DFB-Frauen im WM-Viertelfinale:Eiskalt in der Hitzeschlacht

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Celia Sasic: Zwei Tore gegen Schweden (Foto: AP)
  • Erst fahrlässig, dann dominant: Mit einem 4:1 gegen Schweden ziehen die deutschen Frauen ins WM-Viertelfinale ein.
  • Bundestrainerin Neid befindet: "Das kann ein Schlüsselspiel gewesen sein."
  • Ergebnisse der Fußball-WM der Frauen finden Sie hier.

Von Kathrin Steinbichler, Ottawa

Am Tag vor dem Duell hatten Silvia Neid und Pia Sundhage sich noch im Hotel im Aufzug getroffen. Unfreiwillig, denn eigentlich wollten die beiden Trainerinnen vor dem Achtelfinale ihrer beiden Mannschaft keinen Smalltalk halten. "Das bringt es eben so mit sich, wenn die Fifa uns Frauen bei den Turnieren in ein gemeinsames Hotel steckt", kommentierte Neid die Begegnung. "Ich kenne Pia schon lange und wir mögen uns auch, aber vor so einem Spiel will man sich eigentlich konzentrieren."

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Es ging schließlich nicht nur um den Einzug ins Viertelfinale dieser siebten Frauenfußball-Weltmeisterschaft, sondern auch darum, einen der europäischen Konkurrenten um die Olympiateilnahme auszuschalten. "Es ist gut, dass wir da jetzt die Entscheidung selbst in der Hand haben, die Situation ist uns absolut bewusst", hatte Spielführerin Nadine Angerer vorab versichert. "Wir gehen da raus und wollen zeigen, dass wir uns das auf keinen Fall nehmen lassen wollen." Sie sollte Recht behalten: Die deutschen Frauen stehen nach einem souveränen 4:1-Sieg im WM-Viertelfinale.

Deutschland trifft jetzt am kommenden Freitag im WM-Viertelfinale auf den Sieger des Achtelfinalspiels zwischen Frankreich und England. Innenverteidigerin Saskia Bartusiak wird dann allerdings fehlen. Die 32-Jährige vom 1. FFC Frankfurt ist nach ihrer zweiten gelben Karte für die nächste Partie gesperrt und kann also nur zusehen, wie ihre Mannschaft um den Halbfinaleinzug kämpft. "Wir sind überglücklich, dass wir uns hier durchgesetzt haben", sagte Bundestrainerin Silvia Neid. "Gegen eine Mannschaft wie Schweden schießt man nicht alle Tage vier Tore. Das kann ein Schlüsselspiel gewesen sein für dieses Turnier."

Schweden entschied sich im Lansdowne-Stadion von Ottawa für eine sehr defensiv orientierte Startaufstellung. Gleich vier gelernte Innenverteidigerinnen schickte Sundhage von Beginn an aufs Spielfeld. Eine davon, Linda Sembrant, sollte Regisseurin Caroline Seger von Paris Saint Germain im Mittelfeld den Rücken freihalten. Neid setzte auf die Elf, die sich im ersten WM-Spiel gegen die Elfenbeinküste bereits bewährt hatte.

Die Schwedinnen schimpfen über Mittag

Schon nach 15 Sekunden bot sich dann die Riesenchance, in Führung zu gehen. Nach einem schönen Spielzug über Tabea Kemme, Celia Sasic und Anja Mittag schoss Stürmerin Alexandra Popp allerdings völlig freistehend über das Tor. Erste Gefahr fürs deutsche Tor brachte ein Abschluss von Sofia Jakobsson, der leicht abgefälscht auf Nadine Angerer zukam, doch die Torhüterin hatte den Ball sicher. In der 12. Minute ließ Laudehr sich auf dem Weg in den Strafraum noch von Schwedens Samuelsson den Ball abluchsen, wenige Sekunden später war es Melanie Leupolz, die das Spielgerät aus aussichtsreicher Position über das Tor trat (13.).

