Claudia Pechstein:Weiterlaufen bis 46

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Eisschnellläuferin Claudia Pechstein lädt zum Pressetermin - aber nicht etwa, um ihr Karriereende zu verkünden. Nein, sie will jetzt weiterlaufen bis zu ihrem 46. Geburtstag. Dafür schart sie ein Privat-Team um sich. Und hofft zugleich auf den BGH.

Von Javier Cáceres, Berlin

Die Inszenierung hatte etwas Theatralisches, und das war wohl auch so gewollt. Eine halbe Stunde lang agitierten in der Party-Location "freiheit fünfzehn" in Berlin-Köpenick: der Manager Ralf Grengel, der Lebensgefährte Mathias Große, sowie - kurz - in Gerald Lutz auch der Arzt der erfolgreichsten (und ältesten) Winterolympionikin Deutschland. Die drei ziehen Medien und "angebliche" Anti-Doping-Experten der Ahnungslosigkeit (bestenfalls) - ehe dann ein roter Vorhang aufgeschoben wurde. "Mein Name ist Claudia Pechstein", sagte die Eisschnellläuferin in ein schnurloses Mikrofon und lachte.

Oft sei sie, die fünfmalige Olympiasiegerin, in den vorangegangenen Tagen gefragt worden, ob sie die Presse zusammengetrommelt habe, um nun ihr Karriereende auszurufen. Im Gegenteil: Sie will weitermachen, mindestens bis zu den Winterspielen 2018, die finden in Pyeongchang statt und enden am 25. Februar, das heißt: drei Tage vor dem dann 46. Geburtstag Pechsteins. Es wären ihre siebten Spiele.

Um dieses Ziel, möglichst inklusive Medaille ("in meinem Schrank ist noch Platz"), zu erreichen, will sie sich mit einer privat organisierten Equipe namens "Team Pechstein - The Internationals" vorbereiten. Dem Team gehören ausschließlich Männer an, die sie nun auf der Bühne flankierten: Trainer Peter Mueller, ein Olympiasieger von 1976 aus den USA, sowie Alexander Waagenes, 24, aus Norwegen, Sandor Bence Dekany, 22, aus Ungarn und Junya Miwa, 22, aus Japan, allesamt Läufer mit Weltcup-Ambitionen. "Ich freue mich, dass sich die Jungs zur Verfügung gestellt haben", sagte sie. Schon in der Vergangenheit habe sie mit Männern trainiert, allerdings mit durchwachsenem Resultat. Deren Idee von den Anforderungen des Leistungssports war offenkundig etwas weniger zielgerichtet als ihre eigene. Mueller habe sie im Dezember kontaktiert. "Wann soll ich da sein?", sei dessen Antwort gewesen. Nun steht auch er in der neuen blauweißen Team-Uniform da, die unter anderem bedruckt ist mit dem Logo der Firmen von Pechsteins Lebensgefährten Große.

Er war auch die treibende Kraft hinter der Neuausrichtung. Die Idee eines privat finanzierten Teams sei mit dem Verband DESG abgesprochen; um auch die Anlagen auf Olympiastützpunkten nutzen zu können, ist das "Team Pechstein" Mitglied der Berliner Eisbären Juniors. "Claudia braucht neue Reizpunkte und auch mal einen Tritt in den Hintern. Den kann ich ihr aber nicht immer geben", behauptete Große. Der Sportmediziner Lutz erklärt, Pechstein habe vor zwei Jahren erstmals eine Sportverletzung gehabt, er schwärmt davon, dass andere Experten ihr eine großartige Technik attestieren - und kommt zu dem Schluss, dass sie das Leistungsvermögen einer 35-Jährigen habe. "Nach Pyeongchang nennen wir das Team dann Internationals 2022", witzelt Pechstein.

Zuvor aber steht noch ein wichtiger Termin in ihrem Kalender. Am 7. Juni wird der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil fällen, für Pechstein geht es um eine etwa fünf Millionen schwere Schadenersatzforderung an den Weltverband ISU. Hintergrund ist natürlich ihr zweijährige Sperre aus dem Jahr 2009, sie wies damals unnormale Blutwerte auf und verpasste wegen der Strafe die Spiele 2010. Pechstein bestreitet Doping und führt die Werte auf einen vererbte Krankheit zurück. Auch wenn Pechstein verlieren sollte, werde der Kampf fortgesetzt, bis vors Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof, versicherte Große. Man werde "erst aufhören, wenn wir tot sind oder gewonnen haben".

© SZ vom 27.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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