Eishockey:Tee nach 103 Minuten

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Nach seinen zwei Toren beim 3:1 im ersten Pre-Playoff-Spiel erneut der Held: der Berliner Jamie MacQueen. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Mehr als vier Stunden nach dem ersten Bully endet die bisher längste Playoff-Partie der Eisbären Berlin. Ein abgefälschter Schuss in der dritten Verlängerung könnte nun die schwache Saison retten.

Von Christian Bernhard, München

Bananen, Orangen, Äpfel und Müsliriegel waren noch reichlich vorhanden, sogar drei Brötchen und ein paar Stückchen Kuchen lagen griffbereit da. Selbstverständlich war das nicht, es ging am Freitagabend ja schon auf Mitternacht zu, als die Spieler der Eisbären Berlin zum fünften Mal während der Partie in ihre Kabine stapften, um Kraft zu tanken für das nächste Drittel - das sechste des Abends.

In diesem, um genau 23.52 Uhr, sollte sich das Spiel dann entscheiden: Jamie MacQueen traf zum 3:2-Sieg der Berliner bei den Straubing Tigers, er barchte die Eisbären ins Playoff-Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL). 103 Minuten und 27 Sekunden dauerte der mitreißende sportliche Kampf, den sich die Berliner und die Tigers im Straubinger Stadion am Pulverturm geliefert hatten. "Hey das geht ab, wir spielen die ganze Nacht", hatten die Fans zuvor gesungen.

Die Berliner verweisen oft und gerne auf ihre glorreiche Klub-Geschichte, gerade in den letzten Jahren, die sportlich alles andere als erfolgreich waren, kokettierten sie damit. Sie sind ja immer noch der DEL-Rekordmeister, nach sieben Titeln. Am Freitagabend fügten sie ihrer Historie ein neues Kapitel dazu. Noch nie zuvor war eine Eisbären-Mannschaft in den DEL-Playoffs so lange auf dem Eis gestanden wie an diesem Abend in Straubing. Nach seinen zwei Toren beim 3:1 im ersten Pre-Playoff-Spiel gegen die Tigers war MacQueen erneut der Held. "Ich habe den Puck einfach in Richtung Tor gebracht, zum Glück war er drin", sagte der 28-jährige Angreifer, der vor wenigen Tage noch von seinem Trainer Uwe Krupp auf die Tribüne verbannt worden war. Nebenbei beendete MacQueens Tor auch Berlins katastrophale Serie von zwölf Auswärts-Niederlagen in Folge.

Eisbären überstehen erstmals Pre-Playoffs, Straubing scheitert erstmals

Passend zum Krimi wurde MacQueens entscheidender Schuss von Straubings Verteidiger Dylan Yeo abgefälscht, nur so fand die Scheibe dann über den Innenpfosten den Weg ins Gehäuse. "Normale" Schüsse hatten an diesem denkwürdigen Abend so gut wie keine Chancen auf Erfolg, zu gut waren die beiden Torhüter. Straubings Matt Climie und Berlins Petri Vehanen glänzten reihenweise mit tollen Paraden, MacQueen betonte zurecht: "Beide Torhüter haben absolut phänomenal gespielt." Am Ende hatte Climie 67 und damit zehn Paraden mehr auf seinem Konto als Vehanen, und trotzdem schlich er so wie seine Teamkollegen mit hängenden Kopf vom Eis. Stürmer Stefan Loibl sprach von einem "sehr unglücklichen Ende". Von dem leidenschaftlichen Einsatz könne sich die Mannschaft leider nichts kaufen, aber "wir können auch ein bisschen stolz auf uns sein".

Durch den Sieg feierten die Berliner eine weitere Premiere: Erstmals in ihrer Klubgeschichte überstanden sie die DEL-Pre-Playoffs, zuvor waren sie dreimal in der ersten Runde gescheitert, Straubing scheiterte dagegen erstmals in dieser Runde. Am Dienstag warten nun die Adler Mannheim im Viertelfinale, Spiel eins der Best-of-seven-Serie findet in Mannheim statt (19.30 Uhr). Gegen den Vorrunden-Zweiten haben die Eisbären zwei ihrer vier Hauptrundenspiele gewonnen, zweimal ging es in die Verlängerung.

Krupp sagte noch in der Straubinger Nacht, er denke jetzt schon an Mannheim. Seine Spieler bekamen nach dem letzten Kabinen-Gang des Abends Tee in kleinen Plastikbechern verabreicht. Kapitän André Rankel freute sich besonders darauf, er war so wie Verteidiger Micki DuPont nach einer Verletzungspause erstmals wieder im Einsatz gewesen, was Sportdirektor Stefan Ustorf dazu brachte, von einer "vollen Kapelle" zu sprechen.

Der erfahrene Torhüter Vehanen hatte vor dem Start in die Straubing-Serie betont, das wichtigste in den Playoffs sei, "einfach den Moment zu leben und nicht zu viel über Vergangenes und Zukünftiges nachzudenken." Der fast 104 Minuten lange Straubinger Abend dürfte dennoch nicht so schnell aus den Eisbären-Köpfen verschwinden.

© SZ vom 05.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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