Eishockey:Intensives Aufräumen

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Schlusspunkt unter eine turbulente, enttäuschende Saison: Der ERC Ingolstadt, Deutscher Eishockey-Meister von 2014, scheitert bereits in der ersten K.-o.-Runde - auch wegen seiner Personalpolitik.

Von Christian Bernhard, Ingolstadt

Jiri Ehrenberger musste am Samstagabend nicht nach Straubing zur "Gala des deutschen Eishockeys" fahren, was ihm gelegen kam. Nicht dass der Sportdirektor des ERC Ingolstadt per se etwas gegen Straubing hätte - aber just an jenen Ort zurückkehren zu müssen, an dem die ERC-Saison weniger als 24 Stunden zuvor aus ERC-Sicht viel zu früh geendet war, musste nicht sein. Seit Freitagabend ist für die Ingolstädter die Saison in der Deutschen Eishockey Liga Geschichte. Dank eines 2:1-Sieges nach Verlängerung bugsierten die Straubing Tigers den Meister von 2014 und Finalisten 2015 schon in der ersten Playoff-Runde, den Pre-Playoffs, aus dem Wettbewerb. "Wir sind nach zwei sehr erfolgreichen Jahren belehrt worden, dass wir das ein oder andere in der Zukunft besser machen müssen", sagt Ehrenberger.

Die Niederlage in Straubing war der Schlusspunkt unter eine turbulente, enttäuschende Ingolstädter Saison. Nach einem katastrophalen Start, der den ERC erstmals seit 2003 auf den letzten Platz der DEL-Tabelle geführt und ihm in Fankreisen den wenig schmeichelhaften "Eisballett"-Titel eingebracht hatte, war Trainer Emanuel Viveiros im November entlassen worden. Die Mannschaft zweifelte derart an sich, dass Interimstrainer Peppi Heiß öffentlich darauf hinwies, Selbstvertrauen sei nicht an der Tankstelle oder beim Supermarkt an der Ecke zu kriegen. Ende November hatte Trainer Kurt Kleinendorst, der Ende der Achtzigerjahre für den ERC in der Oberliga gespielt hatte, die Mannschaft übernommen. Er stabilisierte sie und führte sie in die Pre-Playoffs, verlor dort aber beide Duelle mit Straubing.

Als Hauptgrund für die enttäuschende Spielzeit hat Ehrenberger die "gravierende" Inkonstanz der Mannschaft in den ersten Liga-Monaten ausgemacht. "Du brauchst eine Mannschaft, die in jedem Spiel ihre beste Leistung abrufen kann", unterstreicht der Sportdirektor, das aber "ist uns hundertprozentig nicht gelungen". Stürmer Thomas Greilinger betont: "Wir haben nie richtig in die Saison gefunden." Diese gilt es nun zu analysieren, in den nächsten Tagen laufen die sogenannten exit talks mit Spielern und Trainern an. Ehrenberger sagt: "Es gibt genug aufzuarbeiten." Vermeintliche Leistungsträger wie Brian Lebler, Danny Irmen, Tomas Kubalik oder Brian Salcido blieben zum Teil weit hinter den Erwartungen zurück.

Stellvertretend für die verfehlte Personalpolitik steht Lebler, der vor der Saison mit großen Erwartungen aus Linz gekommen war, diesen aber nie gerecht wurde. Nach SZ-Informationen wird Lebler den ERC nach nur einem Jahr wieder verlassen, es deutet sich eine Rückkehr nach Österreich an. Lebler ist einer der Gründe, warum Ehrenberger unter Druck steht. Teile der Anhänger machen ihn schon seit Monaten für die schwache Saison verantwortlich und nahmen ihn immer wieder ins Visier. Mit der zum Teil heftigen Kritik an seiner Person könne er "gut umgehen", sagt Ehrenberger. Man müsse sachlich bleiben, erklärt er, "emotionales Handeln würde nur zu mehr Chaos führen." Er wisse aber auch, "dass man Erfolg braucht". Ehrenberger steht so wie die Spieler auf dem Prüfstand.

Beim ERC werden nun die Personalplanungen für die kommende Saison vorangetrieben. Dort gibt es Aufholbedarf, da der Verein bereits vor Weihnachten beschlossen hatte, keine Vertragsgespräche mit Spielern zu führen, solange die Mannschaft im Spielbetrieb ist. Hinsichtlich des Trainerpostens indes hätte der Verein am liebsten schon Fakten geschaffen und mit Kleinendorst verlängert, doch der 55-Jährige vertröstete den ERC laut Ehrenberger sowohl vor dem Jahreswechsel als auch in der Nationalmannschaftspause im Februar. "Jetzt möchte ich natürlich wissen, was der Trainer plant", sagt Ehrenberger nun. Der Sportdirektor hätte das Thema am liebsten schon im Januar vom Tisch gehabt, aber er könne "die Leute nicht in Verhandlungen zwingen". Ehrenberger will nun "Klartext" reden.

Dem Vernehmen nach möchte Kleinendorst den Kader verjüngen. Erst einmal muss aber auch er das Aus verarbeiten. "Ich bin sehr enttäuscht. Mit dieser Mannschaft war mehr möglich", sagte er. Greilinger hatte da sein Saisonfazit schon gezogen: "Wir haben es dieses Jahr einfach nicht verdient."

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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