Eishockey:Viel "Blablabla"

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Die Kölner Haie stoppen ihre Niederlagenserie und erzwingen Spiel sechs gegen die Grizzlys Wolfsburg im Playoff-Viertelfinale. Die Unruhe um Angreifer Patrick Hager beenden sie aber nicht.

Von Christian Bernhard, Köln

Travis Turnbull war müde, aber glücklich. Beides war klar und deutlich in seinem abgekämpften Gesicht zu lesen, als der Stürmer der Kölner Haie am späten Freitagabend auf dem Eis der Kölner Arena vor die TV-Kameras trat. Turnbull sprach über das fünfte Viertelfinalspiel der Playoff-Serie gegen Wolfsburg, das die Haie gewinnen mussten, um das Saison-Aus in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zu vermeiden. Das gelang, Köln gewann mit 3:1 und verkürzte damit in der Best-of-seven-Serie auf 2:3. Die Situation hat sich nicht groß verändert: Auch am Sonntag (19 Uhr) muss für die Kölner auswärts in Wolfsburg der nächste Sieg her, um den Traum vom Halbfinale am Leben zu erhalten.

Turnbull sprach indirekt aber auch über etwas anderes. Über das, das selbst Kölns bis dato wichtigstes Eishockey-Spiel der Saison überstrahlt hatte. Vor der Partie, sagte Turnbull, haben viele Leute viel geredet, "Blablabla" sei das gewesen. Aber, betonte er, "wir sind ein Team." Der Grund, warum er das explizit hervorhob, waren die unerwarteten Ereignisse am Donnerstag gewesen. Patrick Hager, Kölns wichtigster Offensivspieler und einer der besten Spieler der Liga, war vom Verein "bis auf weiteres" freigestellt worden. Details gab der Klub nicht bekannt, Haie-Geschäftsführer Peter Schönberger sagte dem Kölner Stadtanzeiger aber, "teamschädigendes Verhalten" könne nicht geduldet werden. Bei den Haien gebe es Regeln, "an die sich jeder Spieler zu halten hat", erklärte Schönberger.

Damit war die ohnehin angespannte Situation um Hager eskaliert. Kurz zuvor hatten mehrere Kölner Medien übereinstimmend berichtet, dass sich der Angreifer für die Saison 2018/19 bereits mit dem EHC Red Bull München über einen Fünfjahresvertrag einig sei. Der Wechsel habe vorrangig familiäre Gründe, Hagers Familie lebt in Rosenheim. Schönberger ließ offen, ob Hager, der für die kommende Saison eigentlich noch bei den Haien unter Vertrag steht, überhaupt noch einmal für die Kölner auflaufen werde. Am Freitag saß der Nationalspieler, der sich nicht äußerte, neben den überzähligen Haie-Spielern auf der Tribüne.

Torhüter Wesslau hält seine Kölner im Spiel

Ob solch eine Entscheidung vor so einem wichtigen Spiel nicht Unruhe in die Mannschaft bringe, war Sportdirektor Mark Mahon kurz vor dem Spiel gefragt worden: "Das werden wir heute Abend sehen", lautete seine knappe Antwort. Zu sehen bekamen er und die 11 368 Zuschauer in der Kölner Arena nach zuvor zwei deutlichen Duellen eine enge Partie, in der die Haie aufgrund Gerrit Fausers Treffer mit 0:1 in Rückstand gerieten (13.). Die Kölner konnten sich danach bei ihrem Torhüter Gustaf Wesslau bedanken, dass sie nur ein Tor zurücklagen, bei einem Pfostenschuss von Brent Aubin (29.) hatte der Schwede auch Glück. Die Haie versuchten es, hatten aber einmal mehr Probleme, Druck auf Gäste-Torhüter Felix Brückmann zu machen. In Überzahl klappte es aber: Erst glich Verteidiger Shawn Lalonde mit einem abgefälschten Schuss zum 1:1 aus (34.), dann fälschte Travis Turnbull einen Weitschuss von Fredrik Eriksson erfolgreich ab (40.).

"Wir haben gut dagegengehalten und uns heute nicht frustrieren lassen", sagte Kölns Angreifer Kai Hospelt. Dieser hatte 40 Sekunden vor Spielschluss mit einem Treffer ins leere Tore für den 3:1-Endstand gesorgt. Zuvor hatte einmal mehr Wesslau seine Haie vor dem Ausgleich bewahrt - überragend war seine Parade in Minute 48 gegen Sebastian Furchner, als er nach einem Abpraller aus seiner Position war, aber trotzdem noch zum langen Pfosten kam, wo er die Scheibe mit dem Schoner abwehrte. TV-Experte Herberts Vasiljevs, der vor kurzem seine mehr als 20 Jahre lange Profi-Karriere beendet hatte, betonte, Wesslau habe alles gehalten, "auch unmögliches". Turnbull, der seine Haie auf die Siegerstraße gebracht hatte, erklärte, die Mannschaft habe die richtige Antwort gegeben.

Am Sonntag muss aus Haie-Sicht der nächste Sieg her, um ein alles entscheidendes siebtes Spiel zu erzwingen - diesmal allerdings in Wolfsburg. Furchner gab zu verstehen, dass sich die Niedersachsen durch die Niederlage nicht beirren lassen. "Wir haben ja nicht erwartet, dass sie sich ergeben", sagte er. "Sie haben ihr Heimspiel gewonnen, jetzt sind wir dran." Hager muss dann wieder zuschauen.

© SZ vom 19.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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