Eishockey:Nichts brennt an

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Weder heftige Angriffe der Eisbären Berlin noch ein falscher Feueralarm bringen die Abwehr des EHC München aus der Ruhe. Der Titelverteidiger steht im Finale, muss dort aber den verletzten Deron Quint ersetzen.

Von Christian Bernhard, München

Es ist schon eine Weile her, dass Christian Winkler mitten auf der Eisfläche stand und Interviews gab. Genau gesagt: fast ein Jahr. Damals bejubelte der Manager des EHC Red Bull München in Wolfsburg den ersten Meistertitel des Vereins - und kein Spieler tat das so leidenschaftlich wie Winkler, der in seinen vorangegangenen 13 EHC-Jahren manche Höhen und noch mehr Tiefen erlebt hatte. Am Sonntagabend stand Winkler abermals mitten auf dem Eis und sprach in ein Mikrofon. Auch dabei lächelte er, obwohl er erklären musste, warum Minuten zuvor die ausverkaufte Münchner Olympia-Eishalle kurzzeitig geräumt worden war. Er lächelte, weil er als einer der Ersten wusste, dass zu keinem Zeitpunkt Gefahr bestand, da es sich bei dem Feueralarm um einen "mutwillig ausgelösten" Fehlalarm gehandelt hatte. Neu war die Situation trotzdem - auch für ihn. So etwas, sagte Winkler, habe er noch nie erlebt.

Spiel fünf verlief wie die anderen: Als es darauf ankam, konnten sich die Eisbären nicht durchsetzen

Eine knappe Stunde später war Winklers Lächeln noch breiter. Der EHC hatte da zwar noch nicht den Titel verteidigt, aber zumindest den neuerlichen Finaleinzug in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) geschafft. Michael Wolfs Treffer in der zwölften Minute der Verlängerung bescherte den Münchnern das 2:1 und damit den vierten Sieg in der Best-of-seven-Halbfinalserie gegen die Eisbären Berlin. Kapitän Wolf, der jetzt bei 299 DEL-Treffern steht, sprach von einem "super Gefühl", fügte aber direkt an: "Wir sind noch nicht am Ende." Den Berlinern blieb nichts anderes übrig, als sich zum letzten Mal in dieser Saison von ihrem Anhang zu verabschieden. "Wir hätten eine Aktion gebraucht, um in der Serie zu bleiben", sagte Berlins Trainer Uwe Krupp. Doch diese eine entscheidende Aktion fehlte dem DEL-Rekordmeister in der Serie gegen den EHC nicht nur am Sonntag. Bis auf das dritte Spiel, das die Münchner 5:1 gewonnen hatten, waren alle Partien hart umkämpft gewesen. Der EHC verlor aber nur eine davon, vor allem wegen seiner guten Verteidigung. In den letzten vier Spielen ließ er jeweils nur ein Gegentor zu. "Es war immer sehr eng, aber München hat in der Defensive immer sehr gut gestanden", resümierte Krupp: "Wir waren nicht in der Lage, die nötigen Tore zu schießen."

Münchens Trainer Don Jackson strahlte nach dieser "schwierigen Serie" und gewährte seltene Einblicke in sein Innenleben. Sechsmal hat er schon den Titel gewonnen, er ist der erfolgreichste Trainer der DEL-Geschichte. Nun musste er mitteilen, dass sein Verteidiger Deron Quint, mit dem er schon in Berlin zwei Meistertitel gefeiert hatte, aufgrund einer Beinverletzung in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz kommen wird; trotzdem war er gelöst wie lange nicht mehr. Was er besser mache als die anderen Trainer? "Ich bete mehr", sagte er lachend. Nein, im Ernst, sein großes Glück sei, dass er in guten Vereinen mit guten Spielern und guten Managern arbeite, betonte er. Seine Spieler, als deren Teamkollege er sich betrachtet, brächten viel Talent und Herz mit.

Die Berliner wollen nun die Saison aufarbeiten - vor allem die schlechte Hauptrunde

Als es darum ging, wen er als Finalgegner bevorzuge - Wolfsburg oder Nürnberg -, da trat wieder der Taktiker Jackson auf den Plan. 3:2 steht es für Wolfsburg, aber über den Ausgang mache er sich überhaupt keine Gedanken, sagte Jackson: "Ich warte und höre mir an, was all die anderen dazu sagen." Sein Stürmer Frank Mauer erklärte dazu aber auch nicht viel. "Wir haben auf beide Lust", sagte er und verwies darauf, dass es nicht selbstverständlich sei, im Finale zu stehen. "Das müssen wir wertschätzen", forderte er. Deutlich anzumerken war ihm aber, dass er sich nicht zu viel mit dem Endspiel-Gegner beschäftigen wollte: "Wir tun gut daran, uns auf uns zu konzentrieren, denn wenn wir unsere Möglichkeiten ausschöpfen, sind wir unglaublich schwer zu schlagen." Etwas mehr ließ sich EHC-Angreifer Maximilian Kastner entlocken. "Nürnberg wäre als Derby natürlich interessant", sagte er, "da haben wir noch eine Rechnung offen." Er spielte damit auf die vier Münchner Hauptrunden-Niederlagen gegen die Franken an. Während Wolfsburg und Nürnberg noch voll im Halbfinal-Stress stecken, bekamen die Münchner Spieler erst einmal zwei Tage frei. Am Mittwoch starten sie dann ihre Vorbereitungen auf die Finalserie, die am kommenden Sonntag in München beginnt (16.45 Uhr).

Bei den Berlinern begann am Montag bereits die Aufarbeitung der Saison. Geschäftsführer Peter John Lee sagte dem Tagesspiegel, dass sich seine Mannschaft in der Serie bis auf das 1:5 im dritten Spiel gut verkauft habe. Enttäuscht war er dennoch: "Ich dachte, wir holen mehr raus." Lee wird in dieser Woche die Spielzeit analysieren und dabei sicherlich nicht die schlechte Hauptrunde, die die Berliner nur auf dem achten Platz abgeschlossen hatten, vergessen. "Was in der Hauptrunde passiert ist, müssen wir noch aufarbeiten", erklärte er.

EHC-Stürmer Mauer hatte am Montag dagegen schon anderes im Kopf. Er kümmerte sich erst einmal um Universitätsangelegenheiten und hoffte auf schönes Wetter, denn dann könne man "hier in München ja recht schöne Dinge machen". Ab Mittwoch gilt die volle Konzentration dann dem Endspiel. "Wir werden die Pause für uns zu nutzen wissen, wie schon vor dem Halbfinale" betonte er. Es klang wie eine nett verpackte Drohung in Richtung des Endspielgegners.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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