Deutsche Olympia-Bewerber:Als München ein Drama erlebte

Olympische Spiele in Deutschland - das gab es schon mehrfach. Drei Städte bekamen bereits Zuschläge für die Ausrichtung. Doch eine Reihe weiterer Kandidaturen hatte keinen Erfolg. Ein Rückblick auf die deutsche Olympia-Historie.

Sommerspiele in Berlin - 1916

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(Foto: SZ Photo)

Die Historie deutscher Olympiapläne beginnt schon im Jahr 1904. Für die Spiele 1908 hatte sich ursprünglich auch Berlin ins Spiel gebracht, doch wegen fehlender Unterstützung kam es gar nicht erst zur Bewerbung. Die Veranstaltung ging schließlich an London. Auch an einer Ausrichtung 1912 war die deutsche Stadt interessiert - man einigte sich schließlich mit Stockholm auf einen Verzicht, um dann 1916 endlich dran zu sein. Alexandria, Amsterdam, Brüssel, Budapest und Cleveland - das waren die Städte, die sich ebenfalls für die Austragung der Sommerspiele 1916 bewarben. Doch die Wahl fiel auf Berlin: Kaiser Wilhelm II. eröffnete mit seiner Frau Augusta Viktoria die Wettkampfstätte im Grunewald. IOC-Präsident Pierre de Coubertin hoffte mit der Vergabe den drohenden Krieg zu verhindern. Vergebens. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden die Spiele abgesagt. Nach Kriegsende schloss das IOC Deutschland als offiziellen Kriegsverursacher von weiteren Olympischen Spielen aus.

Sommerspiele in Berlin - 1936

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(Foto: dpa)

Neun Jahre hielt die olympische Sperre gegen Deutschland an. Dann schrieb Theodor Lewald, Präsident des Olympia-Ausschusses, einen Brief an Berlins Oberbürgermeister mit dem Vorschlag zur erneuten Bewerbung, diesmal um die Sommerspiele 1936. Zwölf Städte buhlten um die Austragung der Spiele, in einer Stichwahl setzte sich Berlin gegen Barcelona durch (es waren auch Köln, Frankfurt und Nürnberg im Rennen). Ein Fehler, wie sich später herausstellte: Adolf Hitler und sein nationalsozialistisches Regime nutzten die Sommerspiele als Propaganda-Mittel. Mit 49 teilnehmenden Nationen und 3961 Athleten stellten die Wettkämpfe einen neuen Teilnehmerrekord auf.

Winterspiele in Garmisch - 1936

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(Foto: SZ Photo)

Die Zugspitze, eine Loipe und mittendrin die Olympischen Ringe: Das Logo der Olympischen Winterspiele strahlte in Alpenpanorama. Mit der Vergabe der Spiele 1936 nach Garmisch landeten erstmals olympische Ski-Events in Deutschland. Dabei gab es zum Zeitpunkt der Entscheidung noch keinen geeigneten Wintersportort in Deutschland. Erst 1933 wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, wie beispielsweise ausreichend Hotels, Lifte und Pisten für die alpinen Disziplinen und Eissportzentren. Frankreichs Botschafter resümierte: "Alle Welt ist begeistert." Insgesamt besuchten 500.000 Zuschauer die Spiele, darunter auch Adolf Hitler.

Abgesagte Winterspiele in Garmisch - 1940

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(Foto: SZ Photo)

Vier Jahre später gab es ein großes Durcheinander um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele. Zunächst sah sich Japan gezwungen, die Spiele wegen des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges an das IOC zurückzugeben. Die Schweiz schien dem Olympischen Ausschuss ein geeigneter Ersatz, doch nach Streitigkeiten fiel die Wahl erneut auf Garmisch-Partenkirchen. Hitler träumte vom ganz großen Wintersport-Spektakel. Doch mit Beginn des Zweitens Weltkrieges wurde die Planung der Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen eingestellt.

Squaw Valley statt Garmisch - 1960

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(Foto: SZ Photo)

Zwanzig Jahre nach der Kriegs-Absage der Olympischen Winterspiele bewarb sich Deutschland erneut um die Ausrichtung der Wettkämpfe in Garmisch-Partenkirchen. Allerdings schied Deutschland nach dem ersten Wahlgang mit nur vier Stimmen aus dem Bewerbungsprozess aus. In einer Stichwahl entschied sich das IOC für den US-amerikanischen Wintersportort Squaw Valley in Kalifornien. Dort traten die Teams der DDR und BRD noch gemeinsam unter einer schwarz-rot-goldenen Flagge bei den Spielen an (wie auch schon 1956 und später noch 1964).

