Eishockey:"In diesem Jahr könnte was gehen"

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"Wir haben jetzt genug Jungs dabei, die schon etwas gewonnen haben und lange im Geschäft sind." - Patrick Reimer hat "eine gewisse Gewinner-Mentalität" ausgemacht. (Foto: Zink/imago)

Trotz des überheblichen Auftritts gegen Schwenningen sieht Kapitän Patrick Reimer die Nürnberg Ice Tigers stark aufgestellt.

Von Christian Bernhard

"Wenn wir so spielen, werden wir in dieser Liga kein Spiel mehr gewinnen", schimpfte Martin Jiranek, nachdem die Nürnberg Ice Tigers am vergangenen Spieltag der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ihre Tabellenführung durch die herbe 1:5-Heimniederlage gegen die Schwenninger Wild Wings verloren hatten. Ein überheblicher Auftritt sei das gewesen, fanden die Anhänger - und die Worte von Sportdirektor Jiranek deuteten darauf hin, dass auch die vereinsinterne Bewertung der Partie in diese Richtung ging und er gegensteuern wollte.

Womöglich war es ein Dämpfer zur rechten Zeit, denn in den Wochen zuvor schien es, als ob bei den Ice Tigers alles von alleine laufe. Dem ist in der ausgeglichenen DEL aber nicht so - und so dürfte die überraschende Pleite die Sinne der Franken neu geschärft haben. Die Grundlagen für eine erfolgreiche Saison sind nämlich gegeben. Die physische Dominanz, die die Ice Tigers bis zum Schwenningen-Spiel ausgezeichnet hatte, sieht Kapitän Patrick Reimer nicht einmal als größten Zugewinn. Noch mehr beeindruckt ihn, dass die Mannschaft nun "unglaublich abgeklärt" spiele, betont er. "Wir wissen, was wir können, und lassen uns nicht aus der Ruhe bringen." Das liegt auch an der großen Erfahrung, die einige Neue mitgebracht haben.

Der Transfer des ehemaligen Weltklassespielers Dany Heatley sorgte für das größte Aufsehen, dazu kam Colin Fraser mit der Referenz von zwei Stanley-Cup-Titeln nach Franken, sowie Kurtis Foster, der vergangene Saison mit Mannheim Meister wurde, und David Steckel, die beide jeweils über 400 NHL-Spiele bestritten haben. "Wir haben jetzt genug Jungs dabei, die schon etwas gewonnen haben und lange im Geschäft sind", unterstreicht Reimer.

Der Kapitän hat in der Mannschaft eine "gewisse Gewinner-Mentalität" ausgemacht. "Wir haben Jungs, die gekommen sind und gesagt haben: Ich will dieses Jahr Meister werden, und wir werden dieses Jahr Meister!' Das ist vielleicht weit vorgegriffen, aber vom Ansatz her gar nicht schlecht, weil man wirklich auch daran glaubt", erzählt er. Dieses neue Selbstverständnis tut auch Reimer gut, der über sich sagt, dass er gelegentlich "leider" auch zweifele und über zu vieles nachdenke.

Derzeit machen sich aber häufiger Nürnbergs Konkurrenten Gedanken. Spieler wie Heatley und Fraser seien für den Gegner "Respekt einflößend", sagt Reimer. Dany Heatley habe "vielleicht nicht mehr die Klasse, die er zu seiner besten Zeit hatte", sei aber immer noch ein "unglaublicher Spieler" und sich "für nichts zu schade". Heatleys Präsenz hat auch für Reimer einen angenehmen Nebeneffekt: Er steht nicht mehr so im Fokus - und er genießt das. "Ich finde es schön, dass sich jetzt auch viel auf andere Leute verlagert", sagt er.

Die Hierarchie im Ice-Tigers-Team hat aber auch Heatley nicht auf den Kopf gestellt. "Reino (Steven Reinprecht, Anm. d. Red.) hat gleich am ersten Tag, als klar war, dass Dany kommt, zu mir gesagt: ,Ich will weiter mit dir spielen.' Er hat schon Angst gehabt, dass ich da vielleicht beleidigt sein könnte", erzählt Reimer schmunzelnd. Reinprecht kannte Heatley ja bestens aus NHL-Zeiten.

Reinprecht, Reimer und Yasin Ehliz bilden weiterhin eine der besten, wenn nicht die beste Angriffsreihe der Liga, trotz Reinprechts Verletzungspause in den ersten sechs Spielen hat das Trio zusammen elf Tore erzielt. Und kein anderer DEL-Spieler hat in den ersten zwölf Spielen mehr Scorerpunkte gesammelt als Reimer (14).

All diese Faktoren stimmen ihn zuversichtlich. Er sei "absolut überzeugt, dass wir dieses Jahr ganz weit kommen können", betont er und blickt bereits weit in die Zukunft: Dieses Team in den Playoffs zu sehen, werde "sehr interessant". Mit der Verpflichtung von Verteidiger Sasa Martinovic, der vergangene Woche kurzfristig aus Zagreb geholt und mit einem vierwöchigen Vertrag ausgestattet worden ist, bewiesen die Ice Tigers einmal mehr, dass der Klub keine Mühen scheut, die Mannschaft schon in der ersten Saisonphase personell sehr breit aufzustellen - quantitativ und qualitativ, was auch die zehn von maximal elf zu vergebenen Ausländerlizenzen, die bereits gezogen wurden, belegen.

Der Klub wittere laut Reimer "die Chance, dass in diesem Jahr vielleicht etwas gehen könnte". Das Potenzial dafür ist jedenfalls da: Wenn die Mannschaft, die am Wochenende in Krefeld (Freitag) und zu Hause gegen Iserlohn (Sonntag) antritt, die richtigen Lehren aus dem missglückten Schwenningen-Spiel zieht, könnte es bald wieder Nürnberger Eishockey-Festwochen geben.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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