Wunderpferd Totilas:Lackschwarzes Sorgenkind

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Matthias Rath kämpft mit Totilas um die EM-Teilnahme. (Foto: dpa)
  • Reiter Matthias Rath und sein Pferd Totilas starten einen letzten gemeinsamen Versuch auf Erfolg beim CDIO in Hagen.
  • Bundestrainerin Monica Theodorescu plant mit dem Hengst für die Heim-EM in Aachen, doch letztlich müssen Tiermediziner über weitere Einsätze des verletzungsanfälligen Hengstes entscheiden.

Von Gabriele Pochhammer

Der Zauber ist noch nicht verflogen. Auch ein Jahr, nachdem Totilas von der Bühne der Dressur verschwand, sorgt allein die Ankündigung von einem Comeback des lackschwarzen "Wunderhengstes" für einen Hype bei seinen Fans. So sehr, dass Ullrich Kasselmann, der Veranstalter des Offiziellen Dressurturniers (CDIO) in Hagen am Teutoburger Wald, vorsorglich zusätzliche Tribünen errichten ließ.

An diesem Wochenende werden der 15-jährige Hengst und sein Reiter Matthias Rath versuchen, sich noch für die Europameisterschaft in Aachen Mitte August zu qualifizieren. Hagen ist der letzte Versuch für das Paar.

Bei der deutschen Meisterschaft in Balve war Totilas noch krank geschrieben. Zwar sei er auf einem guten Weg, sagte damals Bundestrainerin Monica Theodorescu, aber ein Turniereinsatz sei noch zu früh. Ein Überbein, dass sich Totilas im Trainingslager für die WM 2014 zugezogen haben soll, war der Grund für die lange Auszeit. Inzwischen ist er wieder fit und zeigte sich bei einem ersten Probestart im niederländischen Hullen in guter Form. Nur rund 40 Zuschauer kamen in den unerwarteten Genuss des Auftritts. Totilas ging ordentlich, aber nicht überragend.

Beim letzten Auftritt schlug Totilas die Olympiasiegerin

In Hagen wird es jetzt ernst. Die tierärztliche Verfassungsprüfung hat Totilas bereits bestanden. Er muss in zwei Prüfungen starten, dem Grand Prix am Freitagnachmittag und entweder in der Kür am Samstag oder dem Grand Prix Special am Sonntag. Er gehört nicht zum offiziellen deutschen Team, das am Donnerstag im CDIO-Grand Prix souverän den Nationenpreis gewann.

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Nächste Zwangspause für Totilas: Bei einem Deckeinsatz verdreht sich der Hengst das Knie, Reiter Matthias Rath muss mit dem Training aussetzen. Wann das Dressurpferd in den Sport zurückkehren kann, ist ungewiss.

Er geht in dem nicht zum CDIO gehörenden Grand Prix an den Start, die Konkurrenz hier ist nicht allzu stark, er ist Favorit. Wenn er keine groben Schnitzer einbaut, wird er mehr als 80 Prozentpunkte bekommen, da fängt die Weltelite an. Bei seinem vorläufig letzten Auftritt in Aachen 2014 gewann er Grand Prix und Special - die Kür wurde ihm erlassen - und ließ nicht nur die deutsche Elite, sondern auch die Olympiasiegerin Charlotte Dujardin auf Valegro hinter sich.

Auch wenn Matthias Rath mit dem Rappen nicht annähernd die Erfolge erzielte, mit denen der vorherige Reiter, der Niederländer Edward Gal, die Legende Totilas erschuf, bleibt er ein sicherer Punktesammler für den deutschen Teamerfolg. Und das ist, was zählt, für Monica Theodorescu. Die Entscheidung, ob er in Aachen dabei sein kann, trifft am Ende der Tierarzt. Hält er? Wenigstens für den Grand Prix, die Team-EM? "Er ist nun mal unser Sorgenkind, was die Gesundheit angeht", sagt Theodorescu.

Bei der EM 2009 in Windsor sorgte Edward Gal mit dem damals Neunjährigen für Sensationen. Die gewaltigen Bewegungen des Pferdes, vor allem sein im Trabe exaltiert nach vorne geworfenes Vorderbein, seine fantastischen Piaffen und Pirouetten machten Furore. So was hatte die Dressurwelt noch nicht gesehen.

Schockemöhle zahlte wohl zehn Millionen Euro für Totilas

Doch schon damals stellte sich nicht nur Paul Schockemöhle, dreifacher Europameister, Pferdezüchter und Luxuspferdehändler, die Frage, wie strapaziös diese aufwändigen Bewegungen wohl für den Bewegungsapparat des Pferdes sein mögen. "Ich würde dem Reiter raten, nicht so oft zu starten", sagte er damals. Anderthalb Jahre später, nachdem die WM in Kentucky 2010 Gal drei Goldmedaillen eingebracht hatte, stand Totilas bei Schockemöhle im Stall.

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Totilas ist der anrührendste Tänzer in der Geschichte des Dressursports. Doch seit Monaten hört man über ihn nur noch Unglücks-Geschichten. Für seine Fans ist Totilas unsichtbar geworden. Diesmal ist offenbar ein Unfall beim Entsamen der Grund.

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Zehn Millionen Euro soll er gekostet haben, die Sportrechte verkaufte Schockemöhle ("Es ist eben ein besonderes Pferd. Deshalb habe ich damals auch die verrückte Summe bezahlt") an Ann-Kathrin Linsenhoff, Raths Stiefmutter. Bald gab es bald reiterliche Probleme und gesundheitliche. Zunächst verpasste Rath wegen des Pfeifferschen Drüsenfiebers den Olympiastart 2012. Dann fiel Totilas beim Deckakt vom Phantom, dem Ledergestell, das für die Samengewinnung benutzt wird, und verletzte sich am Knie. Die Saison 2013 war gelaufen und die Saison 2014 wegen des Überbeins beendet, bevor sie richtig begonnen hatte.

Jetzt geht es nicht mehr um Totilas Piaffen und Passagen oder ob er richtig trainiert wird vom umstrittenen Niederländer Sjef Janssen, bei dem er zur Zeit steht. Es geht vor allem darum, ob Totilas gesund genug ist für einen glorreichen Auftritt, noch einmal. Es ist wohl seine letzte Chance.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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