Formel 1:Auge in Auge, Rad an Rad

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Geehrt: Max Verstappen mit der Trophäe für den "Neuling des Jahres". (Foto: Florent Gooden/dpa)

Der Einstieg von Max Verstappen mit 17 wurde kritisch beäugt - nach seiner Debüt-Saison wird er mit Auszeichnungen überhäuft.

Von René Hofmann, München

Max Verstappen hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun. Am Sonntagabend holte sich der 18-Jährige im Grosvenor House Hotel in London die Trophäe ab, die das Fachmagazin Autosport dem besten Neuling des Motorsport-Jahres zugedacht hatte. Am Freitagabend war der Formel-1-Einsteiger in Paris bereits vom Automobilweltverband Fia ausgezeichnet worden. Und das nicht nur ein- oder zweimal. Gleich drei Trophäen durfte Verstappen bei der Gelegenheit mitnehmen. Die Fahrerkommission sah in ihm den "Neuling des Jahres". Die Medien hatten ihn zur "Persönlichkeit des Jahres" erkoren. Und eine Fan-Umfrage hatte sein Überholmanöver in Spa-Francorchamps gegen den Sauber-Lenker Felipe Nasr zur "Aktion des Jahres" gekürt. "Schön, dass ich die Trophäe nun schon zum zweiten Mal bekomme", bedankte Verstappen sich knapp.

In der Vollgas-Kurve Blanchimont war er beim Belgien-Grand-Prix unerschrocken an Nasr vorbeigezogen. "Ich hätte nicht gedacht, dass da irgendwer überholen kann", hatte der einstige Formel-1- Fahrer David Coulthard bei der Gelegenheit stellvertretend für viele gestaunt. Und das war keineswegs der einzige Aha- Moment gewesen, für den Verstappen gesorgt hatte. In Japan. In Brasilien. Auf vielen Strecken setzte er Glanzlichter.

Mit 49 Punkten beendete der Toro- Rosso-Fahrer die Saison als Zwölfter der Fahrerwertung. Sebastian Vettel, dessen fulminantes Debüt 2008 im gleichen Team bisher als Maßstab für alle Einsteiger galt, zeigt sich angetan: "Ich bin mir sicher, dass er uns, die alte Garde, zu der ich jetzt gehöre, in Zukunft einige Kopfzerbrechen bereiten wird", sagt der 28 Jahre alte Vettel: "Max war eine Überraschung, weil er sehr aggressiv gefahren ist, manchmal auch zu aggressiv." Furchtlos ans Limit - das zeichnete Verstappen, den Sohn des früheren Formel-1-Fahrers Jos Verstappen, in den Zweikämpfen tatsächlich aus.

Sein jugendliches Alter, seine geringe Erfahrung in Einsitzer-Rennen: Verstappens unerwarteter Aufstieg nach nur einem Jahr in der Nachwuchskategorie Formel 3 direkt in die Königsklasse war von vielen kritisch gesehen worden. Sein Fehler Ende Mai beim viel beachteten Grand Prix von Monaco, wo er vor der Kapelle Sainte Dévote mit Romain Grosjean zusammenstieß, galt nicht wenigen als Beleg für ihre Vorbehalte. "Das zeigt, dass Erfahrung in der Formel 1 doch etwas zählt", ätzte Routinier Felipe Massa, 34.

Alleine sein Punktekonto bereitet Verstappen Anlass zur Sorge

Die Aktion brachte Verstappen beim nächsten Rennen in Kanada am Start eine Strafversetzung um fünf Plätze ein. Er nahm sie stoisch hin. Massa aber gab er umgehend eine mit: "Jeder kann natürlich seine Meinung haben. Aber ich erinnere nur daran, was im vergangenen Jahr hier in Kanada geschehen ist", erwiderte Verstappen. Im Jahr zuvor war Massa in der Schlussphase des Rennens in einen spektakulären Unfall verwickelt gewesen.

Keine Angst vor etablierten Kräften, keine Scheu vor der Auseinandersetzung Auge in Auge, Rad an Rad: Verstappen junior wurde früh von Verstappen senior auf diese Spur gesetzt. Auch seine Mutter war eine begabte Monoposto-Fahrerin. "Als Max Mini-Karts gefahren ist, hat er in den ersten drei Jahren 64 von 65 Rennen gewonnen": Jos Verstappen, der in seiner eigenen Formel-1-Karriere gleich im ersten Jahr bei Benetton an Michael Schumacher geriet, hat seinen außergewöhnlich begabten Sohn vom Saisonstart im März in Melbourne bis zum Saisonfinale in Abu Dhabi regelmäßig begleitet. Im kommenden Jahr wird es für beide mit Toro Rosso weitergehen. 2017 hätte der Senior für den Junior gerne ein Top-Auto. Bei Ferrari wäre dann ein solches frei, neben Vettel. Anknüpfungspunkte gibt es: 2016 wird Toro Rosso Motoren von Ferrari beziehen.

Auf eines muss Max Verstappen aber achten: sein Punktekonto. Seit einiger Zeit gibt es auch in der Formel 1 für Vergehen Strafpunkte. Wer in zwölf Monaten auf zwölf kommt, muss ein Rennen zuschauen. Verstappen hat in seinen ersten 19 Rennen acht Strafpunkte eingefahren. Alleine beim Saisonfinale Ende November kam er auf drei - wegen eines gefährlichen Manövers und dem Ignorieren von Warnflaggen. Bis Ende Mai muss Verstappen sich nun zurückhalten.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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