Fifa:Bomben im Zunfthaus

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Neuer Skandal im Weltfußball-Verband Fifa: Zeugen berichten über Ticket-Schiebereien und Absprachen bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an Katar.

Von Thomas Kistner, Zürich

Plötzlich schiebt einer den Koffer in den Raum. Ein Schalenkoffer, bedruckt mit Frankreichs Nationalfarben und einem alten, weißen Ferrari. "Wir wollten ihm damit eine Freude machen", sagt Benny Alon, "Jérôme fährt ja gern weiße Ferraris." Glaubt man Alon, einem Ex-Fußballprofi und Tickethändler aus Arizona, war der Inhalt des Koffers noch mehr geeignet, den Fifa-Generalsekretär und Ferrari-Fan Jérôme Valcke zu entzücken. Dicke Geldbündel, ein sechsstelliger Betrag, sollen Anfang April 2013 aus einem Zürcher Bankdepot in den Koffer gepackt worden sein - die sogenannten "Dokumente". Alon sagt, das sei ihr Chiffre für Bargeld gewesen. Zur Übergabe sei es aber nicht gekommen, aus terminlichen Gründen habe Valcke gebeten, die "Dokumente" wegzuschließen. Er wolle erst seine private Situation klären.

Monate vor der Wahl soll Valcke gesagt haben, die WM 2022 sei Katar schon zugesagt

Das klingt abenteuerlich. Doch Alon, Kopf der Zürcher Ticketagentur JB Sports Marketing, präsentiert dazu eine Mail Valckes vom 3. April 2013. Sie lautet: "Dokumente sind mein Pensionsfonds, falls ich mich Ende 2014 oder spätestens in der ersten Hälfte 2015 nach etwas anderem als der Fifa umschauen sollte." Es drohe ja eine Kampfkandidatur um die Fifa-Präsidentschaft, deshalb wollte Valcke erst "meine künftige Position klären".

War es so, sind die "Dokumente", die Valcke mit seiner Altersversorgung verknüpfte, Gelder aus einer korrupten Nebenabrede zu einem Ticketingvertrag, den er als Fifa-General mit JB besiegelt hatte? Eine Zahlung kam nie zustande, Monate später wurde der Kontrakt von der Fifa auf deren Generalvermarkter Match übertragen, um Komplikationen mit den Gesetzen im WM-Land Brasilien zu vermeiden. JB wurde ein Partner von Match. Weil die vereinbarten Tickets aber nie geliefert worden sein sollen, kam es zum Bruch - und am vergangenen Donnerstag zur öffentlichen Anklage im Zürcher Zunfthaus. Valcke bestreitet strikt jeden Bereicherungsvorwurf. Via Anwalt ließ der Franzose mitteilen, alle Anwürfe seien "konstruiert und frei erfunden". Er habe nie Geld erhalten oder eingewilligt, solches von JB anzunehmen.

Nicht verhindern konnte das Dementi Valckes jähe Suspendierung durch die Fifa am Donnerstagabend. Nur Stunden, nachdem Alon und JB-Geschäftsführer Heinz Schild, ein Schweizer Anwalt, 15 internationalen Pressevertretern eine mehrstündige Präsentation zur Fifa-Geschäftswelt rund um den Milliarden-Kuchen der WM-Tickets und Hospitality-Betreuung geliefert hatten. Im "Zunfthaus zur Saffern" saß auch ein aus Fifa-Kreisen entsandter Anwalt; angespannt notierte er mit. Anzunehmen ist, dass die Materialsichtung Valckes Suspendierung befeuert hat. Gesichert ist aber, dass noch weit brisantere Anklagen vorgetragen wurden, die, falls zutreffend, weit über die Person Valcke hinausreichen. Sie beträfen die Fifa-Spitze generell.

