Eishockey:Ein Abend, zwei Verträge

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Auch nach dem Halbfinal-Einzug eine geschlossene Mannschaftsleistung: Die Kölner Haie bejubeln ihren Erfolg. (Foto: Bernd König/imago)

Die Kölner Haie stehen im Playoff-Halbfinale - und am meisten überrascht hat das offenbar ihren Hallenbetreiber. Der hat die Arena schon für ein Handball-Länderspiel vermietet. Entsprechend groß ist jetzt der Ärger.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Als Europameister sollten die deutschen Handballer am Freitag eigentlich in jener Arena in Köln spielen, in der sie 2007 mit dem Gewinn des Weltmeistertitels ihren größten Triumph gefeiert hatten. Doch das seit einem Monat terminierte Testspiel gegen Dänemark war in akuter Gefahr, beinahe wäre es sogar einer höchst kuriosen Doppelbelegung zum Opfer gefallen. Doch nach diversen Verhandlungsrunden, die sich über den kompletten Dienstag zogen, fanden alle Parteien noch zu einer salomonischen Lösung: Das Handballspiel wird doch in Köln stattfinden - allerdings erst am Samstag. Am ursprünglich reservierten Freitagabend wird jetzt Eishockey gespielt. Die Kölner Haie starten um 19.30 Uhr ihr Halbfinalspiel gegen den EHC München. Dann wird blitzschnell abgetaut. Denn am Samstag sind - am selben Ort - die Handballer um 15.45 Uhr (live bei Sport1) gegen Dänemark dran. Vorausgegangen war ein kurioser Termin-Konflikt, wie ihn der deutsche Sport selten erlebt hatte. Denn zumindest den Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher muss der Erfolg seiner Stammkunden, der Kölner Haie, überrascht haben. Hatte er doch das Länderspiel der Handballer just auf jenen Abend gebucht, an dem die Haie nun ihr Heimspiel gegen den EHC München austragen werden. Europameister zu sein - dieses Privileg schien den Handballern bei der Lösung des Problems zunächst nicht zu helfen. Es war eine organisatorische und juristische Gratwanderung. Und es ging um viel Geld. Diskutiert wurde sogar die Lösung, dass die Handballer nach Düsseldorf ausweichen sollten. Schon am Dienstagmorgen hatten die Verantwortlichen vom EHC München die Flüge nach Köln und zurück bereits gebucht, da gab es dort noch längst keine offizielle Lösung. Aber so lange wollten die Münchner nicht warten. Sie verließen sich zudem auf eine Bestätigung vom Montagabend, in der die Haie zugesagt hatten, dass das zweite Spiel in der Playoff-Halbfinalserie am Freitag ausgetragen werde. Die Haie waren sich ihrer Sache also ziemlich früh ziemlich sicher. Man kann sich vorstellen, dass der Hallenmanager Löcher am Ostermontag um 16.55 Uhr einen Schweißausbruch bekam. Denn in jenem Augenblick hatten die Haie ihr siebtes Viertelfinalspiel bei den Berliner Eisbären mit 3:2 gewonnen. Damit stand fest, dass sie am Freitag ihr Heimspiel austragen müssen. An diesem Mittwoch wird in München bereits Spiel eins gespielt, am Sonntag Spiel drei. Es gab keinen Ausweichtermin für Spiel zwei. Am 31. Januar waren die Handballer in Krakau durch ein 24:17 gegen Spanien Europameister geworden. Ende Februar wurde der Härtetest gegen die Dänen auf den 1. April terminiert. Erst am 16. März soll der Vertrag zwischen Arena und Handball-Bund unterzeichnet worden sein. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Haie aber bereits für die Playoff-Viertelfinalserie qualifiziert und das erste Spiel in Berlin mit 3:0 gewonnen. Schon da hätte klar sein können, dass ein Terminchaos droht. Löcher, seit sechs Jahren für die größte deutsche Veranstaltungshalle (bis zu 19 500 Zuschauer) zuständig, gab im Verlauf des Verfahrens zu, man sei allein für diese Doppelbelegung verantwortlich. Er musste sich deshalb vom Vizepräsidenten des Deutschen Handball-Bunds herbe Kritik gefallen lassen: "Ich bin schockiert von der Unprofessionalität der Arena-Betreiber", schimpfte Bob Hanning.

Terminkollisionen sind kein Einzelfall: Auch Flensburg und Magdeburg sind betroffen

Terminkollisionen sind dieser Tage überhaupt ein Problem im Handball, weil auch an anderer Stellen mies koordiniert wurde. So wartet die SG Flensburg-Handewitt täglich auf Nachricht von der Europäischen Handball-Föderation, wann ihr Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League bei Polens Meister KS Kielce ausgetragen wird. Als Rahmen für die Terminierung gilt der Zeitraum vom 27. April bis zum 1. Mai, allerdings findet am Wochenende des 30. April/1. Mai in Hamburg das Pokal-Final-Four statt, bei dem die Flensburger samstags das Halbfinale gegen die Rhein-Neckar-Löwen bestreiten. Diese beiden Tage kommen für das Champions-League-Spiel in Kielce mithin nicht in Frage, und auch die beiden Tage zuvor wären wegen der hohen Belastung nahezu unmöglich. Beim EHF-Cup-Teilnehmer SC Magdeburg haben sie zwar das gleiche Problem (Pokal-Halbfinale am 30. April gegen den Bergischen HC), aber auch das Glück, dass sie im Viertelfinal-Rückspiel gegen FA Göppingen Heimrecht genießen und dieses Spiel fest auf den 27. April terminieren konnten.

Merke: Selbst einem Europameister öffnet sich nicht jede Tür. Und manchmal wird sie sogar schlagartig geschlossen.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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