Doping:Alte Kniffe

Lesezeit: 1 min

"Das ist ein gezielter Angriff": Russlands Funktionäre um Sportminister Witali Mutko wehren sich mit den altbekannten Mustern gegen die neuen Doping-Vorwürfe, die eine Dokumentation in der ARD am Mittwoch in die Welt setzte.

Von Johannes Knuth, München

Am Tag danach waren die Beschuldigten schon wieder angriffslustig, die Maschine der Krisen-PR schnurrte prächtig. "Ein gezielter Angriff auf Russland", befand Russlands Sportminister Witali Mutko; er meinte die bereits vierte Dokumentation über systemische Manipulation in Russland, die die ARD am Mittwochabend in die Welt gesetzt hatte. Dass lebenslang gesperrte oder massiv belastete russische Trainer weiterhin Athleten betreuen, versteckt in der Provinz, eskortiert von Polizeiautos, dass externe Dopingkontrolleure vom russischen Geheimdienst eingeschüchtert werden, kurzum, dass der versprochene Umbruch in Russlands Sport und der Leichtathletik auf sich warten lässt - darauf ging Mutko nur bedingt ein. Einer der suspendierten Trainer, Wiktor Tschegin, sei vielleicht von einem Schüler gefragt worden, aber er habe keine offizielle Funktion mehr inne, ganz bestimmt nicht. Und die brisanten E-Mails, wonach sein Sportministerium einen Dopingfall in Russlands erster Liga verschwinden ließ, womöglich, weil es Mutko selbst anordnete? Da schritt der Kreml selbst ein. "Das sind keine überzeugenden Fakten", befand Dmitri Peskow am Donnerstag, der Sprecher von Staatschef Wladimir Putin.

Alles wie gehabt also in einer sportpolitisch einflussreichsten Nationen der Welt: Während der Strom an belastenden Nachrichten nicht abreißt, greifen die Beschuldigten zu den bewährten Kniffen der Krisen-PR: Bloß nicht mit den Fakten beschäftigen, sondern mit den Überbringern der schlechten Nachrichten. Ein bisschen Verschwörungstheorie schadet auch nie. Mutko unterstellte auch dem in die USA geflohenen ehemaligen Anti-Doping-Chef Grigori Rodschenkow persönliche Motive: "Er hasst mich und auch meine Beraterin Natalia Schelanowa, weil sie ihn ständig kritisierte. Und ich habe ihn entlassen", sagte Mutko. Schelanowa wird von Rodschenkow im neuen Film beschuldigt, Proben und Kontrollpläne manipuliert zu haben.

Der Leichtathletik-Weltverband entscheidet 17. Juni, ob der derzeit kollektiv gesperrte russische Verband wieder begnadigt wird. Man treibe die Anti-Doping-Reformen weiter voran und bereite sich auf die Spiele vor, sagte Mutko.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: