Eishockey:Kühle Köpfe

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Das Viertelfinale zwischen Ingolstadt und Iserlohn war lange eng - in Spiel sieben siegte aber der ERC um Gawlik (l. gegen Iserlohns Macek) deutlich. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Im entscheidenden siebten Spiel der Viertelfinal-Serie gegen Iserlohn profitiert der ERC Ingolstadt von den Erfahrungen, die die Mannschaft im vergangenen Meisterjahr gemacht hat.

Von Christian Bernhard

Die Gesänge an sich waren nicht ungewohnt für Timo Pielmeier. Der 25-jährige Torhüter ist Publikumsliebling beim ERC Ingolstadt; seitdem er die Oberbayern in der vergangenen Saison zum Meistertitel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) geführt hat, genießt er fast schon Kultstatus unter den eigenen Anhägern. Die "Timo, Timo, Timo"-Rufe in der Ingolstädter Arena hörte er also nicht zum ersten Mal.

Ungewohnt war allerdings die Richtung, aus der sie kamen. Es waren nicht die ERC- Fans, sondern die der Gäste aus Iserlohn, die den deutschen Nationaltorhüter am Dienstagabend vom Aufwärmen an beschallten. Immer wenn er sein Gesicht Richtung Gästekurve drehte, um einen Schluck aus seiner Trinkflasche zu nehmen, stimmten sie die Lieder an; zwischendurch mischten sich auch Gesänge mit den Themen "schöne Haare" und "Frisuren" darunter. Der Plan der Iserlohner Fans war leicht zu durchschauen, sie hatten Pielmeier bereits bei den vorangegangenen Spielen der Viertelfinalserie ins Visier genommen. Der Goalie sollte nervös gemacht werden, so wie bei Spiel sechs, das Iserlohn 6:2 für sich entschieden hatte. Pielmeier hatte da seinen Kasten nach vier Gegentoren vorzeitig verlassen, die Iserlohn-Fans sahen sich bestätigt.

Knapp drei Stunden nach dem Aufwärmen allerdings musste Iserlohns Trainer Jari Pasanen das 1:6 seiner Mannschaft im entscheidenden siebten Spiel der Viertelfinalserie kommentieren, er sagte: "Pielmeier hat der ganzen Mannschaft Sicherheit gegeben."

"Ich bin stolz auf unsere Jungs, sie haben nach diesem Schlag in Iserlohn viel Charakter gezeigt", sagte Ingolstadts Trainer Larry Huras und freute sich, dass "wir unser bestes Spiel für das letzte aufgehoben haben". Der Kanadier war ob des souveränen Sieges und seinem Naturell entsprechend bereits zu Scherzen aufgelegt. "Wir haben unser Spiel in Unterzahl sehr gut trainiert", sagte er süffisant und spielte damit auf die zahlreichen Strafen an, die seine Mannschaft ab dem Mitteldrittel kassiert und die sie alle ohne Gegentor überstanden hatte.

Beeindruckend war vor allem die Art, wie die Ingolstädter das Alles-oder-Nichts-Spiel an sich gerissen hatten, nachdem sie trotz starker Anfangsminuten plötzlich 0:1 zurückgelegen waren, weil die Gäste das gemacht hatten, was sie am besten können: gefährlich kontern. Cody Sylvester war es vorbehalten, einen solchen schnellen Gegenangriff erfolgreich abzuschließen (4.). Besonders die ERC-Spieler, die vergangene Saison Teil des Meister-Teams gewesen waren, bewiesen in dieser Phase aber, wie man ein alles entscheidendes Spiel anzugehen und zu finalisieren hat. "Wir waren von Anfang an bereit, haben unser Spiel auch nach dem 0:1-Rückstand weiter durchgezogen", sagte Kapitän Patrick Köppchen.

Zugute kam den Oberbayern in diesem heiklen Stadium auch ein Fehler von Iserlohns Torhüter Mathias Lange, der in Minute elf einen harmlosen Schlenzer von ERC-Verteidiger Alexandre Picard passieren ließ. Die Genugtuung der ERC-Anhänger, den österreichischen Goalie dafür mit "Lange, Lange, Lange"-Chören zu überhäufen, war bis in die letzte Ecke der ausverkauften Arena zu spüren. 15 Sekunden vor Ende des Startdrittels bezwang auch Brandon Buck den aufgrund einer Knieverletzung angeschlagenen Lange mit einem Handgelenksschuss, das Momentum war nun auf Seiten der Ingolstädter. "Nach unserer Führung haben wir die nächsten beiden Gegentore zu leicht hergeschenkt und ab da hat Ingolstadt klar besser gespielt", sagte Pasanen. Benedikt Kohl erhöhte zu Beginn des Mitteldrittels auf 3:1 (23.), Christoph Gawlik (49.) und Jared Ross (54. und 59.) machten alles klar. "In solchen Spielen musst du einen kühlen Kopf bewahren, egal ob du zurück liegst oder führst", sagte Gawlik, der mit seinen Reihenkollegen Thomas Greilinger und Björn Barta für viel Energie sorgte.

Viel Zeit, den hart umkämpften Seriensieg zu genießen, haben die Ingolstädter allerdings nicht. Schon am Freitag beginnt die Halbfinalserie gegen die Düsseldorfer EG, die sich ebenfalls in Spiel sieben gegen die Hamburg Freezers durchgesetzt hatte. "Die jubeln genauso wie wir und werden voll motiviert in die Serie gehen", sagte Kohl. "Ich erwarte wieder eine harte Auseinandersetzung." Das allein dürfte den ERC allerdings nicht abschrecken, mit engen Serien hat er schließlich nicht nur diese Saison, sondern auch schon im vergangenen Jahr gute Erfahrungen gemacht.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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