Eishockey:Fünf Minuten Horror

Lesezeit: 3 min

Meistens einen Schritt hinterher: Der EHC München um Torschütze Florian Kettemer (rechts) war den Nürnberg Ice Tigers deutlich unterlegen. (Foto: imago/Zink)

Erneut verschläft der EHC München die erste halbe Stunde - und verliert dann prompt auch in Nürnberg gegen starke Ice Tigers.

Von Christian Bernhard

Der vergangene Freitagabend war beim EHC München der Tag der klaren Worte. Die Münchner hatten soeben in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) in der eigenen Halle 3:4 nach Penaltyschießen gegen die Augsburger Panther verloren, als ihr Trainer Don Jackson sich bei den Fans für den lange Zeit "mangelnden Einsatz" seiner Mannschaft entschuldigte. 0:3 lag seine Mannschaft nach 33 Minuten zurück, Mads Christensen, der mit seinem Treffer zum 1:3 nur 15 Sekunden nach Augsburgs 3:0 Münchens Aufholjagd einleitete, brachte es auf den Punkt, als er sagte: "In den ersten 30 Minuten waren wir nicht da". Am Sonntag in Nürnberg, so Münchens Fazit, müsse man von Beginn an so spielen wie zum Ende der Partie gegen Augsburg.

Als am Sonntag 30 Minuten gespielt waren, stand es in Nürnberg 4:0. Und zwar nicht für München.

An eine Aufholjagd wie gegen Augsburg war diesmal aber nicht zu denken. Zu stark waren die Nürnberg Ice Tigers, die sich durch den 4:1-Sieg (1:0, 3:0, 0:1) die Tabellenführung in der DEL zurückholten. Die "Und so spielt man Eishockey"-Gesänge hatten ihre Berechtigung.

Den Einstieg ins Derby-Wochenende hatten beide Mannschaften verpatzt. Nürnberg war am Freitag in Straubing erstmals in dieser Saison torlos geblieben und hatte nach zuvor sechs Siegen in Serie ein 0:3 kassiert. Dadurch hatten die Franken die Tabellenführung an Straubing verloren - allerdings nur zwischenzeitlich, wie sich am Sonntag zeigte. Der EHC musste wie am Freitag ohne die verletzten Nationalspieler Frank Mauer und Yannic Seidenberg sowie Matt Smaby und Jeremy Dehner auskommen. John Rogl kam so in der Verteidigung zu seinem zweiten DEL-Spiel in Serie. Bei Nürnberg fehlten neben dem langzeitverletzten Ex-Münchner Jochen Reimer Marco Nowak (leichte Gehirnerschütterung) und Brandon Segal (überzähliger Ausländer).

Nürnberg war zu Beginn die klar spielbestimmende Mannschaft. Schon nach 34 Sekunden gab Leo Pföderl den ersten gefährlichen Schuss ab, dem im Auftaktdrittel zahlreiche weitere folgen sollten. Die Franken waren aggressiver und zogen immer wieder entschlossen vors Münchner Tor. EHC-Torhüter Danny aus den Birken hatte alle Hände voll zu tun, Matt Murley (4.), Dany Heatley (6.) und erneut Pföderl (7.) sorgten dafür, dass ihm nicht langweilig wurde. Als die Ice Tigers bei einem Drei-auf-Eins-Konter vor aus den Birken auftauchten, konnte er nichts mehr machen, denn sein Verteidiger Daryl Boyle lenkte die Scheibe ins eigene Tor ab. Da es im Eishockey keine Eigentore gibt, ging der Treffer an Matt Murley, der den Querpass gespielt hatte. Die völlig verdiente Nürnberger Führung weckte die Münchner kurzzeitig aus ihrer Lethargie, die Abschlüsse der Gäste waren aber zu unpräzise. Dazu kam die eklatante Schwäche in Überzahl: Nachdem Nürnbergs Verteidiger David Printz für seinen Check gegen Uli Maurers Kopf in der neutralen Zone eine Spieldauerdisziplinarstrafe bekommen hatte (13.), war der EHC knapp sechseinhalb Minuten am Stück in Überzahl - ohne Erfolg. Immer wieder brandete in der Nürnberger Eishalle Jubel auf, weil sich die Ice Tigers relativ souverän befreien konnten. Die beste (und beinahe einzige) EHC-Chance vergab Boyle, als er freistehend an Andreas Jenike im Nürnberger Tor scheiterte (18.).

Der Beginn des Mitteldrittels machte aber schnell klar, wer Herr im Hause war. Nach wenigen Sekunden war Steven Reinprecht zentral auf und davon, legte aber quer statt zu schießen. Im Gegenzug hatte Jason Jaffray die Chance zum Ausgleich, sein Schuss landete aber in der Fanghand von Andreas Jenike (22.). Ein Signal? Mitnichten! Was folgte, waren aus Münchner Sicht fünf Horror-Minuten. Erst traf Derek Joslin in Überzahl (26.), dann legte Reimer wunderbar auf Reinprecht quer, sodass dieser nur noch den Schläger zum 3:0 hinhalten musste (27.), dann fälschte Reinprecht die Scheibe aus der Luft zum 4:0 ins Tor (30.). Die Partie war frühzeitig entschieden, München kam nun zu Chancen, da Nürnberg nicht mehr so aufs Tempo drücken musste. Jenike machte aber eine gute Partie und wurde erst im Schlussdrittel von Florian Kettemer bezwungen (46.). An der dritten Münchner Derbyniederlage in dieser Saison änderte dieser Treffer nichts. Nun werden wohl noch deutlichere Worte folgen.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: