Einzelkritik: Argentinien:Ein Kind unter Türstehern

Nach einem Testspiel in München hieß es, deutsche Schuljungen hätten gegen argentinische Männer gespielt. Deshalb: der Männertest gegen Nigeria. Argentiniens Spieler in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

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Nach einem Testspiel in München hieß es, deutsche Schuljungen hätten gegen argentinische Männer gespielt. Deshalb: der Männertest gegen Nigeria. Argentiniens Spieler in der Einzelkritik. Diego Maradona Gekleidet wie ein seriöser Business-Mann: im grauen Anzug. Diego Maradona bei einer WM im seriösen grauen Anzug! Wer hätte das vor vier Jahren noch geglaubt, als der gleiche Maradona im argentinischen Trikot die Vip-Logen deutscher Stadien in Aufruhr versetzte. Weil ihn ein Hund ins Gesicht gebissen hat, trägt er inzwischen auch einen grauen Bart. Stand mit zumeist verschränkten Armen am Rande seiner Coaching-Zone, wodurch sich der Anzug spannte wie ein überfüllter Müllbeutel.

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Sergio Romero Bestritt den Männertest erfolgreich, als er in der ersten Halbzeit einen Abschlag über alle Spieler hinwegknallte, dass der Ball im nigerianischen Toraus landete. Musste im ganzen Spiel keinen Ball halten und hatte nur einmal Glück beim Schuss von Taye Taiwo, der Zentimeter am Tor vorbeistrich.

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Gabriel Heinze Sein Tor geriet zum größten Triumph für Diego Maradona an diesem Abend. Vielleicht sogar dessen Lebens: Gabriel Heinze hat es im Namen seines Trainers allen Kritikern, namentlich von der nervigen Presse, heimgezahlt. Die behaupten nämlich unverfroren, Heinze spiele nur im Team, weil dessen Bruder Diego Maradona vermarktet. Und dann köpft ausgerechnet dieser Heinze nach sechs Minuten den Ball ins Tor. Maradona wollte Heinze beim Torjubel herzen, ihn abknutschen, doch der 32-Jährige hörte ihn nicht. Zwischen den beiden könnte eine echte Männerliebe entstehen.

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Walter Samuel Der Mann unter den Männern. Spitzname: die Mauer. Besitzt die Schultern eines Türstehers und manchmal machte es den Eindruck, als würde er die nigerianischen Stürmer allein mit einem "no" aus dem Strafraum weisen. Und wenn sie doch reinliefen, prallten sie mitunter einfach an Samuel ab. Wie, ja, wie an einer Mauer.

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Martin Demichelis Zeigte gleich zu Beginn den aus München bekannten ausladenden Rückwärtslauf. Das Rückwärtslaufen ist nicht unbedingt als ausgesprochener Männersport bekannt. Hat noch dazu den Nachteil, dass man neben Walter Samuel in der Männlichkeitsskala nur abfallen kann. Ihn wegen seiner langen Haare aber ein "Mädchen" zur rufen, würde doch zu weit führen. Reihte sich erfolgreich ein in einen grimmig männlichen Abwehrverbund.

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Jonas Gutierrez Hat die Schultern eines Türstehers, der Walter Samuel in den Schatten stellen könnte. Wirkt mit seinen langen Haaren, seinem unheimlich trainierten Oberkörper eher wie ein Catcher als ein Rechtsverteidiger. Geht deshalb einwandfrei als Mann durch. Das bewahrte ihn allerdings nicht, vom Hoffenheimer Obasi einige Male ordentlich versetzt zu werden. Schwachpunkt in der Abwehr.

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Javier Mascherano Wirkt nicht ganz so breitschultrig wie Samuel oder gar Gutierrez. Im punkto grimmigen Zweikampf macht ihn dennoch niemand etwas vor. Der derzeit wohl beste Zerstörer im defensiven Mittelfeld in der Fußballwelt, und wenn Zerstören eine männliche Eigenschaft ist, dann ist der Profi vom FC Liverpool der beste Mann im defensiven Mittelfeld.

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Sebastian Veron Für seinen Trainer neben Heinze der Mann des Tages, weil er bei einem Befreiungsschlag den vierten Schiedsrichter aus Saudi Arabien in dessen Glashütte neben dem Spielfeld traf. Von dort aus maßregelte Herr Al Ghamdi Senor Maradona mehrmals, er solle doch bitte in seiner Coachingzone bleiben. Schoss die Ecke zum 1:0, sonst aber eher ein unauffälliger Auftritt des 35-jährigen Strategen im zentralen Mittelfeld. Zerstörte viel (siehe Mascherano) nach vorne aber mit zu wenig Einfluss. Wurde als erster Argentinier nach 70 Minuten ausgewechselt.

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Angel di Maria Wirkt manchmal, als würde er das Starensemble der Argentinier auffüllen. Irgendjemand muss halt im linken Mittelfeld spielen und da nehmen wir eben Angel di Maria von Benfica Lissabon. Der 22-Järhige würde mit seinem Alter und angesichts seiner etwas schüchternen Statur gut zu Joachim Löws Schulbuben-Auswahl passen. Blieb unauffällig, vielleicht wollten ihm die Männer einfach keinen Ball geben.

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Lionel Messi Das Kind in der argentinischen Auswahl. 1,70 Meter groß, flink wie ein 13-Jähriger und verspielt wie ein Fünfjähriger im Sandkasten. Bekommt von Maradona alle Freiheiten, so wie sie früher der Spieler Maradona immer genossen hat. Mit einer Mauer aus Männern im Rücken lässt es sich auch schön spielen, und so spielte Lionel Messi, wie ein Lionel Messi eben spielen kann: Er überlief bisweilen drei, vier Nigerianer in einer Windeseile, passte genial auf seine Mitspieler oder zielte selbst Richtung Kreuzeck. Die Pässe landete leider zu häufig bei Gonzalo Higuain (siehe Gonzalo Higuain) oder an den Fingern von Vincent Enyeama. Der Torwart der Nigerianer kratzte überraschenderweise einige von Messis Schüssen aus dem angepeilten Kreuzeck. Messi versuchte es immer weiter, wie ein Kind eben. Doch es klappte einfach nicht.

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(Foto: afp)

Carlos Tevez Zwar nur drei Zentimeter größer als das Kind Messi und dennoch der Mann im argentinischen Sturm. Mit der Statur eines Pitbull-Terriers ausgestattet. Nutzte seine Durchsetzungskraft am rechten Flügel allerdings viel zu selten. Musste einsehen, dass auch die nigerianische Abwehr mit stämmigen Mannsbildern besetzt ist.

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(Foto: rtr)

Gonzalo Higuain Wenn das Toreschießen Männersache ist, dann muss Gonzalo Higuain nach diesem Spiel zurück auf die Schulbank. Der Stürmer von Real Madrid profitierte mehrfach von den idealen Zuspielen von Lionel Messi, konnte den Ball aber nicht über die Linie schubsen. Vielleicht lag es daran, dass Messi beim Rivalen Barcelona spielt? Leider kann das nicht als Entschuldigung gelten, die Zuspiele waren einfach zu ideal.

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Maxi Rodriguez (im Bild) Hat seine Fußball-Mannwerdung längst hinter sich: Durch sein umwerfend schönes Tor in der Verlängerung vor vier Jahren im Achtelfinale gegen Mexiko. Braucht sich deshalb nicht mehr zu beweisen und kam spät. Diego Milito Hat seine Fußball-Mannwerdung längst hinter sich: Mit seinen für den FC Bayern schrecklichen zwei Toren im Champions-League-Finale in Madrid für Inter Mailand. Braucht sich deshalb nicht mehr zu beweisen und kam spät. Nicolas Burdisso Wäre fast mit dem AS Rom italienischer Meister geworden. Braucht sich deshalb nicht mehr zu beweisen und kam spät.

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(Foto: getty)

Wolfgang Stark Ein Spiel mit dem Trainer Diego Maradona zu leiten, ist für keinen Schiedsrichter der Welt ein Vergnügen. Maradona beschwert sich über jeden Pfiff, gestikuliert, schimpft. Zumindest Letzteres war im Ellis Park diesmal kein Problem. Die Zuschauer machten einen derartigen Lärm, dass auch der durchaus voluminöse Maradona mit seiner Stimme nicht bis zu Stark durchdrang. Selbst, als die Zwei einmal nur drei Meter voneinander entfernt standen. Der Landshuter war vielleicht deshalb ein sehr souveräner Leiter eines allerdings für einen Schiedsrichter dankbar unkomplizierten Spiels.

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