Als Generalsekretär nahe am Fifa-Präsidenten: der suspendierte Jérôme Valcke (links) und Sepp Blatter. (Foto: Andy Mueller/Witters)

Diese Vorwürfe zielen auf die WM-Vergabe 2022 an Katar. Beim Votum des Fifa-Vorstands am 2. Dezember 2010 hatte der heiße Wüstensprengel einen Erdrutsch-Sieg gegen den vermeintlichen Favoriten USA gefeiert. Rasch erkannte sogar die Fifa die Notwendigkeit, dem Korruptionsverdacht rund um die WM-Doppelvergaben 2018 (Russland) und 2022 nachzugehen. Alon behauptet nun, dass Valcke zweimal, in Frühjahr und Herbst 2010 und damit lange vor der Fifa-Kür, versichert habe, die WM 2022 sei fest an Katar vergeben. Ein Scherz unter Sportsfreunden?

Pikanterweise hat Alon Zeugen. Bei der angeblich zweiten Katar-Aussage in einem Zürcher Lokal waren seine Ehefrau und ein Bekannter zugegen. Letzterer, der Genfer Banker Marco Vitali, kam zur JB-Präsentation ins Zunfthaus und bestätigte Alons Version. Zugegen war auch Marketing-Experte Ulrich Linke; der bestätigt, dass ihn Alon nach Valckes angeblich erster Äußerung angerufen und gefragt habe, ob Katar Chancen als WM-Ausrichter habe. "Nicht vorstellbar", will Linke geantwortet haben - aus Insidersicht, er war zu der Zeit, Mitte 2010, Chef der katarischen Liga. Überdies will Alon auch hohe Vertreter des US-Verbandes USSF wiederholt über eine solche Valcke-Aussage informiert haben - diese müssten nun erklären, ob das zutrifft.

Zwei Fakten geben dem Vorwurf Gewicht. Zum einen hätte Alon eine solche Aussage Valckes ins Mark getroffen. Im Ticketing-Vertrag, den Valcke im April 2010 mit JB besiegelt hatte, gibt es unter Punkt 4.2 eine merkwürdige Regelung: Tickets erhält JB fürs Jahr 2022 "nur, falls dieses WM-Turnier vom US-Fußballverband ausgerichtet wird". Ansonsten: keine Tickets.

Zum anderen hat Valcke schon einmal ähnliche Katar-Äußerungen getroffen. In den Wirren der Fifa-Präsidentschaftskür 2011 legte Fifa-Vize Jack Warner eine Mail Valckes vor. Darin schrieb der Fifa-General, Blatters damaliger Herausforderer Bin Hammam denke, "er könne die Fifa kaufen - so wie Katar die WM 2022". Valcke tat die Mail kurzerhand als "private Notiz" ab. Sie ginge keinen was an. So schlicht funktionierte die Welt um die allmächtige Fifa in der Schweiz viele Jahre. Erst seit kurzem kann hart ermittelt werden, Privatbestechung als Offizialdelikt soll auch hohe Sportfunktionäre erfassen - davon gibt es in der Schweiz mehr als irgendwo sonst.

Valckes Abgang ist indes auch ein Signal für Blatters Machtverlust, in der Zentrale am Zürichberg führen offenkundig längst externe Juristen das Zepter. Dass der Noch-Präsident seinen General fallen ließe, galt stets als unvorstellbar. Schon einmal war Valcke von der Fifa geschasst worden, Ende 2006 als Marketingchef. Damals hatte er Sponsoringverträge mit zwei Kreditkartenfirmen parallel abgeschlossen. Dokumente wurden gefälscht, Valcke belog viele Beteiligte, nach Ansicht eines US-Gerichts in Blatters Auftrag.

