Boxen: Marco Huck:Der Straßenkämpfer rettet das Prime-Time-Boxen

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Es stand viel, wenn nicht alles auf dem Spiel für Marco Huck, seinen Boxstall und die ARD: Der spektakuläre K.-o.-Sieg des Deutschen gegen Hugo Garay liefert nun gute Argumente, die Kämpfe weiterhin zur besten Sendezeit zu zeigen. Und Huck denkt bereits an die echten Schwergewichte.

Jürgen Schmieder, München

Bereits in der ersten Runde musste Ulli Wegner eingreifen. "Ruhig, Marco", rief er, "ruuuuuuuhig!" Sein Kämpfer Marco Huck hatte seinen Kontrahenten Hugo Hernan Garay gerade niedergeschlagen, der Kampf um die Weltmeisterschaft im Cruisergewicht schien eine recht kurze Angelegenheit zu werden. "Ruuuuuuuhig", rief Wegner, während sich der Argentinier erholte und dem Ringrichter signalisierte, weiterboxen zu wollen.

Nach vorne, immer nach vorne. Marco Huck gegen den Argentinier Hugo Hernan Garay. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der erfahrene Trainer sollte richtig liegen mit seiner Einschätzung, entwickelte sich nach diesem Niederschlag doch eine äußerst spannende und intensive Auseinandersetzung vor 3500 Zuschauern in der Olympia-Eishalle in München. Garay zeigte sich keineswegs beeindruckt und lieferte seinem Gegner eine spektakuläre Schlacht, ehe er in der zehnten Runde nach einem wuchtigen Linkshaken von Huck erneut zu Boden musste und nicht wieder aufstand.

"Das war eine Meisterleistung von mir", sagte Huck nach dem Kampf, "ich habe Garay mit der linken Hand getroffen, er ist gefallen wie ein Baum." Das stimmte zwar, doch schien Huck die ersten vier Runden bereits aus seinem Gedächtnis gestrichen zu haben. Zu Beginn des Kampfes nämlich war Garay der aktivere Boxer im Ring, er tänzelte um Huck herum und verblüffte seinen Gegner immer wieder mit Körpertreffern.

Huck wirkte in diesen Runden überrascht - und auch ein wenig ratlos. Er setzte zunächst auf die schiere Wucht seiner Schläge, von denen jedoch nur etwa ein Drittel ins Ziel kamen. Garay landete indes die klareren Treffer, ohne jedoch Wirkung zu erzielen. Hucks Nase blutete zwar ziemlich schnell ziemlich stark. Doch wirklich in Gefahr niedergeschlagen zu werden, geriet Huck nicht.

"Garay hat in den ersten Runden sehr gut geboxt", sagte dessen Trainer Carlos del Grecco nach dem Kampf. "Allerdings mussten wir einsehen, dass die Treffer nicht wirksam genug waren. Es war eine Gewichtsklasse zu hoch."

Von der fünften Runde an übernahm Huck die Kontrolle über den Kampf. In den Ringpausen mahnte ihn Wegner zwar immer wieder, nicht zu forsch und zu aggressiv zu agieren, doch Huck setzte den schnellen Fäusten seines Gegners die Kraft seiner eigenen Schläge entgegen - ohne jedoch boxerisch zu glänzen. Somit entwickelte sich eine spektakuläre Schlacht zwischen den beiden Boxern, die eher an einen Straßenkampf erinnerte denn an eine Box-Weltmeisterschaft.

Box-WM: Marco Huck - Hugo Garay
:"Das war eine Meisterleistung!"

Marco Huck gewinnt einen spektakulären Kampf gegen Hugo Hernan Garay durch Niederschlag in der zehnten Runde. Lange wirkt Huck ratlos gegen den starken Argentinier, am Ende jedoch setzt er die wirksamen Treffer. Der Kampf in der Analyse.

