Eishockey:Verlierer im Abtasten

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Immer ein bisschen zu spät: Der Münchner Konrad Abeltshauser (rechts) versucht vergeblich, den Berliner Nicholas Petersen von der Scheibe zu trennen. (Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Der EHC Red Bull München unterliegt im ersten Spiel der Finalserie in der Deutschen Eishockey Liga Berlin mit 3:4. Die Eisbären kontrollieren die Partie - und zeigen, wie der Meister zu schlagen ist.

Von Christian Bernhard

Uwe Krupp musste in den vergangenen Tagen immer wieder die Frage beantworten, ob der EHC Red Bull München eine Über-Mannschaft sei. Zwei Meistertitel und zwei Hauptrunden-Erfolge in Serie ließen bei zahlreichen Beobachtern der Deutschen Eishockey Liga (DEL) diesen Eindruck aufkommen. Krupp wehrte sich stets vehement gegen diese Einschätzung. Aus guten Gründen: Der frühere Bundestrainer trainiert die Eisbären Berlin, die am Freitagabend die Finalserie gegen Meister München eröffneten. "Du musst mit deinen Stärken spielen und dich mit den gegnerischen Stärken auseinandersetzen", sagte Krupp. Das taten die Berliner im ersten Spiel der Best-of-seven-Serie auf beeindruckende Art und Weise: Meister München musste sich zu Hause mit 3:4 (1:2, 1:1 1:1) geschlagen geben.

Die Münchner kommen im ersten Drittel kaum in ihr gefürchtetes Forechecking

Personell hatte es auf Münchner Seite keine Veränderungen im Vergleich zu den vergangenen Spielen gegeben. Markus Lauridsen (Fingerbruch) und David Leggio (Reha nach einer Oberkörperverletzung) fehlen Trainer Don Jackson weiterhin verletzt, Steve Pinizzotto saß das letzte Spiel seiner Fünf-Spiele-Sperre ab. Für ihn spielte wie schon in den vorangegangenen vier Partien der 22-jährige Andreas Eder. Bei den Eisbären lag der Fokus vor dem ersten Bully auf der Sturmreihe um Kapitän Andre Rankel, Louis-Marc Aubry (16 Scorerpunkte - Platz eins in den Playoffs) und Marcel Noebels (13, Rang vier).

Die Startphase war in Berliner Hand - und das nicht nur wegen des frühen Führungstreffers von Jamison MacQueen. Der Eisbären-Stürmer verwertete einen Abpraller von Münchens Nationaltorhüter Danny aus den Birken zum 1:0 in der 2. Minute. Der DEL-Rekordmeister aus Berlin dominierte die Partie auch danach. Die Münchner kamen kaum in ihr gefürchtetes Forechecking, mit dem sie viele Scheibengewinne provozieren, da die Eisbären sehr kontrolliert von hinten heraus spielten. "Sie sind mit viel Energie gestartet", sagte Jon Matsumoto. Der Münchner Angreifer zeigte in Minute zwölf, dass der Meister nicht viel braucht, um zu treffen. Obwohl er von zwei Berlinern bedrängt wurde, beförderte er die Scheibe nach einer Drehung sehenswert ins linke Kreuzeck zum 1:1. Es war die erste große Chance der Hausherren - und die saß gleich.

Die Eisbären ließen sich dadurch aber nicht aus der Bahn werfen. München war nun zwar besser im Spiel, mit einer Führung in die erste Drittelpause gingen aber die Gäste, da Sean Backman aus den Birken mit einem Schuss aus kurzer Distanz zum zweiten Mal überwand (15.).

"Wir müssen cleverer sein und unsere Chancen nutzen", sagt Nationalspieler Hager

Die Anfangsphase im Mitteldrittel prägten ebenfalls die Berliner. Thomas Oppenheimer tauchte nach einem Alleingang ungestört vor aus den Birken auf, schaffte es aber nicht, dem Münchner Torwart die Scheibe durch die Schoner zu schieben (25.). Kurz darauf zappelte der Puck aber zum dritten Mal im Münchner Netz, James Sheppard hatte aus den Birken nach schöner Vorarbeit von Backman getunnelt (25.). Der Meister konterte auch diesmal: Nach einem schnellen Angriff vollendete Brooks Macek die sehenswerte Vorlage von Matsumoto, der von Jackson zu Keith Aucoin und Macek hochgezogen wurde, zum 2:3 aus EHC-Sicht (28.). Das Tor gab den Münchnern in der mit 6142 Zuschauern ausverkauften Olympia-Eishalle Auftrieb, sie leiteten nun ihre bis dahin stärkste Phase ein. Der 40-jährige Finne Petri Vehanen im Tor der Eisbären bewahrte seine Mannschaft mit mehreren starken Paraden vor dem Ausgleich und war auch im zweiten Münchner Überzahlspiel ein sicherer Rückhalt für die Gäste. "Wir müssen cleverer sein und unsere Chancen nutzen", sagte EHC-Nationalspieler Patrick Hager nach dem zweiten Drittel.

Im Schlussdrittel ließen Backman, Petersen (jeweils 44.) und Aubry (46.) zu Beginn große Chancen auf das 4:2 ungenutzt, München brauchte wieder ein paar Minuten, um ins Spiel zu finden. Als der EHC-Druck etwas größer wurde, ließ Aubry aus den Birken mit einem platzierten Schuss zum 4:2 keine Chance (55.). Jackson riskierte alles und nahm aus den Birken vom Eis, mehr als das 3:4 von Aucoin in der letzten Minute sprang aber nicht mehr heraus. Das erste Spiel sei immer ein Abtasten, sagte Hager, man müsse schauen, "was der Gegner so macht." Hager und die Münchner wissen nun, vor dem zweiten Spiel am Sonntag (14.30 Uhr), dass Berlin ziemlich viel gut macht.

© SZ vom 14.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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