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Für Torschützin Anja Mittag ist es wohl besser, dass sie aus der schwedischen Liga zu Paris Saint-Germain wechselt. Leonie Maier braucht den Vergleich mit Philipp Lahm nicht zu scheuen. Und Lena Goeßling regiert in der Zentrale.

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Neid trat deshalb schimpfend an die Seitenlinie: Wie schon in der WM-Vorrunde spielte die deutsche Elf zwar ansehnlich, wieder aber legte sie bei ihren Chancen eine fahrlässige Verschwendungssucht an den Tag. In der 24. Minute dann war es wieder einmal Anja Mittag, die ihrer Mannschaft die Richtung zum Sieg wies: Nach einem Pass in den Fuß nahm die 30-Jährige Maß und zirkelte den Ball aus 18 Metern zum 1:0 ins rechte Eck.

Kurz vor der Halbzeit erhöhte Celia Sasic dann per Strafstoß auf 2:0 (37.), der Gelegenheit war allerdings eine schmeichelhafte Entscheidung der Schiedsrichterin aus Nordkorea vorangegangen: Wieder hatte Mittag sich geschickt bis in den Strafraum durchgesetzt, ihren Sturz nach einem Zweikampf mit Amanda Ilestedt als Foul zu werten, war allerdings hart.

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Als Mittag im Mai ihr letztes Ligaspiel für den schwedischen Klub FC Rosengard in Malmö absolviert hatte, hatten die schwedischen Mitspielerinnen sie zum Abschied noch auf Händen vom Platz getragen. Nach diesem Achtelfinale dürfte die Stürmerin froh sein, nach der Weltmeisterschaft bei Champions-League-Finalist Paris Saint Germain in Frankreich ein neues Umfeld vorzufinden - die Aktion wurde von der schwedischen Bank mit lautem Schimpfen begleitet. "Manchmal braucht man auch Glück", kommentierte Mittag die Situation.

Direkt mit Wiederanpfiff setzte Tabea Kemme die deutsche Fließbandproduktion in der Offensive fort, ihr Lupfer sprang jedoch an die Latte und von dort ins Toraus. Bei einer schwedischen Ecke musste auch Deutschlands Torhüterin Nadine Angerer zeigen, dass sie konzentriert auf dem Posten ist, und einen scharf angeschnittene Flanke wegboxen (56.). "Es war echt eine Hitzeschlacht, affenheiß war es", sagte Angerer später, "doch in solchen Situationen zeigt sich der Charakter, der uns auszeichnet" - eiskalt zu sein im richtigen Moment.

Sasics zweiter Treffer entscheidet das Spiel

Als schließlich Lena Goeßling die schwedische Torfrau zu einer starken Parade zwang, sah Pia Sundhage endlich die Notwendigkeit für einen Wechsel: Nach über einer Stunde Spielzeit kam für Defensivspielerin Elin Rubensson die spielstarke Kosovare Asllani aufs Feld, die allerdings wegen Knieproblemen nicht vollkommen fit ist. Die Umstellung sollte sich lohnen, allerdings nur für die Ergebniskorrektur.

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Nach einem Pfostenschuss von Laudehr war zunächst Sasic aufmerksam und nutzte den Abpraller, um mit ihrem zweiten Spieltreffer das 3:0 zu erzielen (78.). Danach allerdings jubelte plötzlich auch Schweden: Linda Sembrant sorgte nach einem Freistoß per Kopf für den Anschlusstreffer (82.) - und mit einem Schlag war noch einmal Energie im schwedischen Spiel. Kurz darauf lief Jakobsson völlig alleine auf Angerer zu, die aber bewahrte die Nerven und schnappte sich im Eins-zu-Eins-Duell den Ball (84.). Als dann auch noch die eingewechselte Dzsenifer Marozsan nach einer Ecke zum 4:1 und damit zur endgültigen Entscheidung traf (88.), zeigte auch Bundestrainerin Neid an der Seitenlinie einen gelösten Luftsprung.

© SZ vom 21.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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