Fernando Alonso im kommenden Jahr tatsächlich das Triple des Motorsports angehen möchte, und sich nach seinem WM-Titel in der Formel 1 und dem Triumph bei den 24 Stunden von Le Mans auch noch den Erfolg bei den 500 Meilen von Indianapolis sichern will. Der 36-jährige Spanier wirkt auch nach dem Motorenwechsel von Honda zu Renault frustriert. Indirekt hat McLaren-Teamchef Eric Boullier die Verhandlungen mit Ricciardo in Le Castellet schon einmal bestätigt: "So lange ein Fahrer seines Kalibers auf dem Markt ist, muss man versuchen, mit ihm ins Gespräch zu kommen." Ricciardo führt als Argument für einen Wechsel ins Mittelfeld Lewis Hamilton an - und dessen Wechsel zu Mercedes 2013, als dort noch große Ungewissheit herrschte: "Mir hat gefallen, dass er dort eine Perspektive erkannt hat."

Ein weiterer potenzieller Arbeitgeber für ihn wäre Cyril Abiteboul, der Statthalter des Renault-Werksteams ist. Der Franzose hat das Talent Carlos Sainz junior nur von Red-Bull-Konzernmitglied Toro Rosso ausgeliehen. Sollte der Spanier tatsächlich zurückbeordert werden, dann wäre ein Tauschgeschäft mit Ricciardo allerdings eine ungewöhnliche Lösung, da sich Red Bull zugunsten des umstrittenen Honda-Aggregates gerade erst von Renault als Motorenlieferanten getrennt hat.

© SZ vom 24.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: