DEL-Playoffs:Maschine mit Makel

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Grund zum Jubel: Seine Vorderleute haben Münchens Torwart Danny aus den Birken 5:0-Halbfinalsieg gegen Mannheim einen weitgehend ruhigen Arbeitstag beschert. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Der EHC München zieht zum dritten Mal in Serie ins Finale ein, und etwas anderes als die dritte Meisterschaft in Serie wäre eine große Überraschung. Über die Disziplinlosigkeiten von Stürmer Pinizzotto spricht kein Münchner mehr.

Von Christian Bernhard, München

Als es vorbei war meldete sich auch jener Mann zu Wort, der dafür gesorgt hatte, dass diese Playoff-Serie so emotional und intensiv werden würde. Steve Pinizotto, Stürmer des EHC Red Bull München, der für seinen üblen Ellbogencheck gegen Matthias Plachta für fünf Spiele gesperrt worden war, verbreitete in der Nacht auf Samstag über die sozialen Netzwerke ein Bild, das Danny aus den Birken gemütlich auf einem Ledersessel zeigt. Dazu schrieb Pinizzotto: "Ziemlich entspannte Serie für den besten Olympia-Torhüter."

Entspannt war die Halbfinal-Serie zwischen München und den Mannheimer Adlern allerdings keinesfalls - bis auf das letzte Spiel vielleicht. 5:0 siegte der Titelverteidiger am Freitag, seine fünf Tore hatte er bereits in den ersten 30 Spielminuten geschossen. Der Rest war ein besseres Trainingsspielchen in Richtung Finale. Manchmal sei sein Platz hinter der Bande der beste im ganzen Stadion, sagte Münchens Trainer Don Jackson hinterher. Der Freitag war so ein Tag.

Es war viel gesprochen worden über diese emotionale, intensive, manchmal überharte Serie im Halbfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Am Ende, nach dem 4:1-Erfolg des EHC, war es vor allem wieder eines: eine Münchner Machtdemonstration. Die EHC-Spieler ließen sich weder von den tagelangen Diskussionen nach Pinizzottos Aussetzer, noch von phasenweise beeindruckenden Adler-Auftritten oder vom 0:2-Rückstand in Spiel vier in Mannheim aus dem Konzept bringen. Sie zogen ihr Ding durch, kühl wie eine Eishockey-Maschine. Gibt es überhaupt etwas, was diese Mannschaft von ihrem Weg abbringen kann? "Es darf nichts geben, was uns aus der Spur bringt", sagte Nationalspieler Patrick Hager. "Das ist genau das, was Profisport ausmacht."

In den Playoffs müsse man in der Lage sein, auch Schläge einzustecken, sagt Trainer Jackson

"Wir haben immer eine Antwort gefunden", erklärte Münchens Trainer Don Jackson nach dem dritten Final-Einzug seines Teams in Serie. "Die Jungs haben sich immer auf das wesentliche konzentriert ." Das magische Wörtchen dabei war: Disziplin. Die stehe in den Playoffs an allererster Stelle, betonte Jackson und übersah dabei galant, dass Pinizzotto im ersten Spiel ein Beispiel für maßlose Disziplinlosigkeit gewesen war. "Alle haben einen guten Job gemacht, indem sie souverän geblieben sind", sagte er. All die Provokation und Diskussionen - es schien, als pralle alles am Meister ab. "Wir waren einfach cleverer", sagte Hager. Jackson erklärte es so: In den Playoffs müsse man in der Lage sein, auch Schläge einzustecken. "Wir waren das - mehr als einmal."

Hager verwies darauf, dass sich der EHC von der Mannheimer Spielweise nicht beeinflussen ließ. "Die haben sich wohl gedacht, dass sie den ein oder anderen von uns mit der Art und Weise, wie sie in die Zweikämpfe gegangen sind oder wie in den Unterbrechungen untereinander gesprochen worden ist, einschüchtern können. Wir sind da aber mental sehr stark geblieben." Dass sich der EHC über die ganze Serie gesehen besser im Griff hatte, zeigte sich auch am Freitag. Im Startdrittel gerieten Hager und Chad Kolarik vor dem Münchner Tor aneinander, worauf Mannheims Stürmer dem Münchner einen Schlag ins Gesicht mitgab. Hagers Reaktion? Keine. Er steckte den Schlag ein und fuhr zu seiner Bank. Kolarik musste auf die Strafbank - und Andreas Eder erzielte kurz vor Ende der Strafzeit das 2:0 für München.

Münchens große Stärke sei der Charakter, betonte Bill Stewart, auch er schien Pinizzottos Ausraster vergessen zu haben. "Wenn du Spieler mit Charakter hast", erklärte er, "ist das ansteckend." Mannheims Trainer nannte Jason Jaffray, Michael Wolf und Keith Aucoin als Repräsentanten dieser Spieler-Kategorie, er verwies darauf, dass es bei der Beurteilung solcher Spieler nicht immer um Scorerpunkte gehe, sondern darum, wie diese "die Mannschaft in der Kabine führen". Teams, die erfolgreich sind, seien intern "immer sehr homogen und sehr loyal zueinander", sagte Hager dazu. Das Selbstvertrauen, das der Kern der Mannschaft durch die zwei Meisterschaften in Serie aufgebaut hat, trägt natürlich auch seinen Teil bei. Stewart beendete seine Ausführungen mit den Worten: Was ihn betreffe, sei München das Maß aller Dinge in der Liga. "Gratulation dazu." Als einziger, großer Münchner Halbfinal-Makel bleibt Pinizzottos Aktion gegen Plachta.

Jackson gab seinen Spielern bis Sonntag frei, ab Montag beginnt die Vorbereitung auf das Endspiel, das der EHC am Freitag den 13. mit einem Heimspiel eröffnen wird. Gegen wen, ist noch offen: Die Eisbären Berlin führen im zweiten Halbfinale mit 3:2 gegen die Nürnberg Ice Tigers und können am Sonntag mit einem Erfolg in Franken den Finaleinzug perfekt machen. Ansonsten fiele die Entscheidung am 10. April in einem alles entscheidenden Spiel sieben in Berlin. Fest steht jetzt schon: Egal ob Berlin oder Nürnberg - der große Favorit ist wieder München.

© SZ vom 08.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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