Fifa:"Sponsoren wissen jetzt, dass dieses Geschäft riskant ist"

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Sepp Blatter trotzt auch den Rücktrittsforderungen der amerikanischen Werbepartner, der deutsche Partner Adidas hält an seiner lange eingeübten Treue fest.

Von Thomas Kistner

MünchenEs geht ans Geld, die Werbepartner werden nervös. Und der nächste Konfliktherd ist da. Denn bemerkenswert brüsk hat Sepp Blatter die Rücktrittsforderungen abgeschmettert, die gleich alle vier amerikanische Spitzensponsoren (Coca-Cola, Visa, McDonalds, Anheuser-Busch) am Freitag erhoben hatten. "Auch wenn Coca-Cola ein wertvoller Fifa-Sponsor ist, glaubt Herr Blatter aus Überzeugung, dass es nicht im besten Interesse der Fifa wäre, wenn er sein Büro räumen würde, noch würde es den Reformprozess voranbringen. Deshalb wird er nicht zurücktreten", teilte Blatters US-Anwalt Richard Cullen mit. Wenige Tage, nachdem die Schweizer Bundesanwaltschaft Strafermittlungen gegen seinen Klienten eingeleitet hat.

Dass Blatter auf Kollisionskurs mit den Fifa-Finanziers geht, bringt eine neue Qualität in die Affäre. Und die Sturheit des Weltfußball-Bosses sogar Politiker wie den Bundesjustizminister auf die Palme. "Jeder Tag, an dem Blatter immer noch Präsident bleibt", twitterte Heiko Maas, "ist ein schlechter Tag für den Fußball." Derweil prophezeit der englische Spitzenfunktionär Greg Dyke, "dass es jetzt nicht mehr auf Blatter ankommt. Wollen die Geldgeber den Wechsel, werden sie ihn kriegen."

Tatsächlich bröckelt das Werbefundament des Weltfußballs. In den zwei obersten Sponsorkategorien sind erst die Hälfte von insgesamt 14 Partnerpaketen verkauft - früher wurde hier verzehrend geboten. Das kündigt eine Schieflage an, schließlich wies die Fifa im vergangenen Vier-Jahres-Bericht Sponsoreinkünfte von rund 1,4 Milliarden Euro aus. Der Trend könnte auf die zweite Geldgeber-Säule durchschlagen, die TV-Sender. Gerade öffentlich-rechtliche Vertragspartner können Compliance-Probleme nicht einfach ignorieren.

Adidas bleibt seiner Linie treu: Bloß nichts gegen Blatter sagen!

Dass sich die US-Firmen kollektiv abwenden, könnte damit zu tun haben, dass Teile der Ermittlungen um die Fifa auf dem Rico-Gesetz zum Verbot organisierter Kriminalität in den USA fußen. Alexandra Wrage, Chefin der US-Antikorruptions-Agentur Trace, sagt der SZ: "Sponsoren wissen jetzt, dass Geschäfte mit der Fifa riskant sind. Sie können nicht mehr sagen, sie wüssten nicht, dass die Fifa ihre Gelder missbrauchen könnte." Zwar sei nicht verboten, mit unter Rico-Verdacht stehenden Partner zu arbeiten. "Aber neben erhöhtem Risikobewusstsein erwarten wir eine verstärkte Integritätsprüfung und mehr Compliance-Regeln im Geschäftsverkehr." Beispielhaft nennt Wrage "Zusicherungen der Fifa, dass Sponsor-Dollars nicht für unangemessene Zwecke verwendet werden und wurden, dazu vielleicht Prüfrechte".

Was die aktuellen Zahlungen angehe, sieht Wrage nun sogar "ein mögliches Haftungsrisiko für Sponsorfirmen. Und, Haftung beiseite, können Sponsoren auch Rufschädigung erleiden, wenn ihre Kunden die Marke mit einer Organisation verbinden, die so stark durch Vorwürfe von Korruption und Fehlverhalten erschüttert ist".

Vielleicht müssen bald auch die letzten paar Getreuen schauen, in welchem Umfeld sie investieren. Dass sich Auto-Sponsor Hyundai den US-Appellen nicht anschloss, bedeutet nichts: In Chung Mong-Joon bewirbt sich derzeit sogar ein Spross der südkoreanischen Autobauer-Dynastie um Blatters Nachfolge, mit starken Angriffen auf den Amtsinhaber. Bleiben noch Gazprom aus Putins Russland, das Blatters Fifa die WM 2018 verdankt - und Adidas.

Der deutsche Sportartikelkonzern, seit Dekaden besonders eng mit der Fifa verbandelt, verweist weiter nur auf den Selbstreform-Prozess der Fifa, der, wie es hieß, "transparent und zügig fortgesetzt werden" müsse. Offenbar sehen die Franken eine verborgene Qualität in dem Fifa-Gremium, dessen Chef, der Schweizer Sport- advokat François Carrard, schon zu Amtsantritt verkündet hatte, dass an Blatters Integrität kein Zweifel herrsche. Um die Gruppe ist es still geworden, bekannt wurde aber einiges über ihre Mitglieder. Etwa zu Gorka Villar, Sohn des spanischen Fifa-Dauervorstands Angel Villar Lllona, der als härtester Reformwidersacher in Europa gilt und selbst Berührung mit den aktuellen Affären hat. Filius Gorka verdient gut als Generalsekretär des Südamerika-Verbands Conmebol, dessen kontinentale Spitzenfunktionäre fast komplett ins Visier der US-Justiz geraten sind. Überdies ermittelt seit kurzem die Staatsanwaltschaft in Uruguay gegen den Fifa-Vorstandsspross. Was aber bisher keinen Einfluss hatte auf dessen neues Amt als Fifa-Reformer.

Andere engagierte Fifa-Reformer entstammen dem arabischen Raum. Zuvorderst Ahmad al Fahad al Sabah, die aktuell wohl einflussreichste Figur in der Sportwelt aus Fifa und Internationalem Olympischen Komitee. Im Frühjahr musste der kuwaitische Scheich im Staatsfernsehen den Emir um Pardon bitten: Er hatte politische Gegner diverser Untaten bezichtigt, leider auf Basis gefälschter Beweise. Der Ägypter Abu Rida wiederum war enger Vertrauter des im Fußball lebenslang gesperrten Mohamed Bin Hamman; er begleitete den Katarer sogar auf Wahlkampfreisen. Und Kollege Constant Omari hat seine Reformideen daheim im Kongo entwickelt. Eine Amtszeitbegrenzung für Fifa-Granden etwa lehnt er ab. Offenbar erwarten zumindest Coca-Cola und Co. aus diesem Gremium keine wertvollen Impulse mehr.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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