Die Affäre kostete die Fifa gut 100 Millionen Dollar; allein 90 Millionen kassierte der ausgebootete Ex-Partner Mastercard. Der Frage, wer diesen Schaden verursacht hat, ging Blatters fromme Ethikkommission nie nach. Dabei riecht diese Causa ganz penetrant: Schon Mitte 2007 holte Blatter den Sünder zurück, als obersten Hauptamtlichen. Seitdem fungiert die Nummer zwei in der Fifa treu in Blatters Diensten. Wobei auch die Frage unbeantwortet ist, wie es der Franzose überhaupt in die Fifa schaffte. 2003 übernahm er die Leitung von deren neuer Marketingabteilung, die nach dem Bankrott der alten Hausagentur ISL 2001 gegründet wurde. Der Schweizer Sportrechtehändler hatte 142 Millionen Franken Schmiergelder an hohe Funktionäre ausgereicht, auch in der Fifa. Und Valcke, 2001 für den Pariser Medienkonzern Vivendi tätig, war eine der letzten externen Personen, die Einblick in die ISL-Bücher nehmen durfte; die Agentur suchte verzweifelt einen Käufer. Wochen später, im Mai 2001, führte Blatter einen merkwürdigen Briefwechsel mit Valckes Anwalt: Er verbat sich Erpressungsversuche von dessen Mandanten gegen Fifa-Vorstände.

Heuert man so einen Mann an? Und, Mysterium zwei: Holt man sich ihn später als Verwaltungschef an Bord, nachdem er dem Betrieb gerade einen enormen Wirtschaftsschaden zugefügt hat?

Valcke, 54, der sich privat eher für Kickboxen und Skifahren begeistert als für Fußball, war stets der Mann im Schatten. Private Medientermine scheute er, zumal ja das Unvermeidliche drohte: die Frage, ob er ein Dossier über Blatter besitze. Schwer zu sagen, wie oft er das schon bestritten hat. In der Fifa hat der Ex-Rechtehändler Narrenfreiheit, die Aussage, der träge WM-Organisator Brasilien brauche mal "einen Tritt in den Hintern", schadete ihm so wenig wie die, dass es für globale Sportevents auch Vorteile habe, wenn das Ausrichterland etwas autokratischer sei. Nach Fifa-Tradition ist zudem die Verwandtschaft im Fußballgeschäft untergebracht: der Sohn und die neue Gefährtin. Engste Drähte pflegte Valcke zu Ricardo Teixeira, einer der korruptesten Fifa-Figuren. Der Brasilianer steht im Fokus der US-Ermittlungen gegen die Fifa; wie er den nationalen Fußball regelrecht ausschlachtete, haben Untersuchungsausschüsse in Brasília herausgefunden. Mit Teixeira hat Valcke während seiner halbjährigen Fifa-Auszeit 2007 das brasilianische WM-Dossier erstellt.

Chronik - Das System Fifa

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(Foto: Steffen Schmidt/dpa)

Der Weltfußballverband und Joseph Blatter sind weiter im Fokus der Schweizer Behörden und des FBI. Ein Blick zurück zeigt: Die Fifa ist ein Verband mit größtenteils sehr umstrittenen Strukturen und Geschäftsgebaren.

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(Foto: N/A)

Die "jüngere" Historie der Fifa beginnt mit der Machtübernahme des Brasilianers Jean-Marie Faustin Goedefroid de Havelange, kurz João Havelange (Mitte). Der gelernte Rechtsanwalt aus Rio übertölpelte im Jahr 1974 den damals amtierenden Sir Stanley Rous bei der Wahl zum Präsidenten, indem er mit ein wenig Instinkt die politische Neutralität seines Vorgängers ausnutzte. Havelange, damals schon fast 60, positionierte sich geschickt als sachter Reformer und baute auf eine Aufstockung der WM von 16 auf 24 Teilnehmer. Nicht zuletzt durch diesen Klassiker des Stimmenfangs sicherte er sich seine Wahl - doch auch eine Reihe von braunen Briefumschlägen soll in Hinterzimmern an die richtigen Leute gelangt sein.

