Bremen:"Wir stehen hinter Skripnik"

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Während Manager Eichin noch zögert, spricht sich das Team für den Trainer aus.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Es waren alle da bei der gigantischen Rettungsfeier, die auch zu einer Beerdigung hätte werden können. Aus Neuseeland war der frühere Meisterspieler Wynton Rufer angereist, der einstige Bremer Bürgermeister Henning Scherf hatte eine grün-weiße Fliege umgebunden. Und auch der Ehrenpräsident Klaus-Dieter Fischer war natürlich zugegen. Fischer eröffnete nach dem 1:0 des SV Werder über Eintracht Frankfurt sozusagen offiziell die Debatte um die Zukunft des Trainers Viktor Skripnik, von der ansonsten im ausufernden Jubel noch niemand im Werder-Lager etwas wissen wollte.

Während Manager Thomas Eichin in seiner Erleichterung über die Vermeidung des Abstiegs am Pfingstsonntag eigentlich erst mal "in den Tag hineinleben" wollte, hatte Fischer schon klar Position bezogen. Pro Skripnik und gegen Eichin, der mindestens nach dem verlorenen Heimspiel gegen Augsburg im April bereit war, den Coach seines Amtes zu entheben. Und auch, wenn der frühere Geschäftsführer Fischer offiziell nichts mehr bestimmen kann, ist er doch noch eine wesentliche Stimme des alten Werder-Weges. Da wird ein Fußballlehrer nicht so einfach entlassen - schon gar nicht, wenn er gerade aus den letzten fünf Spielen zehn Punkte erkämpft und mit dem Team den Klassenerhalt geschafft hat.

"Viktor Skripnik ist mein Trainer. Ich finde aber, dass er nicht genügend unterstützt worden ist, zum Beispiel in der Auseinandersetzung mit der Presse", ließ Fischer wissen. Es war klar, dass für ihn Eichin der Mann mit der unterlassenden Hilfestellung war. Immer deutlicher wird, dass in Bremen zwei Richtungen aufeinander prallen. Die eine wird etwa vom Aufsichtsratsvorsitzenden Marco Bode oder von Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald vertreten. Bode sagte der Syker Kreiszeitung, man müsse auch mal "würdigen", wie Skripnik es trotz des großen Drucks hinbekommen habe, "die Mannschaft optimal auf die Spiele vorzubereiten". Auf der anderen Seite steht der coole Manager Eichin, der nach der Saison "jedes Rädchen" darauf abklopfen will, ob es so gut funktioniert, dass ein weiteres Jahr mit Abstiegsangst vermieden werden kann. Also auch das "Rädchen" Skripnik.

Am Samstag sagte Eichin noch Sätze wie diesen: "Ich brauche noch ein bisschen Zeit, um die Gremien zu überzeugen." Damit war offenbar in erster Linie der Aufsichtsrat gemeint, der in seiner Mehrheit hinter Skripnik stand. Vielleicht hat das Gremium aber den Machtkampf schon gewonnen. Wie anders ist zu erklären, dass Eichin am Montag beim Sender Sport 1 sagte: "Wir wollen weiter mit Viktor Skripnik gehen." Andernfalls wäre es denkbar gewesen, dass nicht der Trainer, sondern Eichin selbst hätte gehen müssen - weil er es eben nicht geschafft hat, Aufsichtsrat und Vorstand von einem Weg zu überzeugen.

Nimmt man das Gesamtbild mit Medien und Fans, wird allerdings erkennbar, dass der 20-Jahre-Werderaner Skripnik nicht die besten Karten hat. So kommentierte der Weser-Kurier, Werder stehe "vor einer Herausforderung, die Skripnik - das hat die Spielzeit bewiesen - nicht stemmen kann". Jetzt müsse "der Schnitt gemacht werden". Manche Beobachter halten Skripnik für beratungsresistent. Vorhalten muss man dem Trainer, dass das Team in der Hinrunde physische Defizite offenbarte und Spiele vercoacht wurden. Talentierte Spieler wurden von ihm schnell fallen gelassen. Und seine Konflikte mit den Zeitungen halfen auch nicht.

Gut ist, unabhängig vom Trainer, dass neben Kapitän Clemens Fritz, 35, der eine der besten Spielzeiten absolvierte, wohl Claudio Pizarro, 37, weitermacht. "Ohne die beiden", vermutet Skripnik, "wären wir abgestiegen." Und vielleicht wäre er dann längst nicht mehr da. Auch am Montag, nachdem sich das Team mit Coach und Sportchef zum Frühstück am Weserstadion getroffen hatte, sagte Fritz, der sich schon früher für seinen Chef ausgesprochen hatte: "Wir stehen als Mannschaft hinter Skripnik."

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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