Basketball:Vorgespielt vor der NBA

Lesezeit: 3 min

18 Jahre alt, 2,05 Meter groß: Der in Bamberg geförderte Litauer Arnoldas Kulboka hat die Aufmerksamkeit amerikanischer Scouts erregt. (Foto: Eibner/Imago)

Die Talente Freudenberg und Kulboka beeindrucken sogar US-Späher.

Von David Hein und Joachim Mölter

Die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA veranstaltet ihr All-Star-Spiel zur Saisonmitte längst nicht mehr nur als Leistungsschau der etablierten, arrivierten, prominenten Spitzenkräfte: Sie hat inzwischen auch eine Art Jugendmesse im Rahmenprogramm ihres alljährlichen Showspektakels installiert. Dazu lädt sie Jugendliche aus aller Welt ein, die dann drei Tage lang ihre Fähigkeiten mit Gleichaltrigen vergleichen dürfen - und nebenbei Talentspähern von Colleges und Klubs vorspielen. In diesem Jahr flogen gleich zwei junge Männer von bayerischen Vereinen zum All-Star-Termin nach Toronto/Kanada: Richard Freudenberg vom FC Bayern und Arnoldas Kulboka von den Baunach Young Pikes, dem in der zweiten Liga angesiedelten Kooperationspartner des deutschen Meisters Brose Baskets Bamberg.

Beide haben offenbar einen guten Eindruck hinterlassen. Dem 2,04 Meter großen Freudenberg bescheinigte ein NBA-Scout jedenfalls ein "gutes langfristiges Potenzial". Der 17-Jährige werfe den Ball "mit einer leichten, natürlichen Bewegung", er müsse allerdings noch eine Menge Muskeln zulegen, um sich auch körperlich durchsetzen zu können: "Aber ich glaube, das schafft er." Über den einen Zentimeter größeren, gerade 18 gewordenen Kulboka urteilte ein anderer Scout: "Sehr athletisch für einen europäischen Spieler, sehr faszinierend. Wenn er den Ball gedribbelt hat, ist er immer dorthin gekommen, wo er hinwollte. Von ihm würde ich gern mehr sehen."

Demnächst nehmen zwei frühere NBA-Profis Freudenberg in Pflege

Dazu müsste er allerdings nach Deutschland kommen, denn Kulboka steht noch bis Juni 2020 in Bamberg unter Vertrag. Freudenberg aber kann er bald aus nächster Nähe begutachten: Der angehende Abiturient hat dem St. John's College im New Yorker Stadtteil Queens bereits zugesagt, im Sommer zu wechseln. Dort wird er von zwei früheren NBA-Profis in Pflege genommen, dem Chefcoach Chris Mullin und dessen Assistenten Mitch Richmond.

Es sei der Wunsch von Freudenbergs Vater gewesen, dass der Sohn auf ein amerikanisches College gehe, sagt Marko Pesic, der Sportdirektor des FC Bayern: Denn dort kann man ja gleichzeitig Basketball spielen und studieren. Gern lassen die Münchner ihr derzeit größtes Talent nicht ziehen, das lässt Pesic durchklingen. "Aber wir haben kein Mittel, ihn zu halten", sagt er. Er verspricht indes auch: "Die Tür bei uns ist immer offen für ihn, egal, ob er in einem Jahr oder in vier Jahren zurückkommt."

Auch Richard Freudenberg sagt: "Ich sehe das nicht als Ende. Ich will einfach neue Erfahrungen machen und dann nach dem College vielleicht nach München zurückkehren". Vor seinem Abflug in die USA will er der zweiten Mannschaft des FC Bayern noch helfen, von der Regionalliga in die Pro B aufzusteigen, die dritthöchste Klasse hierzulande. "Das ist das Wichtigste", sagt er, "und das ist etwas, was ich persönlich noch erreichen will in dieser Saison." Die Aussicht dafür ist gut: Aktuell ist der FC Bayern II Tabellenführer.

Arnoldas Kulboka hat den Wechsel in ein anderes Land, einen anderen Kulturkreis schon hinter sich. Der Litauer hat seine Grundausbildung bei Zalgiris Kaunas genossen, einem der traditions- und ruhmreichsten Klubs des europäischen Basketballs. "Daheim fangen sie allmählich an zu verstehen, warum ich Litauen verlassen habe", sagte Kulboka jetzt in den USA: "Die Leute erkennen, dass es auch in Deutschland gute Basketball-Mannschaften gibt."

In Bamberg haben sie sich mit ihrem Jugend-Förderprogramm "in den letzten zehn Jahren europaweit einen Namen gemacht", sagt Klubsprecher Thorsten Vogt; dadurch locken sie inzwischen auch Talente aus dem Ausland wie den Slowenen Aleksej Nikolic. Der 20-Jährige ist von Bambergs Chefcoach Andrea Trinchieri sogar schon in der Euroleague eingesetzt worden. Für Kulboka ist es indes noch "das Größte, dass man hier Erfahrung sammelt, indem man mit den Profis trainiert und Spielzeit in der Pro A bekommt". Vogt sagt, es gebe deutschlandweit keinen anderen Klub, wo man mittels der Doppellizenz für junge Basketballer sowohl in der Bundesliga als auch in der Pro A spielen könne.

Die Nachwuchsarbeit der hiesigen Spitzenklubs kann sich mittlerweile offenbar tatsächlich sehen lassen. Beim Vergleich mit den größten Talenten aus anderen Kontinenten in Toronto stellte Arnoldas Kulboka fest: "Ich war da nicht fehl am Platz." Auch Richard Freudenberg glaubt, dass er mit den Weltbesten seines Jahrgangs mithalten konnte, selbst wenn er Schwächen aufgezeigt bekam: "Ich muss natürlich kräftiger werden, aber daran arbeite ich." Damit er vom Sommer an mit all den Talenten konkurrieren kann, die ihm auf dem St. John's College begegnen. Und das sind nicht nur Amerikaner. "Sie haben auch viele Spieler aus Europa", hat er festgestellt: "Das hat meine Entscheidung schon beeinflusst."

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: