Eishockey:Später Rock

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Beim 5:4-Sieg gegen den EHC München wird deutlich: Der ERC Ingolstadt ist eines der wenigen Teams, die dem Meister der DEL Probleme bereiten können.

Von Christian Bernhard

Wenn Spieler von Spitzen-Mannschaften auf die Stärken des Gegners angesprochen werden, sagen sie gerne Sätze wie: Wir schauen nicht auf die anderen, sondern konzentrieren uns nur auf uns. In der Deutschen Eishockey Liga (DEL) hört man das seit geraumer Zeit am öftesten aus dem Mund von Spielern des EHC Red Bull München, der die vergangenen zwei Meisterschaften gewonnen hat. Matt Pelech verwendete diese Worte am Sonntag ebenfalls, dabei war sein ERC Ingolstadt diese Saison kein Spitzenteam - Platz acht in der Tabelle verdeutlicht dies. Mittlerweile ist der ERC aber auf einem guten Weg, Richtung Playoffs vielleicht doch noch ein solches zu werden. Am Sonntag besiegte er München mit 5:4 nach Verlängerung und verhinderte so, dass der Meister die Tabellenführung eroberte.

Shedden habe "das Schiff in die richtige Richtung gebracht", lobt Kollege Don Jackson

Zweimal lag der ERC im spektakulären Oberbayern-Derby zurück, doch Petr Taticek und Darin Olver mit seinem ersten Hattrick der Spielzeit sorgten dafür, dass die aufregende Partie das bekam, was sie verdiente: einen Nachschlag in Form der Verlängerung. Dort sorgte Thomas Greilinger mit einem tollen Alleingang für die Entscheidung, es war sein 201. DEL-Tor für die Ingolstädter. "Wir sind ein bisschen ins Rollen gekommen", sagte Ingolstadts Torhüter Timo Pielmeier. Das spiegelt sich mittlerweile auch in der Tabelle wider: Der ERC hat in seinen vergangenen sieben Spielen stets gepunktet und nur noch vier Punkte Rückstand auf Platz fünf. "Wir klettern die Leiter langsam nach oben", sagte Trainer Doug Shedden.

Die Ingolstädter bestätigten nicht nur mit dem Sieg, sondern auch mit der Art und Weise, wie sie dem Meister zusetzten, dass sie eines der wenigen Teams der Liga sind, die den Münchnern derzeitig nachhaltig Probleme bereiten. Zusammen mit den Nürnberg Ice Tigers, den Schwenninger Wild Wings und Wolfsburg sind die Oberbayern die einzigen, die in der laufenden DEL-Saison mehr Spiele gegen München gewonnen als verloren haben. "Sie haben einen guten Weg gefunden, unseren Druck zu brechen", sagte Frank Mauer, der die Münchner früh in Führung gebracht hatte. Der aktuelle ERC ist läuferisch stark und setzt die Gegner mit seinem aggressiven Forecheck früh unter Druck. Münchens Meistertrainer Don Jackson war durchaus beeindruckt. "Du hast das Schiff in die richtige Richtung gebracht", sagte er auf der Pressekonferenz zu Shedden.

Sheddens Erfahrung tut den Ingolstädtern gut. Dass der 56-Jährige, der seit 1981 im Profigeschäft ist, ein Trainerfuchs ist, hatte er schon am Freitag bewiesen, als seine Mannschaft zwar 1:2 nach Verlängerung in Nürnbergs verloren, es dem Tabellenführer mit einem taktischen Kniff aber sehr schwer gemacht hatte. Shedden hatte seinen Spielern mit aufs Eis gegeben, schon auf Höhe der Mittellinie aufs Nürnberg Tor zu schießen, um Scheibenverluste in der neutralen Zone zu verhindern, auf die die Franken wegen ihres starken Umschaltspiels am liebsten lauern. "Doug ist ein sehr erfahrener Trainer", sagte der Nürnberger Coach Rob Wilson hinterher anerkennend. Man müsse sich nur die vergangenen Wochen anschauen, um zu erkennen, dass der ERC "jetzt spät die Saison rockt", sagte Wilson, der Ingolstadts energiereiche Spielweise ebenfalls lobte.

Unter Shedden funktioniert jetzt sogar das Überzahlspiel, das zwar immer noch das statistisch schlechteste der Liga ist, gegen den Meister aber zweimal erfolgreich war. Das liegt auch an einem der neuen Spieler. Der finnische Verteidiger Ville Koistinen überzeugte gegen München mit seinen Qualitäten, seine Ruhe und seine Pass-Stärke tun dem ERC sehr gut.

Nach fünf Spielen in nur eineinhalb Wochen wünschte sich Shedden nach dem erfolgreichen Derby ein paar Tage Erholung. Seine Spieler werden die nicht bekommen, dafür aber ein neues Team-Mitglied. Der 35-jährige Angreifer Tim Stapleton, der am Wochenende aus der Schweiz verpflichtet wurde, hat bereits zweimal unter Shedden gespielt, erst in Finnland, dann in der Schweiz. Der ehemalige US-Nationalspieler trainiert an diesem Dienstag erstmals mit dem ERC - und dürfte ihn noch ein bisschen besser machen.

© SZ vom 09.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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