Eishockey:Sieg mit Zwei-Drittel-Mehrheit

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Nahtlose Rückkehr: Der Münchner Steve Pinizzotto (links) reihte sich nach seiner Sperre mit dem wegweisenden Treffer zum 2:1 wieder ein. (Foto: Daniel Lakomski/imagos)

Die Berliner haben Chancen, die Münchner machen die Tore: Der Titelverteidiger gleicht in der Finalserie gegen die Eisbären aus der Hauptstadt aus.

Von Johannes Schnitzler, Berlin/München

Das olympische Eissportzentrum in München ist in die Jahre gekommen. Seit einem halben Jahrhundert steht es schon am Mittleren Ring, an einigen Stellen bröckelt der Beton. Als Petri Vehanen am Freitagabend durch den Hinterausgang von der Kabine zum Mannschaftsbus gehen wollte, stolperte der Torhüter der Berliner Eisbären über eine dieser Stufen, wie sie in den barrierefreien Bauten dieser Tage nirgends mehr hingesetzt werden. Was wäre das für eine Pointe gewesen: Wenn Vehanen gestürzt wäre, sich womöglich ernstlich verletzt hätte und das Finale um die Meisterschaft in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gegen Titelverteidiger EHC Red Bull München an einer schnöden Schwelle entschieden worden wäre. Aber Vehanen kann sich auch mit 40 Jahren auf seine Reaktionsschnelligkeit verlassen. Der Finne fing sich, so wie er zuvor die Scheiben gefangen und sein Team zu einem 4:3-Sieg geführt hatte.

Die Frage war nicht, ob Münchens Coach sein Team umbaut - sondern wie

Am Sonntag war Vehanens Dienst nach 40 Minuten und fünf Gegentreffern beendet. Der entscheidende Mann war diesmal Danny aus den Birken. Der Münchner Torhüter parierte beim 5:4 (2:1, 3:1, 0:2)-Sieg des Meisters in Berlin 33 Schüsse. "Heute war München einfach effizienter", sagte Eisbären-Trainer Uwe Krupp. In der Best-of-seven-Serie steht es nun 1:1.

Die Frage nach der Auftaktniederlage gegen den DEL-Rekordmeister Berlin war nicht, ob Münchens Coach Don Jackson seine Reihen umbauen würde, sondern wie. Nach fünf Spielen Sperre für ein Foul im Halbfinale gegen den Mannheimer Matthias Plachta kehrte ja Steve Pinizzotto zurück. Der 33 Jahre alte Deutschkanadier rückte auf seinen angestammten Platz in die zweite Reihe, die ohne ihn viel von ihrer Schlagkraft eingebüßt hatte. Pinizzottos Platzhalter Jerome Flaake rotierte wieder in die vierte Reihe. Für eine Änderung der taktischen Grundausrichtung sah Jackson indes keine Veranlassung: "Wir wissen, wie sie spielen, wir kennen die Spieler."

Krupp hatte Pinizzottos Rückkehr heruntergespielt: "Er ist ein guter Spieler. Aber München ist mit ihm eine gute Mannschaft und ohne ihn." Krupp hatte freilich auch von "Schwachstellen" beim Meister gesprochen, was er nach Spiel eins dann zwar "so nicht gesagt" haben wollte - man will ja nicht respektlos erscheinen gegenüber dem DEL-Rekordtrainer Jackson. Aber ob oder wie genau er es gesagt hatte: Krupp hatte es damit in die Köpfe der Münchner geschafft. Was hatte er bloß gesehen?

Zu sehen war am Freitag zweierlei: Berlin verrammelte die eigene Zone und nahm die Geschwindigkeit aus dem Münchner Spiel. Stärkstes Indiz dafür: Münchens dritte Reihe mit Dominik Kahun, Mads Christensen und Frank Mauer, die schnellste der Liga, kam kaum zur Geltung. Wie Verkehrsinseln im Wohngebiet beruhigten die Berliner das Tempo. Und diese Verkehrsinseln können Schlittschuhlaufen. "Berlin hat gute, mobile Verteidiger", sagte Mauer. "Sie können den Puck unter Druck gut aus der eigenen Zone spielen", sagte Jackson. So hebelten die Eisbären zugleich Münchens Offensivverteidigung aus.

Am Sonntag funktionierte Münchens Forecheck besser. Die erste Großchance hatte zwar Daniel Fischbuch mit einem Alleingang. Aus den Birken hielt. Dann veredelte Brooks Macek das erste Überzahlspiel zum 1:0 für die Gäste (13.). "Das erste Tor wird wichtig sein", hatte Jackson gesagt. Doch die Antwort der Eisbären kam sofort. Nick Petersen kurvte ums Münchner Tor, fand den ungedeckten Sean Backman, dessen Schuss von der Hand von Patrick Hager ins Netz tropfte (14.).

Der ehemalige Münchner Martin Buchwieser hatte zwei Minuten vor dem Drittelende die Führung für Berlin auf dem Schläger. Er scheiterte an aus den Birken und leistete sich direkt danach ein Foul. Und München nutzte auch sein zweites Powerplay: Nach elf Sekunden traf Pinizzotto zum 2:1 (19.). "Wir bewegen uns nicht so viel wie im ersten Spiel", merkte Nationalverteidiger Jonas Müller an.

Mit sechs Feldspielern verkürzt Berlin in der 60. Minute auf 4:5 - dann ist Schluss

Zu Beginn des zweiten Drittels erhöhte Berlin sein Engagement. MacQueen, Aubry und Noebels hatten Chancen, doch das nächste Tor erzielte wieder München: Florian Kettemer traf nach Pass von Hager zum 3:1 (24.). Nach dem 4:1 von Matsumoto (34.) hatte Krupp fürs Erste genug Schwachstellen bei seiner Mannschaft gesehen. Er nahm eine Auszeit. Die kurze Besinnung schien seinem Team gut zu tun: Petersen verkürzte zum 2:4 (38.). Doch Maximilian Kastner konterte zum 2:5 (40.). Danach gab Krupp Vehanen für den Rest des Tages frei, Marvin Cüpper kam. Der erste eigene Powerplay-Treffer gab den Eisbären noch einmal Hoffnung: Schütze war abermals Backman (46.). Krupp nahm nun auch Cüpper vom Eis, mit sechs Feldspielern gelang Berlin aber nur noch das 4:5 (60., Petersen). "Wir haben die ersten zwei Drittel einfach nicht gut gespielt", sagte Kapitän André Rankel.

© SZ vom 16.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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