Jürgen Schmieder

Es war ein spannender Kampf, weil Garay trotz wirksamer Treffer immer weiter nach vorne marschierte. "Das ist meine Art zu boxen", sagte Garay danach, "immer gerade nach vorne, niemals zurückweichen." Nur wurden die Aktionen des Argentiniers im Laufe des Kampfes immer behäbiger, während Huck nun konzentriert agierte und seine Trefferquote deutlich erhöhte. "Er ist ein typisch argentinischer Boxer mit hartem Schädel", sagte Huck, "den musste ich erst einmal weichklopfen."

Box-WM: Marco Huck - Hugo Garay
:"Das war eine Meisterleistung!"

Marco Huck gewinnt einen spektakulären Kampf gegen Hugo Hernan Garay durch Niederschlag in der zehnten Runde. Lange wirkt Huck ratlos gegen den starken Argentinier, am Ende jedoch setzt er die wirksamen Treffer. Der Kampf in der Analyse.

Jürgen Schmieder

In der Pause zwischen der neunten und zehnten Runde sagte Wegner kaum etwas zu Huck, was der offensichtlich als Aufforderung verstand, nun sowohl Taktik als auch Defensive aufzugeben und den Niederschlag zu versuchen. Der gelang bereits nach wenigen Sekunden der zehnten Runde: Huck traf Garay zwei Mal wirksam mit der rechten Schlaghand. Der Argentinier wich zurück, Huck setzte konsequent nach und brachte einen linken Haken an den Kopf Garays. Der fiel um - und konnte nicht mehr aufstehen.

"Es war ein toller Kampf für die Zuschauer, überaus spektakulär", sagte Hucks Manager Wilfried Sauerland danach, "ich hätte mir manchmal gewünscht, dass es nicht ganz so spannend gewesen wäre. Viele solcher Kämpfe hält man nicht aus." Diese Aussage ist auch vor dem Hintergrund zu verstehen, dass zuletzt zwei Sauerland-Boxer (Arthur Abraham und Sebastian Sylvester) ihre Kämpfe und Titel verloren hatten und Huck nun das Premium-Produkt des Boxstalls ist.

Eine Niederlage von Huck wäre fatal gewesen - sowohl für Huck als auch für Sauerland. Erst kürzlich hatte Sauerland den Fernsehvertrag nach schwierigen Verhandlungen mit der ARD verlängert, Huck ist sowohl das Zugpferd für den Boxstall als auch für den Sender. Ein spektakulärer Sieg wie der am Samstag freilich liefert den beiden sehr gute Argumente, Huck weiterhin zur besten Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu präsentieren.

Der 26-jährige Huck hat nun 33 seiner 34 Kämpfe gewonnen, 24 davon vorzeitig. "Mir gehen langsam die Herausforderer aus", sagte Huck. Er strebt nun eine Titelvereinigung im Cruisergewicht an, mit WBC-Weltmeister Krzystof Wlodarczyk wird bereits über einen Kampf im Herbst verhandelt. Danach soll Huck bestenfalls gegen Steve Cunningham antreten, der derzeit den Titel des Verbandes IBF hält und der Huck im Dezember 2007 durch technischen K.o. in der zwölften Runde die einzige Niederlage seiner Karriere beigebracht hatte.

Huck freilich hat bereits andere Pläne für seine Zukunft. Im August werden Ruslan Chagaev und Alexander Povetkin um den WBA-Titel im Schwergewicht boxen. Der ist vakant, weil der Verband Waldimir Klitschko zum so genannten Superchampion ernannt hat, weshalb der reguläre Titel zur Disposition steht. "Den Sieger aus diesem Kampf würde ich gerne boxen", sagte Huck.

Nun musste Manager Sauerland seinen Kämpfer bremsen: "Wenn Du alle vier Titel im Cruisergewicht besitzt, können wir darüber nachdenken." Huck sagte: "Sie sind mein Manager, Sie sind der Boss!" Ulli Wegner saß zunächst schweigsam daneben und hörte den Plänen seines Boxers zu. Dann sagte er nur: "Ruuuuuuuhig."

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