Basketball:Zu wenig fuchtelnde Hände

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Bamberg verspielt zu Hause gegen den Tabellenführer FC Bayern einen 15-Punkte-Vorsprung und muss zum dritten Mal anerkennen, dass die Münchner in dieser Spielzeit einfach besser sind.

Von Matthias Schmid, Bamberg

Die rechte Schulter hielt den Erschütterungen stand. Jeden einzelnen seiner Spieler klatschte Andrea Trinchieri bei der obligatorischen Einlaufzeremonie vor dem Spiel ab, es war ein Stresstest, den sein linker Arm noch nicht bestanden hätte. Die operierte Schulter hatte der Cheftrainer des deutschen Meisters Brose Bamberg mit einer schwarzen Schleife fixiert. Der Italiener war am Sonntagabend bei der Partie gegen den FC Bayern aber wieder insoweit genesen, dass er erstmals nach seiner Operation vor vier Wochen auf der Bank Platz nehmen konnte. Er saß noch mehr an der Seitenlinie als dass er stand, "weil ich noch Schmerzen habe und nicht schlafen kann", wie er bekannte. Sie alle hofften in Bamberg nach schwierigen Wochen mit vielen Niederlagen trotzdem auf eine heilende Wirkung seiner Anwesenheit. Vergeblich. Die Münchner gewannen am Ende mit 71:63 (29:35) und verteidigten ihre überlegene Tabellenführung (38:2 Punkte) vor Alba Berlin. Danilo Barthel traf mit 20 Punkten am häufigsten. Bamberg (24:16) muss nach der dritten Niederlage in der Bundesliga als Achter sogar um die Teilnahme an der Meisterrunde der besten Acht bangen.

"Die Offensive bei uns ist zweitrangig", hatte Bambergs Trainer Trinchieri kundgetan

Dabei hatten die Bamberger in der Anfangsphase die Partie gegen die Gäste noch dominert, mit einer energischen Verteidigung gelang es ihnen, sie vom Punkten abzuhalten und sie trafen in der Offensive selber ihre Würfe, ziemlich gut sogar. Mit 10:0 führte Bamberg nach einem erfolgreichen Dreier von Maodo Lo - und da waren gerade einmal knapp mehr als zwei Minuten gespielt. Die Oberfranken traten so auf, wie man es von ihnen in der vergangenen Saison gewohnt war, sie brachten hinten den Gegner mit fuchtelnden Händen und schnellen Beinen zur Verzweiflung und ließen den Ball vorne rasch zirkulieren zum freien Spieler. "Die Offensive bei uns ist zweitrangig", hatte Trinchieri vor der Spiel kundgetan, "wir haben unsere besten Spiele gezeigt, wenn wir in der Defensive gut standen." Danilo Barthel war der erste Münchner, der an diesem Abend punktete - per Freiwurf.

Wie wenig Münchens Trainer Aleksandar Djordjevic von der seltsam ermatteten Darbietung seiner Profis angetan war, sah man, als er sich schon in der sechsten Minute über einen seiner Meinung nach völlig falschen Pfiff heftig bei Schiedsrichterin Anne Panther beschwerte und ein technisches Foul kassierte. Sehr viel besser wurde es danach nicht, Bamberg führte nach dem ersten Viertel mit 25:11. Und nach einem wuchtigen Dunk von Augustine Rubit wuchs der Vorsprung sogar auf 15 Punkte an (29:14). Der Rückstand reichte aber noch nicht, um die Münchner vollends zu verunsichern, im Gegenteil. Sie sind in dieser Spielzeit als Mannschaft zu gefestigt, zu gut eingespielt, um nicht irgendwann zu ihren Stärken zu finden. In der Verteidigung griffen sie nun entschlossener zu und erlaubten Bamberg keine allzu einfachen Punkte mehr, und vorne verwandelten sie ihre Würfe, der unverschämt lässige Spielmacher Braydon Hobbs verkürzte mit einem Dreier zum 21:31 (15).

Die Ballverluste der Bamberger häuften sich, als die Spielzeit knapper wurde

Trinchieri musste nun immer häufiger aufstehen, häufiger, als ihm und seinem Arm guttat, aber er konnte auch nicht verhindern, dass Jared Cunningham mit fünf Punkten in Serie den FC Bayern zur Pause wieder auf sechs Punkte heranbrachte (29:35). Spannend war nun zu sehen, wie die psychisch angeschlagenen Bamberger auf den schmelzenden Vorsprung reagieren würden? Beständig war bei ihnen in dieser Saison nur ihre Unbeständigkeit, ihre Auftritte waren so wenig vorherzusagen wie aprilartige Wetterumstürze. Ungewohnt oft mussten sie als Verlierer vom Platz schleichen. Trinchieri macht dafür vor allem die zahlreichen Verletzungen seiner Profis verantwortlich, "die die Bildung einer Mannschaft verlangsamten", wie er findet. So werden Elias Harris (Knie) und der ehemalige Bayern-Kapitän Bryce Taylor (OP an der Wade) in dieser Saison nicht mehr auflaufen können, Luka Mitrovic wärmte sich zumindest vor dem Spiel ein wenig auf, der begabte Flügelspieler soll in dieser Woche wieder nach einer monatelangen Oberschenkelverletzung mit der Mannschaft trainieren können. Die Antwort: Es war wie so oft in den vergangenen Wochen, die Ballverluste auf Bamberger Seite häuften sich, als die Spielzeit knapper wurde. Reggie Redding bescherte kurz vor Ende des dritten Viertels mit einem Sprungwurf die erste Führung der Münchner (50:48), die sie auch bis zur Schlusssirene nicht mehr abgeben sollten. Irgendwie scheinen sie sich in dieser Spielzeit nur selbst schlagen zu können. Mehr noch: Man hat bei ihren Auftritten sogar das Gefühl, dass sie noch besser spielen könnten, wenn es der Gegner verlangt. Es klingt deshalb auch nicht überheblich, wenn Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic sagt, dass sie nur auf sich selber schauen müssen, "denn auch wir haben noch nicht unser ganzes Potenzial abgerufen." Bamberg war gegen München zum dritten Mal in dieser Saison nicht gut genug.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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