Eishockey:Ende einer Achterbahnfahrt

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Nach einer turbulenten Hauptrunde spielt der ERC Ingolstadt in den Playoffs der DEL gegen Titelfavoriten Mannheim, die Ice Tigers Nürnberg spielen gegen Köln.

Von Christian Bernhard

Eigentlich hatten sie nach dem Stress der vergangenen Tage frei, doch für dieses spezielle Buch haben sie dann doch eine Ausnahme gemacht. Patrick Reimer, Yasin Ehliz und Leo Pföderl - die drei Olympioniken der Nürnberg Ice Tigers - zogen sich am Montag noch einmal ihre orangefarbenen Deutschland-Pullover von den Winterspielen an, hängten sich ihre in Pyeongchang gewonnenen Silbermedaillen um und lauschten den Worten von Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly. "Sollen wir mit Nummer machen?", fragte Reimer, dann setzte er seine Unterschrift in das Goldene Buch der Stadt Nürnberg.

Tags zuvor hatten die Ice Tigers die Hauptrunde der Deutschen Eishockey Liga (DEL) mit einem 7:4-Heimsieg gegen die Straubing Tigers beendet. Ehliz und Pföderl erzielten dabei je ein Tor, Kapitän Reimer pausierte. Die Franken stehen damit auf Rang drei und bekommen es im Playoff-Viertelfinale, das am 14. März beginnt, mit den Kölner Haien zu tun. Drei der vier Hauptrundenspiele konnten sie gegen Köln gewinnen. Verteidiger Oliver Mebus hob hervor, dass durch den Sieg gegen Straubing die magische 100-Punkte-Marke geknackt worden sei, "was auf eine sehr sehr gute Vorrunde schließen lässt". Sein Trainer Rob Wilson schloss sich dieser Einschätzung an: "Ich bin stolz auf die Jungs, wir hatten eine gute Hauptrunde." Zum zweiten Mal in Serie 100 Punkte erreicht zu haben, sei ziemlich schwer.

Ingolstadts Bester: Mit 17 Toren ist Thomas Greilinger der erfolgreichste Torschütze des ERC und soll auch in den Playoffs möglichst oft treffen. (Foto: imago/Eibner)

Obwohl die Franken in der letzten Saisonphase etwas schwächelten - vier der letzten acht Partien endeten mit Niederlagen - und dadurch die vorzeitige Qualifikation für die Champions Hockey League verpassten, nimmt Wilson "viel Positives" mit in die Playoffs: "Darauf wollen wir aufbauen." Die Kölner lobte Wilson in typischer Trainermanier als "außergewöhnlich talentiertes Team", er rechnet mit einem Kampf und einer "wahrscheinlich langen Serie". "Na ja", sagte Ehliz den Nürnberger Nachrichten eher nüchtern, jedes Spiel sei schwer. "Dann müssen wir halt die Kölner wegschießen."

Dem ERC Ingolstadt gelang das am Sonntag nicht, er verabschiedete sich mit einer 0:1-Heimniederlage gegen die Haie aus der Hauptrunde. Das änderte aber nichts daran, dass sich die Oberbayern in den vergangenen Wochen zu einer der gefürchtetsten Mannschaften der Liga entwickelt haben. "Man konnte phasenweise fühlen, dass Ingolstadt in den letzten Wochen das heißeste Team der Liga war", betonte Kölns Trainer Peter Draisaitl. "Wir hatten alle Hände voll zu tun, das zu handeln." Ein Blick auf die Tabelle des Jahres 2018 untermauert Draisaitls Einschätzung: In den 15 Spielen seit dem Jahreswechsel hat nur Meister und Hauptrunden-Sieger München mehr Punkte geholt (30) als der ERC (29).

Nürnbergs Bester: Leo Pföderl hat in der Hauptrunde 23 Mal für die Ice Tigers getroffen und ist seit Ende Februar zudem Olympia-Silbermedaillengewinner. (Foto: imago/Zink)

Der beeindruckende Endspurt hat viel mit Trainer Doug Shedden und dem herausragenden Verteidiger Ville Koistinen zu tun. Beide waren zum Jahreswechsel nach Ingolstadt gekommen - und sind maßgeblich am Sprung auf Rang vier beteiligt. Damit treffen die Oberbayern im Viertelfinale auf die Adler Mannheim. Es ist die Neuauflage des Endspiels von 2015, das die Mannheimer für sich entschieden. Wenn dem ERC vor nicht all zu langer Zeit Platz vier in Aussicht gestellt worden wäre, "hätte das jeder unterschrieben", sagte Stürmer Thomas Greilinger, der 17 Treffer erzielte und zusammen mit Darin Olver und Mike Collins erfolgreichster Ingolstädter Torschütze war. Nach zuletzt zwei Pre-Playoff-Teilnahmen, die beide mit einem unerwarteten und bitteren Ausscheiden endeten, sei die Erleichterung über die direkte Viertelfinal-Qualifikation "im ganzen Verein" groß, erklärte der 36-Jährige. Greilinger verhehlte aber auch nicht, dass die Hauptrunde eine Achterbahnfahrt gewesen sei. "Wir haben mittlerweile den dritten Trainer, Spieler sind gegangen und gekommen. Das war schon sehr chaotisch, muss man ganz ehrlich sagen."

Fakt ist, dass die Ingolstädter trotz des namhaften Viertelfinal-Gegners voller Selbstvertrauen in die Playoffs gehen. "Mannheim war schon gut, aber nicht so, dass man sagt: Wow, Übermacht", erklärte Stürmer Laurin Braun. Greilinger hingegen verwies darauf, dass die Adler vor der Saison einer der Favoriten auf den Titel waren. "Das wird nicht einfach", sagte er, "sie haben sich in den letzten Wochen anscheinend gefangen." Und wie: Zwölf Spieltage vor Ende der Hauptrunde waren die Mannheimer noch Zwölfter, dank dreier Siege in den drei Spielen nach der Olympia-Pause kletterten sie vergangene Woche noch von Rang neun auf Platz fünf.

All das interessierte Greilinger nicht, er sieht keine Mannschaft im Vorteil. Es komme auf die Tagesform an, betonte er: "Der einzige Favorit für mich ist München, der Rest ist auf einem Level." Anders als die Ingolstädter und die Ice Tigers kennen die Münchner, das dritte bayerische Team im Viertelfinale, ihren Gegner noch nicht. Er wird in dieser Woche in den Pre-Playoffs ermittelt.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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