Basketball:Verlorene Leichtigkeit

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Die Basketballer des FC Bayern stecken nach dem Eurocup-Aus auch im Liga-Endspurt in einer Schaffenskrise.

Von Matthias Schmid

Basketballprofis bekommen nach jedem Spiel unverzüglich eine persönliche Beurteilung überreicht. Auf dem unscheinbaren Stück Papier können sie dann anhand vieler Zahlen nachlesen, wie das Spiel für sie gelaufen ist. Alles wird auf dem Spielberichtsbogen festgehalten: ihre Trefferquote, wie oft sie gefoult oder den Ball verloren haben. Bisweilen kann das überraschende Erkenntnisse liefern. Dusko Savanovic, 31, musste am Sonntag nach der 59:63-Niederlage der Münchner bei Aufsteiger BG Göttingen allerdings nicht lange draufschauen, um zu erfahren, dass er eines seiner schwächsten Spiele im Bayern-Trikot dargeboten hatte. 16 Mal hatte er auf den Korb geworfen, 14 Mal verfehlte der Ball das Ziel. "So wenig hat Dusko in seiner ganzen Karriere noch nie getroffen", stellt Marko Pesic ernüchtert fest.

Der Sportdirektor des Meisters konnte auch am Tag danach nicht richtig fassen, was sich am Abend zuvor beim Bundesligaspiel in Göttingen zugetragen hatte. "Es ist zwar Realität", sagte Pesic, "aber nur schwer zu verstehen." Er meinte nicht nur die Fehlwürfe von Flügelspieler Savanovic, normalerweise einer der verlässlichsten Werfer der Münchner, sondern den gesamten Auftritt der Mannschaft, die zur Pause noch mit 14 Punkten geführt hatte und nun im Kampf um die besten Playoff-Plätze weiter zurückgefallen ist.

Fast alle Erklärungsversuche des Münchner Sportdirektors endeten bei den beiden verstörenden Niederlagen im Eurocup-Achtelfinale gegen Titelverteidiger Valencia. "Die haben uns sehr weh getan, weil wir danach unsere Leichtigkeit verloren haben, unseren Rhythmus", sagt Pesic.

Dabei hatte das Spiel in Göttingen noch begonnen, wie es sich Trainer Svetislav Pesic gewünscht hatte: mit einer resoluten Verteidigung, die verhinderte, dass die offensivstarken Göttinger von außen werfen konnten. 39:25 führten die Münchner zur Pause, und so befürchtete Göttingens Cheftrainer Johan Roijakkers nach den ersten 20 Minuten, "dass wir mit 40 Punkten verlieren könnten". Doch die Partie nahm eine überraschende Wendung: Während die Göttinger nach dem Seitenwechsel immer präziser trafen, trafen die Münchner gar nichts mehr. "Nur 19 Punkte in der zweiten Hälfte zu erzielen, ist schon sehr schwierig zu akzeptieren", sagte Bayern-Trainer Pesic. Die enge Zonenverteidigung Göttingens versuchten die Bayern mit Dreipunktewürfen zu umgehen, doch nur sechs der 30 Versuche von jenseits der 6,75 Meter entfernten Linie rauschten durch den Korb. Fast verzweifelnd sahen die Bemühungen der Münchner aus, sie folgten keinem offensichtlichen Plan.

In der Schlussphase, als ständig die Führung wechselte, fehlte bei den Bayern ein Spieler, der sich wenig Gedanken um Rhythmus, Selbstvertrauen oder der drohenden Niederlage machte, ein Spieler, der vorangeht und probiert. So wie Göttingens ehemaliger NBA-Profi Khalid El-Amin, der in den Schlussminute mit vier Punkten die Partie entschied. Heiko Schaffartzik ist in dieser Saison bereits so aufgetreten, auch Savanovic, aber beide ließen ungewohnt ihre Schultern und Köpfe hängen wie unter einer unsichtbaren Last. Sie alle hoffen beim FC Bayern deshalb auf die Rückkehr ihres besten Werfers Nihad Djedovic, nach seiner Schulterverletzung soll er in dieser Woche wieder mit der Mannschaft üben.

Marco Pesic wollte nicht über einzelne Spieler sprechen, nicht darüber, dass besonders die deutschen Nationalspieler wie Schaffartzik, Staiger oder Robin Benzing in diesen Wochen seltsam gehemmt wirken, ermattet. "Das werden wir intern tun", sagte der Sportdirektor. Die Spieler des Titelverteidigers werden sich dabei unangenehme Fragen gefallen lassen müssen, kündigte er an: "Wir werden das alles knallhart analysieren, ehrlich zueinander sein und die Probleme klar ansprechen müssen."

Mit der zweiten Bundesliga-Niederlage nacheinander wird es für die Münchner sieben Spieltage vor Ende der Hauptrunde immer unwahrscheinlicher, noch einen der ersten beiden Plätze zu belegen, die in den Meisterschafts-Playoffs ein Heimrecht bis zum Halbfinale garantieren. Der Rückstand zu Tabellenführer Bamberg beträgt bereits vier Punkte, zwei Zähler sind es zum Zweitplatzierten aus Berlin, die beide ein Spiel weniger absolviert haben und noch in München antreten. "Wir haben in den beiden Spielen zuletzt unsere gute Ausgangslage einfach hergeschenkt", kritisiert Marco Pesic. Dass sich die Formschwäche bis in die Playoffs hinein fortsetzen könnte, fürchtet er nicht. "Ich habe vollstes Vertrauen in die Mannschaft, und die Vergangenheit zeigt, dass wir immer verstärkt aus solchen Phasen herausgegangen sind." Nächsten Samstag (18.30 Uhr) kommt Aufsteiger Crailsheim nach München, dann soll auch die verlorene Leichtigkeit zurückkehren. Marko Pesic sagt: "Für Siege gibt es keinen Ersatz."

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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