Fataler Verkehrsunfall:Tod auf dem Fahrrad

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Michele Scarponi, der italienische Sieger des Giro d'Italia 2011, kommt bei einem Straßenunglück ums Leben. Er wurde 37 Jahre alt.

Er galt als Lebemann des Radsports, gelegentlich trainierte er sogar mit einem Papagei - nun ist Michele Scarponi mit 37 Jahren ums Leben gekommen. Der Sieger des Giro d'Italia 2011 wurde während einer Trainingsfahrt in seiner italienischen Heimatstadt Filottrano von einem Lkw überfahren und starb noch vor der Ankunft im Krankenhaus. "Es ist eine Tragödie, zu groß, um sie in Worte zu fassen", verlautbarte sein kasachisches Team Astana in einer Pressemitteilung: "Wir haben einen großen Champion und einen besonderen Mann verloren, der immer gelacht hat." Scarponi hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder.

Der italienische Radprofi Michele Scarponi ist tot.

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(Foto: Cristian Ballarini/AP)

Er starb am Samstagmorgen bei einem Verkehrsunfall - ein Lkw erfasste den Astana-Fahrer nahe der Stadt Ancona.

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(Foto: Alessandro Trovati/AP)

Größter Erfolg: Auf dem Treppchen am 29. Mai 2011 in Mailand ist Scarponi (l.) noch Zweiter - später wurde er durch die Disqualifikation Contadors (M.) zum Giro-Sieger.

Danach fiel Scarponi (l.) vor allem als Edelhelfer seines Teamkollegen Vincenzo Nibali auf - hier bei dessen Giro-Sieg 2016.

Im Feld war Scarponi aufgrund seiner sonnigen und lässigen Art äußerst beliebt.

Erst am späten Freitagabend hatte er nach der Tour of the Alps, bei der er noch die erste Etappe gewonnen hatte und Gesamtvierter geworden war, ein Bild von sich und seinen Zwillingssöhnen veröffentlicht, wie sie im heimischen Wohnzimmer spielen. In seiner kleinen Heimatstadt in den Hügeln vor der Adria-Küste wollte er sich mit einer lockeren Trainingsfahrt auf die am 5. Mai beginnende Italien-Rundfahrt einstimmen. Beim Jubiläums-Giro, dem 100. seit der Premiere 1909, hätte er das Astana-Team statt des verletzten Fabio Aru anführen sollen. Doch gegen 8 Uhr prallte Scarponi an einer Straßenkreuzung frontal mit einem Lkw zusammen, jede Hilfe kam zu spät. "Ich habe ihn nicht gesehen", sagte der 57 Jahre alte Lkw-Fahrer.

Schwere Trainingsunfälle

Immer wieder verunglücken Radsportler im Training auf öffentlichen Straßen schwer, am Samstagmorgen starb der frühere Giro-Sieger Michele Scarponi beim Zusammenprall mit einem Lkw. Das Risiko fährt auf nicht abgesperrten Strecken stets mit, oft unterschätzen motorisierte Verkehrsteilnehmer die schnellen Leistungssportler. Ein Überblick über einige folgenschwere Unfälle der vergangenen Jahre.

Javier Otxoa

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(Foto: REUTERS)

Der Baske, 2000 mit einem grandiosen Bergetappen-Triumph bei der Tour de France in Lourdes-Hautacam, wird im Februar 2001 mit seinem Zwillingsbruder Ricardo von einem Auto angefahren. Ricardo stirbt dabei, Javier liegt mit schwersten Verletzungen über zwei Monate im Koma. Als paralympischer Sportler feiert er sein Comeback, holt 2004 und 2008 viermal Gold bei den Paralympics. (Foto: Reuters)

Amy Gillett

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(Foto: dpa/dpaweb)

Einen Tag vor Beginn der Thüringen-Rundfahrt im Juli 2005 verliert eine Fahranfängerin in der Nähe von Zeulenroda die Kontrolle über ihr Auto und erfasst das australische Nationalteam bei einer Trainingstour. Die 29 Jahre alte Gillett stirbt, fünf weitere Fahrerinnen werden schwer verletzt. (Foto: dpa)

Kristina Vogel

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(Foto: Getty Images)

Im Mai 2009 wird die Erfurterin beim Straßentraining von einem Polizei-Fahrzeug angefahren und erleidet schwere Verletzungen, darunter einen Wirbelbruch. Vogel erstreitet 100.000 Euro Schmerzensgeld, erholt sich völlig. 2012 und 2016 holt die Bahn-Spezialistin jeweils Olympia-Gold, gewinnt im April 2017 ihre WM-Titel acht und neun. (Foto: Getty Images)

