Eishockey:Allheilmittel gefunden

Lesezeit: 3 min

Sonntägliche Beschäftigung: Augsburgs Torhüter Jonathan Boutin wehrte mehr als 30 Schüsse ab – so wie im Bild den vom Münchner Brooks Macek. (Foto: Markus Fischer/imago)

Der EHC München gewinnt das Derby gegen Augsburg 5:2. Die Überlegenheit des Meisters war so groß, dass er alle vier Augsburger Überzahlspiele überstand.

Von Christian Bernhard

Den Moment, in dem sich die Tür zur eigenen Strafbank öffnet, mag kein Eishockey-Trainer. Zu oft macht das Überzahlspiel auf dem Eis den Unterschied aus, zu oft entscheidet es, ob die Trainer nach einem Spiel einen Sieg besprechen dürfen oder eine Niederlage kommentieren müssen. Spielt man gegen die Augsburger Panther, bekommt diese Situation eine noch größere Bedeutung. Die Schwaben, die letzte Saison schon das zweitbeste Überzahlspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL) hatten, sind immer dann am gefährlichsten, wenn sie ihre Powerplay-Formationen aufs Eis schicken können. Zehnmal hatte das vor dem achten DEL-Spieltag schon funktioniert, kein Team war öfter erfolgreich.

Augsburgs Trainer Mark Stewart will nicht zu viel zu der große Stärke seiner Mannschaft erzählen. Nur so viel: "Wir haben das richtige Personal", sagte er der Fachzeitschrift Eishockey News, jede der beiden Überzahlformationen verfüge über "intelligente und talentierte" Spieler. Das AEV-Überzahlspiel, das Iserlohns Trainer Jari Pasanen als "Waffe" bezeichnet, sei so gut, dass man es nicht komplett ausschalten könne, betonte Ingolstadts Sportdirektor Larry Mitchell, der die Schwaben sieben Jahre lang trainiert hat. Ein "Allheilmittel" dagegen gebe es nicht.

Augsburg erlebt sein erstes Null- Punkte-Wochenende der Saison

Selbst der EHC Red Bull München, der Meister der vergangenen zwei Spielzeiten, verfügt dem Vernehmen nach nicht über ein solches, aber er hat seinen Erfolg der vergangenen Jahre auf einem großartigen, aggressiven Unterzahlspiel aufgebaut. Das demonstrierte er am Sonntagnachmittag eindrucksvoll. 5:2 (0:1, 4:0, 1:1) gewann er das Derby gegen die Augsburger und überstand alle vier Augsburger Überzahlspiele schadlos, 49 Sekunden sogar bei Drei gegen Fünf. Damit gewannen die Münchner auch das fünfte der vergangenen sechs Heim-Derbys gegen die Panther und bescherten den Augsburgern, die vier ihrer letzten fünf Spiele verloren haben, ihr erstes Null-Punkte-Wochenende der Saison. Münchens Torhüter David Leggio hingegen feierte seinen vierten Sieg in Serie.

"Es ist eine Frage der Ehre", hatte Münchens Stadionsprecher Stefan Schneider vor Spielbeginn verkündet, das Derby genießt in Augsburg und München einen hohen Stellenwert. Beide Teams hatten die Generalprobe für das "Riesen-Derby", wie Ur-Bayer Konrad Abeltshauser es bezeichnete, verpatzt. Meister München hatte am Freitag 4:6 in Düsseldorf verloren, die Augsburger mussten sich dem Tabellenletzten Iserlohn 2:4 geschlagen geben. Panther-Trainer Mike Stewart wählte einen bayerischen Ausdruck, um die Leistung seiner Mannschaft gegen Iserlohn zu beschreiben: "Potschert" habe sie sich verhalten. Ungeschickt.

Das galt auch für das Augsburger Mitteldrittel in München. Die Gäste waren dank des Treffers von David Stieler (15.) mit einem 1:0-Vorsprung aus der ersten Pause gekommen, doch als sie das zweite Mal in die Kabine gingen, lagen sie mit drei Toren zurück. Steve Pinizzotto, der im Schlussdrittel auch noch einen Penalty verschoss, hatte den EHC mit einem Doppelpack in Führung gebracht (23., 29.), 42 Sekunden nach dem zweiten Treffer erhöhte Derek Joslin nach schönem Zuspiel von Yannic Seidenberg auf 3:1 (30.) und in Minute 34 sorgte Frank Mauer mit einem platzierten Schuss für das 4:1. "München hat die Chancen gut genützt", sagte AEV-Kapitän Steffen Tölzer nach dem enttäuschenden zweiten Drittel, das wohl anders verlaufen wäre, wenn Michael Davies' Alleingang beim Stand von 1:1 nicht an der Querlatte, sondern im Tor geendet wäre.

Schon in der sechsten Spielminute hatte sich erstmals die Tür zur Münchner Strafbank geöffnet, Florian Kettemer musste Platz nehmen. Als sich nur 71 Sekunden später auch noch Mads Christensen zu ihm gesellte, schien alles für die Augsburger angerichtet. Doch das Schwaben-Powerplay war am Sonntag nicht von Erfolg gekrönt. "Vielleicht hatten wir zu viel Selbstvertrauen", mutmaßte Gäste-Trainer Stewart nach der Niederlage gegen Iserlohn. "Wille und Biss, das ist das, was ich verlange. Davon habe ich heute zu wenig gesehen." Im Mitteldrittel in München fehlte das auch. Daniel Schmölz' Treffer nach einem Alleingang im Schlussdrittel (51.) brachte die Schwaben noch einmal heran, mehr war aber nicht mehr drin. Im Gegenteil: Münchens Kapitän Wolf sorgte in Minute 58 mit einer harten und präzisen Direktabnahme für den 5:2-Endstand. Das Tor fiel: in Überzahl.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: