Eishockey:Münchner Schiebung

Lesezeit: 1 min

Clever? Unsportlich? David Leggio vor seinem Tor, das er gerade aus der Verankerung gerissen hat. (Foto: Straubmeier/imago)

Die DEL beschäftigt eine strittige Aktion des Münchner Torhüters Leggio, der vor einer Chance des Gegners das Torgehäuse aushebelte. Nun droht dem Profi eine Strafe.

Von Christian Bernhard, München

Ross Mauermann, Stürmer des Eishockey-Erstligisten Bremerhaven, hatte am Freitagabend viel Zeit nachzudenken, als er sich im eigenen Drittel alleine auf den Weg Richtung Tor des EHC München machte. Was ihn dort erwartete, ließ aber nicht nur ihn ratlos zurück: Das Tor war verschoben, mutwillig. Münchens Torhüter David Leggio hatte das Tor aus der Verankerung gestoßen.

Was diese "unglaubliche Idee" (Münchens Jon Matsumoto) noch unglaublicher machte, ist der Umstand, dass Leggio die Idee schon mal hatte: 2014 in der nordamerikanischen Liga AHL. Leggios Überlegung: lieber einen Penalty gegen sich, bei dem der Gegner nur einen Schussversuch hat, als eine Aktion im laufenden Spiel mit eventuellem Nachschuss. Sein Plan ging jedes Mal auf: Leggio hielt auch den Strafschuss der Bremerhavener beim Stand von 1:1. Acht Minuten später führte der EHC 3:1, gewann 5:2 und liegt in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nur noch drei Punkte hinter Tabellenführer Berlin.

EHC-Trainer Don Jackson, seit mehr als 40 Jahren im Profibetrieb, schmunzelte, als er über die Szene sprach. Leggio sei "eine clevere Person, die sich eine Taktik zurecht gelegt hat, die in solchen Situationen hilft". "Vielleicht ist es unfair", sagte Matsumoto, "aber es ist nicht gegen die Regeln." Aber ist es nicht unsportlich? "Es ist nicht an mir, das zu beurteilen", sagte Jackson, nur in einem Punkt legte er sich fest: Die Szene habe "ohne Zweifel" das Momentum auf die Seite der Münchner gebracht. Leggio durfte auf Geheiß seines Klubs keine Interviews geben. Wie der 33-Jährige zu der Aktion steht, ließen die Worte von Yannic Seidenberg erahnen. Der EHC-Verteidiger erzählte, Leggio habe den Mitspielern das Video von seiner ersten Verschiebeaktion "100 Mal in der Kabine gezeigt".

Die DEL muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie die Regeln nicht längst verändert hat; Leggio spielt seit mehr als zwei Jahren in München. Die AHL tat das nach Leggios erster Aktion, seitdem gibt es dafür zusätzlich zum Penalty eine Spieldauerstrafe. Am Sonntag kommentierte die DEL den Vorfall dann doch so: "Die Schiedsrichter haben auf dem Eis korrekt entschieden. Weitere Möglichkeiten zur Bestrafung des Spielers hatte sie nicht. Die Ligagesellschaft prüft derzeit zusätzliche Disziplinarmaßnahmen gegen den Spieler Leggio. Eine kurzfristig Anpassung der Spielregeln, um ein solches Verhalten in Zukunft adäquat zu sanktionieren, wird derzeit intern diskutiert.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: