Eishockey:Las Vegas im Spielwarenladen

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Der neue Klub Vegas Golden Knights darf in der nordamerikanischen Eishockey-Liga nach Herzenslust bei anderen Klubs Spieler einkaufen - auch der Deutsche Tom Kühnhackl ist wohl unter den Auserwählten.

Eigentlich hat Tom Kühnhackl einen Traumjob. In der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL gewann der Niederbayer gerade zum zweiten Mal nacheinander mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup. In der vergangenen Woche ließ er sich von 500 000 Fans bei der Meisterparade bejubeln. Dennoch sitzt Kühnhackl sozusagen auf gepackten Koffern - schon am Mittwoch könnte es so weit sein, dass der Nationalspieler nach Las Vegas umziehen muss.

Die Vegas Golden Knights, von der Saison 2017/18 an das 31. und neueste Team der weltbesten Liga, dürfen sich bis Wochenmitte ihren Kader zusammenstellen. Und weil die NHL tunlichst eine von Beginn an absolut konkurrenzfähige Mannschaft im Spielbetrieb sehen mag, können sich die Goldenen Ritter aus der Zocker-Metropole fast nach Herzenslust bei der Konkurrenz bedienen, die nur ihre Topstars schützen darf. "Das ist der größte Spaß, den ich jemals im Eishockey hatte", sagte General Manager George McPhee, als am Sonntagabend alle anderen 30 Teams die Liste der für die Golden Knights verfügbaren Spieler veröffentlicht hatten. McPhee ist nun Hauptfigur des realistischsten Manager-Spiels der Welt, er darf sich aus hunderten Spielern seine künftige Mannschaft zusammenpicken.

Nur Topspieler wie Owetschkin sind vom Zugriff geschützt

Klar, McPhee ist dabei strengen Regeln unterworfen. Die Gehaltsobergrenze (Salary Cap) gilt auch für Las Vegas, zudem durften sich die künftigen Gegner aussuchen, welche Spieler sie für die sogenannte Expansion Draft zur Verfügung stellen. Einen Torwart, sieben Stürmer, drei Verteidiger oder einen Torwart und acht Feldspieler unabhängig ihrer Position konnten die Teams vor dem Zugriff der Knights schützen. Die größte Prominenz vom Schlage eines Sidney Crosby (Pittsburgh) oder Alexander Owetschkin (Washington) ist damit vom Markt, auch Spieler in den ersten zwei NHL-Jahren wie Edmontons Wunderknabe Connor McDavid können nicht gewählt werden.

Ansonsten darf sich McPhee fühlen wie ein Kind im Spielwaren-Großhandel: Von jedem der 30 anderen Teams darf und muss er sich je einen Spieler aussuchen. Der 45 Jahre alte Sturm-Haudegen Jaromir Jagr (Florida) ist ebenso im Rennen wie Pittsburghs ins zweite Glied abgerutschter Meister-Goalie Marc-André Fleury. Von den sieben deutschen NHL-Profis sind vier in der Verlosung. Edmonton setzte Stürmer Leon Draisaitl auf die Liste der geschützten Spieler, auch Tobias Rieder (Arizona) und Thomas Greiss (New York Islanders) sind geblockt. Mit einem baldigen Umzug nach Nevada müssen aber Dennis Seidenberg (Islanders), Korbinian Holzer (Anaheim), Philipp Grubauer (Washington) und Kühnhackl rechnen.

Jung, erfahren, günstig - Kühnhackl passt ins Schema

Kühnhackl ist der Prototyp des NHL-Profis, den die Knights suchen: Mit 25 Jahren jung, mit seinen beiden Stanley-Cup-Siegen dennoch erfahren, vor allem aber mit rund 600 000 US-Dollar Jahressalär kein Großverdiener. Mitspracherecht hat der Landshuter nicht - im großen Draft-Getümmel ist Kühnhackl nur ein Passagier. Menschenhandel sei dies, so rufen die Kritiker dieses Systems.

Dabei erwischt es die NHL-Asse mit einem möglichen Umzug ins mondäne Las Vegas glimpflich - das kann Richard Gynge bestätigen. Schwedens Nationalspieler hatte 2012 einen hochdotierten Vertrag bei Dynamo Moskau in der KHL abgeschlossen. Kurz darauf kam Admiral Wladiwostok neu in die Liga - und Gynge fand sich quasi über Nacht an der fernöstlichen Pazifik-Küste wieder.

© SZ vom 20.06.2017 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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