Sinaida Stahurskaja

Die Weißrussin, Straßen-Weltmeisterin von 2000, stößt im Juni 2009 in ihrer Heimat mit einem entgegenkommenden Auto zusammen und kommt dabei ums Leben - der Fahrer war am Steuer eingeschlafen. (Foto: imago)

Matthias Kessler

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(Foto: AFP)

Nach Ablauf einer zweijährigen Doping-Sperre kämpft der frühere T-Mobile- und Astana-Profi um ein Comeback sowie um ein neues Team, als er im Januar 2010 schwer verunglückt. Beim Versuch, einer Katze auszuweichen, prallt der gebürtige Nürnberger mit dem Kopf gegen eine Beton-Wand und zieht sich einen Schädelbruch zu. Kessler muss seine Karriere beenden und leidet noch immer unter den Unfallfolgen. (Foto: AFP)

Laurent Jalabert

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(Foto: REUTERS)

Der einstige Punkte-König der Tour de France wird nach seinem Karriereende im Frühjahr 2013 von einem Pkw angefahren und erleidet mehrere Knochenbrüche. Weil er den Rückhalt des französischen Verbandes nach dem Unfall vermisst, tritt Jalabert in der Folge von seinem Amt als französischer Nationalcoach zurück. (Foto: Reuters)

Kristof Goddaert

Der Belgier in Diensten des Schweizer Top-Teams IAM kommt im März 2014 beim Überfahren von Gleisen einer Industriebahn zu Fall und wird von einem folgenden Bus überrollt. Noch am selben Tag verstirbt der 27-Jährige. (Foto: imago)

John Degenkolb

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(Foto: Arne Dedert/dpa)

Im Januar 2016 fährt eine britische Seniorin in der Nähe des spanischen Alicante in eine Trainingsgruppe des Teams Giant-Alpecin. Unter anderem erwischt es den deutschen Klassiker-Spezialisten Degenkolb, der beinahe seinen linken Zeigefinger verliert. In der folgenden Saison sucht er vergeblich seine Form. (Foto: dpa)

"In diesem traurigen Moment sind meine Gedanken bei seiner Familie", schrieb der deutsche Radprofi John Degenkolb, der im Vorjahr selbst mit einem Auto kollidiert und schwer verletzt worden war, bei Facebook: "Radsport ist ein Outdoor-Sport, Autos und Radfahrer teilen sich gemeinsame Straßen. Bitte respektiert euch gegenseitig, zu eurer Sicherheit." "Absolut niederschmetternd, die tragische Nachricht zu sehen", twitterte der britische Radprofi Mark Cavendish. "Er war einer der nettesten Jungs, die man treffen konnte."

Auch Scarponis Vita kam nicht ohne Doping-Sperre aus

Scarponi begann seine Karriere 2002 beim italienischen Team Acqua & Sapone. In seinen ersten Profijahren zeigte er sich vor allem bei den Frühjahrsklassikern, fuhr gute Resultate bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, dem Amstel Gold Race und dem Flèche Wallone ein. Später entwickelte er sich zu einem hervorragenden Kletterer. Mit seinem Wechsel zu Lampre begann 2011 mit 31 Jahren seine erfolgreichste Zeit: Gleich im ersten Jahr gewann er nachträglich den Giro d'Italia, nachdem der eigentliche Sieger Alberto Contador wegen einer Dopingsperre ein gutes Jahr später disqualifiziert wurde. Nach insgesamt drei vierten Plätzen beim Giro wechselte er 2014 zu Astana, wo er seinem Landsmann Vincenzo Nibali direkt zum Sieg bei der Tour de France verhalf. "Ich bin einfach sprachlos, lieber Freund", schrieb Nibali am Samstag. Teamkollege Aru sagte: "Eine unendliche Tragödie, ich habe einfach keine Worte."

Auch abseits der Rennen erregte Scarponi immer wieder Aufsehen. Im Januar 2016 postete er zwei Videos, auf denen er bei Trainingsfahrten mit einem gelb-blauen Papagei zu sehen ist. Die Ara-Dame Frankie setzte sich dabei immer wieder auf seine Schulter, knabberte an seinem Helm und flog anschließend neben Scarponi her.

Allerdings sorgte Scarponi auch für negative Schlagzeilen: Im Dezember 2012 wurde er vom Antidoping-Gericht des italienischen Olympia-Komitees Coni für drei Monate gesperrt und zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro verurteilt. Er hatte Kontakte zu dem umstrittenen Dopingarzt Michele Ferrari gestanden. Wegen der Verbindung war er bereits zuvor von seinem damaligen Lampre-Team suspendiert worden. Zudem war Scarponi 2007 wegen seiner Verbindung zur Dopingaffäre Fuentes gesperrt gewesen.

© SZ vom 23.04.2017 / SID, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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