Flugzeugunglück in München 1958:Start in den Tod

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Vor 50 Jahren verunglückte in der Nähe von Riem ein Flugzeug. Insgesamt starben 23 Menschen, darunter auch fast die komplette Mannschaft des englischen Spitzenklubs Manchester United.

Karl Stankiewitz

Es ist nasskalt an diesem 6. Februar des Jahres 1958. Auf der Rollbahn in Riem liegt noch viel Schneematsch, als um 15.03 Uhr der Flug 609 für die Airspeed Ambassador mit der Kennung G - ALZU der Britisch European Airways freigegeben wird. An Bord: 44 Menschen, darunter die komplette Fußballmannschaft von Manchester United, der Stolz der Nation, einige Betreuer und Sportjournalisten. Am Steuer: der 37-jährige Copilot Kenneth Gordon Rayment und der gleichaltrige Flugkapitän James Thain. Die zweimotorige Chartermaschine mit dem Namen "Lord Burghley" war auf dem Weg von Belgrad nach Manchester zum Tanken in München zwischengelandet. Zwei Starts waren wegen technischer Probleme abgebrochen worden.

In dichtem Schneetreiben verunglückte die Maschine beim dritten Startversuch. (Foto: Foto: AFP)

Um 15.03 Uhr lösen die Piloten die Bremsen zum dritten Versuch. Doch die Maschine kommt zu langsam auf Abhebegeschwindigkeit, gerät in den nicht geräumten Bereich der Rollbahn, verliert trotz jetzt voller Drehzahl an Geschwindigkeit, rast mit 105 Knoten, etwa 190 Stundenkilometern, über das Ende der 1908 Meter langen Startbahn und den 270 Meter langen Sicherheitsstreifen hinaus und durchbricht den Begrenzungszaun. Die Maschine schleudert gegen ein Haus und gerät in Brand. Teile der linken Tragfläche und des Leitwerks brechen ab. Dann stößt das Flugzeug gegen einen Betonsockel, das Heck bricht ab. Der Rest rutscht noch 70 Meter weit.

Copilot Rayment ist festgeklemmt, Kapitän Thain nimmt den Feuerlöscher und springt aus dem Notausgang, zwei Stewardessen und der Funker mit ihm. Sie rennen vom Wrack weg. Als die Explosion ausbleibt, kehren die Crew-Mitglieder um und helfen sich bei den dramatischen Rettungsarbeiten.

Aus den Trümmern werden 21 Tote geborgen, darunter die Stars des britischen Fußballs und acht Journalisten. Zehn Spieler werden im Klinikum Rechts der Isar intensiv versorgt, zwei sterben. Rayment muss das linke Bein, das sieben Mal gebrochen ist, wegen eines Wundbrandes amputiert werden, was dem namhaften Chirurgen Georg Maurer wegen der tiefen Bewusstlosigkeit des Patienten ohne Betäubung gelingt. Rayment stirbt zwei Wochen später.

Die Trümmer der Unglücksmaschine sind auch am nächsten Tag noch unter einer Schneedecke begraben, was die Untersuchungen erschwert. Schon bald aber einigen sich die Sachverständigen auf Vereisung der Tragflächen als Unfallursache. Der Deutsche Fußballbund ordnet Halbmast-Beflaggung bei den Spielen am Wochenende an. Die Mannschaften tragen Trauerflor. Noch größere Trauer herrscht natürlich im Heimatland des Fußballs und der verunglückten Mannschaft, die als Favorit für den Europa-Pokal galt; sie werde, meinen Zeitungen, so bald nicht zu ersetzen sein.

Kapitän Thain aber wird von seiner Fluggesellschaft entlassen. Er habe es versäumt, die Tragflächen auf Vereisung zu kontrollieren. Mehrmals und jahrelang versucht er, sich zu rehabilitieren. Neue Untersuchungen und Beweiswürdigungen zum Eisbelag und Schneematsch an jenem Tag beschäftigen mehrere Kommissionen.

Schließlich wendet sich sogar der britische Luftfahrtminister an seinen deutschen Kollegen Hans-Christoph Seebohm. Im November 1965 hört in München noch einmal eine Sachverständigenkommission Kapitän Thain und Flughafendirektor Wulf Dieter Graf zu Castell, ohne dass es zu einem schlüssigen Endergebnis kommt. Erst 1969 wird Thain dank neuester aerodynamischer Tests vollständig rehabilitiert. Er stirbt kurz später als gebrochener Mann.

© SZ vom 06.02.2008/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Flugzeugunglück in Riem
:Der Absturz der ManU-Mannschaft

Am 6. Februar 1958 geschah das Unglück: In dichtem Schneetreiben ging ein Flugzeug auf dem Münchner Flughafen Riem in Flammen auf. 23 der 43 Insassen starben, darunter acht Spieler von Manchester United.

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