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(Foto: Eraldo Peres/AP)

Bei seiner letzten Wiederwahl im Jahr 1994 soll Havelange schon allerlei Tricks angewendet haben, um nicht einem Putsch zum Opfer zu fallen. Ende 1993 war der Sonnenkönig ins sportpolitische Abseits geraten, weil er eine Auseinandersetzung mit Landsmann Pelé (Mitte) provoziert hatte. Das Idol der Seleção hatte den Fifa-Boss der Mitwisserschaft im Korruptionssumpf des brasilianischen Fußballs bezichtigt, denn Havelanges Schwiegersohn Ricardo Teixeira (re.) habe versucht, von Pelés Firma Schmiergeld für die Vergabe von TV-Rechten zu erpressen. Der Patron hielt mit starrem Familiensinn an Teixeira fest und servierte Pelé ab. Schließlich rettete Havelange seine Wiederwahl auf gewohnte Weise: Er versprach die Aufstockung der WM, diesmal auf 32 Teams - und sicherte sich so erneut die Stimmen der Exoten von Fidschi bis Sambia.

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(Foto: REUTERS)

Im Schatten Havelanges positionierte sich bereits 1981 ein Generalsekretär namens Joseph S. Blatter (rechts). Trotz aller Reformnöte nach Havelanges Skandälchen überlebte der Schweizer Volkswirt aus dem Wallis alle Neustrukturierungen im Amt - wohl auch, weil er selbst schon zu viel über die Geschäfte seines Chefs und interne Geldflüsse im Verband wusste. 1998, als Havelange 82-jährig das Feld räumte, fiel die Wahl ausgerechnet auf Blatter, der mittlerweile zu dessen Ziehsohn geworden war. Blatter setzte sich auf höchst umstrittene Weise erneut durch, diesmal gegen Herausforderer Lennart Johansson (links) .

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In einer turbulenten Nacht waren dem Schweizer plötzlich die Stimmen der afrikanischen Delegierten zugeflogen - Verlierer Johansson gab tags darauf entnervt auf: "Das Spiel ist aus, lasst uns Mittag essen gehen", rief der als Demokratisierer angetretene Schwede. Dass bei Blatters Wahl Bestechung im Spiel gewesen sein könnte, schien wahrscheinlich, da am Abend nach der Wahl zwei Dutzend Funktionäre Johansson schworen, dass sie ursprünglich für ihn hätten stimmen wollen. Im Hotel soll es zu hektischen Verhandlungen gekommen sein, infolge derer die Afrikaner ihr Votum für 50.000 Dollar pro Nase verkauft haben sollen - rund 20 Delegierte sollen so von Johansson auf Blatter umgeschwenkt sein. Längst galt die Fifa als Hort der Vetternwirtschaft - erst recht nach den dubiosen WM-Deals für ...

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... die Jahre 2002 und 2006 mit Medienmogul Leo Kirch und der Schweizer Sportrechte-Agentur ISL, zwei Unternehmen, die später pleitegingen. Unklar ist bis heute, wie im Jahr 2000 über die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland entschieden wurde. Fest steht aber: Dem Mehrheitsvotum des Exekutivkomitees zugunsten Deutschlands gingen zahlreiche Merkwürdigkeiten voraus. Waffenverkäufe der deutschen Politik oder Investitionen der deutschen Wirtschaft in Asien sollen in Zusammenhang mit den WM-Voten stehen - am Ende gab die Enthaltung des neuseeländischen Delegierten Charles Dempsey den Ausschlag für die deutsche Bewerbung. Dass der mittlerweile verstorbene Dempsey bis kurz zuvor noch für Gegenbewerber Südafrika stimmen sollte und plötzlich sein Herz für die Deutschen fand, erklärte sich das Satiremagazin Titanic so: Ein Präsentkorb mit Schwarzwälder Spezialitäten sowie eine Kuckucksuhr könnten ihn bezirzt haben.