Sommerspiele in München - 1972

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(Foto: SZ Photo)

Das IOC wollte mehr Vielfalt und Abwechslung bei der Vergabe der Olympischen Spiele und entschied deshalb, dass nur München als deutsche Olympia-Bewerbung in Frage kommen würde. Damit wurde München eine große Chance geboten, doch die Spiele entwickelten sich zu einer Tragödie: Am 5. September 1972 überfielen palästinensische Terroristen das Olympia-Dorf und nahmen elf israelische Sportler in ihre Gewalt. Sie forderten die Freilassung palästinensischer Häftlinge und der RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Eine Befreiung der Geiseln scheiterte, insgesamt starben bei dem Geiseldrama von München einschließlich der Terroristen 17 Menschen. Nach dem Tod der israelischen Athleten und Betreuer wurden die Sommerspiele für einen halben Tag unterbrochen, anschließend jedoch fortgesetzt.

Albertville schlägt Berchtesgaden - 1992

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(Foto: SZ Photo)

Bergmänner mit "Goaßlschnalzer" sollten die Winterspiele in Berchtesgaden in zünftiger Alpen-Manier eröffnen, dazu sollte ein leuchtendes Abbild der olympischen Ringe die steile Felswand des Watzmann anstrahlen. Der Berchtesgadener Kurdirektor Michael Dyckerhoff hatte sich das Programm der Eröffnungsfeier genau überlegt. Umsonst - denn Berchtesgaden erreichte bei der Entscheidung in Lausanne nicht einmal den letzten Wahlgang. Schließlich setzte sich die Stadt Albertville als französischer Vertreter durch und veranstaltete die Spiele in den Savoyer Alpen.

Sydney sticht Berlin aus - 2000

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(Foto: picture-alliance / dpa)

Als Logo ein Smiley mit Bärengesicht, dazu ein "Berlin 2000"-Schriftzug mit schwarzrotgoldenen, ineinander verschlungenen Ringen: Für die Olympischen Sommerspiele 2000 schickte Deutschland erneut Berlin ins Rennen. Die Ausrichtung sollte im Zeichen der Wiedervereinigung stehen und als "Feier des Friedens und der Überwindung der Ost-West-Gegensätze" zelebriert werden, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister. Doch die Berliner taten sich schwer mit der Begeisterung. Denn die Organisatoren verstrickten sich bei der Planung in ein großes Durcheinander: Es mangelte an effizienten Nachnutzungskonzepten, Finanzierungsstrategien und Marketing-Kampagnen, die das Ereignis auch für die Berliner Wirtschaft attraktiv gestalten sollten. Letztlich wurden die Wettkämpfe an Sydney vergeben, deren Einwohner mehr Begeisterung aufbrachten.

Leipzig scheitert an Kandidatur - 2012

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(Foto: dpa)

2012 setzte sich Leipzig mit einer emotionalen Bewerbung gegen Mitstreiter Hamburg durch und trat als Kandidat für die Olympischen Sommerspiele auf den Plan. Doch das Video, in dem Leipziger Taxifahrer, Müllmänner und in erster Linie Sportler, ein Gemeinschaftsgefühl der Leipziger Bürger transportieren sollten, überzeugte sich: Leipzig sei im Vergleich zur Konkurrenz flächenmäßig definitiv zu klein, befand IOC-Präsident Jaques Rogge - zu einer endgültigen Kandidatur kam es gar nicht. Die Wahl fiel schließlich auf London, Hauptaustragungsort war der neu errichtete Olympiapark im Londoner Stadtteil Stratford.

Pyeongchang statt München - 2018

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(Foto: Stephan Rumpf; .)

2007 entschied sich der DOSB einstimmig für eine Bewerbung Münchens. Unter dem Motto "Die freundlichen Spiele" sollte das Event erstmals nach der Katastrophe 1972 wieder nach München geholt werden. Der Plan der Organisatoren: Eiswettbewerbe in der Stadt, die alpinen Disziplinen ausgelagert ins Skigebiet von Garmisch-Partenkirchen. Umfragen zufolge standen 2011 bundesweit 75 Prozent der Bevölkerung hinter der deutschen Olympia-Bewerbung. Daraus wurde allerdings nichts: München musste sich knapp der südkoreanischen Kandidatur Pyeongchangs geschlagen geben. Nach zwei gescheiterten Bewerbungen 2010 (Vancouver) und 2014 (Sotschi) setzten sich die Asiaten diesmal durch. Bereits im ersten Durchgang holten die Südkoreaner mit ihrem ausgetüftelten Konzept die Mehrheit der Stimmen. Kati Witt, Münchens Olympia-Botschafterin, wurde nach der Bekanntgabe von DOSB-Präsident Thomas Bach getröstet: "Klar, dass man jetzt sehr enttäuscht ist, vor allem nach unserer Präsentation, zu der uns viele IOC-Mitglieder gratuliert haben."

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