Süddeutsche Zeitung

Fataler Verkehrsunfall:Tod auf dem Fahrrad

Michele Scarponi, der italienische Sieger des Giro d'Italia 2011, kommt bei einem Straßenunglück ums Leben. Er wurde 37 Jahre alt.

Er galt als Lebemann des Radsports, gelegentlich trainierte er sogar mit einem Papagei - nun ist Michele Scarponi mit 37 Jahren ums Leben gekommen. Der Sieger des Giro d'Italia 2011 wurde während einer Trainingsfahrt in seiner italienischen Heimatstadt Filottrano von einem Lkw überfahren und starb noch vor der Ankunft im Krankenhaus. "Es ist eine Tragödie, zu groß, um sie in Worte zu fassen", verlautbarte sein kasachisches Team Astana in einer Pressemitteilung: "Wir haben einen großen Champion und einen besonderen Mann verloren, der immer gelacht hat." Scarponi hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder.

Erst am späten Freitagabend hatte er nach der Tour of the Alps, bei der er noch die erste Etappe gewonnen hatte und Gesamtvierter geworden war, ein Bild von sich und seinen Zwillingssöhnen veröffentlicht, wie sie im heimischen Wohnzimmer spielen. In seiner kleinen Heimatstadt in den Hügeln vor der Adria-Küste wollte er sich mit einer lockeren Trainingsfahrt auf die am 5. Mai beginnende Italien-Rundfahrt einstimmen. Beim Jubiläums-Giro, dem 100. seit der Premiere 1909, hätte er das Astana-Team statt des verletzten Fabio Aru anführen sollen. Doch gegen 8 Uhr prallte Scarponi an einer Straßenkreuzung frontal mit einem Lkw zusammen, jede Hilfe kam zu spät. "Ich habe ihn nicht gesehen", sagte der 57 Jahre alte Lkw-Fahrer.

"In diesem traurigen Moment sind meine Gedanken bei seiner Familie", schrieb der deutsche Radprofi John Degenkolb, der im Vorjahr selbst mit einem Auto kollidiert und schwer verletzt worden war, bei Facebook: "Radsport ist ein Outdoor-Sport, Autos und Radfahrer teilen sich gemeinsame Straßen. Bitte respektiert euch gegenseitig, zu eurer Sicherheit." "Absolut niederschmetternd, die tragische Nachricht zu sehen", twitterte der britische Radprofi Mark Cavendish. "Er war einer der nettesten Jungs, die man treffen konnte."

Auch Scarponis Vita kam nicht ohne Doping-Sperre aus

Scarponi begann seine Karriere 2002 beim italienischen Team Acqua & Sapone. In seinen ersten Profijahren zeigte er sich vor allem bei den Frühjahrsklassikern, fuhr gute Resultate bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, dem Amstel Gold Race und dem Flèche Wallone ein. Später entwickelte er sich zu einem hervorragenden Kletterer. Mit seinem Wechsel zu Lampre begann 2011 mit 31 Jahren seine erfolgreichste Zeit: Gleich im ersten Jahr gewann er nachträglich den Giro d'Italia, nachdem der eigentliche Sieger Alberto Contador wegen einer Dopingsperre ein gutes Jahr später disqualifiziert wurde. Nach insgesamt drei vierten Plätzen beim Giro wechselte er 2014 zu Astana, wo er seinem Landsmann Vincenzo Nibali direkt zum Sieg bei der Tour de France verhalf. "Ich bin einfach sprachlos, lieber Freund", schrieb Nibali am Samstag. Teamkollege Aru sagte: "Eine unendliche Tragödie, ich habe einfach keine Worte."

Auch abseits der Rennen erregte Scarponi immer wieder Aufsehen. Im Januar 2016 postete er zwei Videos, auf denen er bei Trainingsfahrten mit einem gelb-blauen Papagei zu sehen ist. Die Ara-Dame Frankie setzte sich dabei immer wieder auf seine Schulter, knabberte an seinem Helm und flog anschließend neben Scarponi her.

Allerdings sorgte Scarponi auch für negative Schlagzeilen: Im Dezember 2012 wurde er vom Antidoping-Gericht des italienischen Olympia-Komitees Coni für drei Monate gesperrt und zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro verurteilt. Er hatte Kontakte zu dem umstrittenen Dopingarzt Michele Ferrari gestanden. Wegen der Verbindung war er bereits zuvor von seinem damaligen Lampre-Team suspendiert worden. Zudem war Scarponi 2007 wegen seiner Verbindung zur Dopingaffäre Fuentes gesperrt gewesen.

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SZ vom 23.04.2017 / SID, dpa
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