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Gegner hatte Blatter genug: Doch weder sein Herausforderer bei der Präsidentenwahl 2002, der Kameruner Issa Hayatou, noch der frühere Blatter-Zögling Michel Zen-Ruffinen (re., damals Generalsekretär), der zu einem der Hauptkritiker seines Schweizer Landsmannes geworden war, konnten dem Fifa-Boss etwas anhaben. Kurz nach seiner Wiederwahl entließ Blatter Zen-Ruffinen, der gemeinsam mit elf von 24 Exekutivmitgliedern gar eine Strafanzeige wegen Korruption in zwei Fällen sowie wegen Amtsmissbrauchs und Missmanagements gestellt hatte. Zen-Ruffinens Kommentar: "Die Fifa wird heute wie eine Diktatur geführt." Blatter sprach dagegen von einer "Rufmordkampagne".

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2007 fehlte dann ein Gegenkandidat zu Blatter. Seine erneute Wahl in Zürich beschrieben manche Medien als "Krönungsmesse", auch vom "Fußball-Paten" war wiederholt die Rede. Und der Chef? Inszenierte sich mittlerweile selbst als Großreinemacher im Verband, der versprach, dem Sumpf aus Gerüchten, Bereicherungsvorwürfen und Hinterzimmer-Deals ein Ende zu machen. Ernsthafte Herausforderer hatte der Schweizer ohnehin nicht - zudem erreichte er mit der WM 2010 in Südafrika eines seiner Lebensziele: Er konnte sich als Völkerverständiger feiern lassen, der erstmals ein Großevent nach Afrika gebracht hatte. An der Seite von Südafrikas Präsident Jacob Zuma (re.) eröffnete Blatter das Turnier.

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Ein Jahr später folgte dann Blatters erneute Amtsbestätigung als "Fußballcäsar". Obwohl mit großen Versprechungen angetreten, zog sein Wahlgegner Mohammed Bin Hammam (li.), damals Chef der Asiatischen Fußball-Konföderation (AFC), seine Kandidatur kurzerhand zurück. "Die jüngsten Vorfälle haben mich in offizieller und privater Hinsicht verletzt und enttäuscht", hieß es in einer Erklärung Bin Hammams, "ich kann es nicht zulassen, dass das Ansehen der Fifa mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird. Deshalb habe ich beschlossen, meine Kandidatur zurückzuziehen." Die genannten "Vorfälle" bezogen sich auf Ermittlungen der Fifa gegen seine Person. Mit der WM-Doppelvergabe an Russland (2018) und Katar (2022) landete Blatter seinen nächsten Coup - und das, obwohl zumindest der Wüstenstaat nicht unbedingt als ausgemachtes Fußballland gilt.

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(Foto: dpa)

Die neu gegründete Ethikkommission des Weltverbands hatte ein Verfahren gegen Bin Hammam, Fifa-Vizepräsident Jack Warner und zwei Funktionäre des Karibischen Fußball-Verbands (CFU) eingeleitet - daraufhin war Blatters Wiederwahl nur noch Formsache. Mit einem Ergebnis, das an Abstimmungen in totalitären Staaten erinnerte, trat der Schweizer seine vierte Amtszeit an. Der wegen der Fifa-Ermittlungen in Verruf geratene und nun verhaftete Warner (li.) behauptete später, er habe die WM-Fernsehrechte für die Karibikregion von der Fifa wiederholt persönlich zu Billigpreisen für den Weiterverkauf erhalten, weil er Blatter bei dessen "brutalen" Wahlkämpfen entscheidend unterstützt habe. Ob es auch 2011 so gewesen ist?

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Seither regiert Blatter fröhlich weiter und trifft sich selbst mit den umstrittensten Polit-Größen der Welt. Zum Beispiel bei der EM 2012, als er sich vom wegen Menschenrechtsverletzungen kritisierten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch empfangen ließ. Um nach außen hin den Moralisten geben zu können, steht Blatter selbst der Fifa-Ethikkommission vor, die sich jetzt für mehr Transparenz im Verband einsetzen soll. Und nicht nur das: Auch in sportlichen Fragen gibt sich der Welt-Fußballboss neuerdings aufgeschlossen: So hat Blatter höchstpersönlich dafür gesorgt, dass die Fifa zukünftig auf Torlinientechnologie statt Tatsachenentscheidungen der Referees setzen wird - ein Mittel, das er selbst jahrelang abgelehnt hatte.

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(Foto: Getty Images)

Seither regiert Blatter fröhlich weiter und trifft sich selbst mit den umstrittensten Polit-Größen der Welt. Zum Beispiel bei der EM 2012, als er sich vom wegen Menschenrechtsverletzungen kritisierten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch empfangen ließ. Um nach außen hin den Moralisten geben zu können, steht Blatter selbst der Fifa-Ethikkommission vor, die sich jetzt für mehr Transparenz im Verband einsetzen soll. Und nicht nur das: Auch in sportlichen Fragen gibt sich der Welt-Fußballboss neuerdings aufgeschlossen: So hat Blatter höchstpersönlich dafür gesorgt, dass die Fifa zukünftig auf Torlinientechnologie statt Tatsachenentscheidungen der Referees setzen wird - ein Mittel, das er selbst jahrelang abgelehnt hatte.

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(Foto: REUTERS)

Die Ermittlungen gegen die Fifa gehen weiter: Das FBI führte Razzien wegen des Verdachts auf Betrugs, Bestechung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit Fußball-Deals der amerikanischen Kontinentalverbände Conmebol (Südamerika) und Concacaf (Nord- und Mittelamerika sowie Karibik) durch, die Schweizer Justiz stellt Anzeige gegen unbekannt - sie geht gezielt dem Verdacht der Manipulationen bei der Vergabe der WM-Endrunde 2018 an Russland und 2022 an Katar nach.

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Im Juli sperrte die hauseigene Ethikkommission der Fifa den frühere Fifa-Funktionär Chuck Blazer lebenslang für jegliche Aktivität im Fußballgeschäft. Blazer sei eine Schlüsselfigur bei "Angebot, Annahme, Zahlung und Erhalt von geheim gehaltenen und illegalen Zahlungen, Bestechungen und Schmiergeldern" und an weiteren einträglichen Systemen beteiligt gewesen. Blazer, bis 2013 insgesamt 16 Jahre lang Mitglied des mächtigen Exekutivkomitees der Fifa, hatte sich bereits vor der US-Justiz für schuldig bekannt.

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(Foto: Shaun Botterill/Getty Images)

Der zweitwichtigste Mann der Fifa fällt: Gegen den Generalsekretär und Blatter-Vertrauten Jérôme Valcke werden schwere Vorwürfe bekannt. Er soll versucht haben, sich am Ticketverkauf für die Weltmeisterschaften 2010 bis 2022 zu bereichern. Derweil droht die Fifa vorsorglich, rechtliche Schritte einzuleiten, sollten Anschuldigungen gegen ihren Präsidenten Sepp Blatter im Zusammenhang mit der Ticket-Affäre laut werden. "Wer solche Vorwürfe äußert, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen", teilt die Fifa mit.

Hinweise auf Valckes Geschäftsführung dürften auch das FBI interessieren. Das geht der Frage nach, warum der Fifa-General 2008 einen Zehn-Millionen-Dollar-Transfer an den damaligen Fifa-Vize Jack Warner (Trinidad und Tobago) bewilligte. Warner hatte sich zuvor für die WM-Vergabe nach Südafrika 2010 starkgemacht. Das Geld war aus der Fifa-Zentrale geflossen, soll aber keine Bestechung gewesen sein, sondern Entwicklungshilfe an die "afrikanische Fußball-Diaspora in der Karibik". So deklariert Südafrikas Fußballchef Danny Jordaan die Summe, die aus einem für die WM bestimmten Topf geflossen war. Nur ein seltsamer Vorgang von vielen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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