Basketball:Stolz wie Oscar

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In einem energiegeladenen Basketball-Pokalfinale beweist der FC Bayern enorme Moral. Doch der Favorit aus Bamberg behält mit 74:71 knapp die Oberhand.

Von Ralf Tögel, Berlin

Es hatte ja laute Kritik gegeben am Pokal-Modus, kurz nach dem Einzug ins Finale hatte Andrea Trinchieri selbigen als "Mist" bezeichnet. Und damit eine alte Diskussion angefacht, denn das Wort des Meister-Trainers hat natürlich Gewicht in der nationalen Basketballlandschaft. Die Elite bleibt im Pokal unter sich, denn die besten sechs in der Tabelle spielen die drei Endrundenteilnehmer aus - der Gastgeber darf sowieso mitmachen. Außenseiter werden damit ausgesperrt, so der Vorwurf des Bamberger Trainers. Wenn dieser Wettbewerb aber solche Endspiele hervorbringt wie am Sonntag in Berlin vor 10 511 Zuschauern, dann wird daran so schnell niemand etwas ändern wollen. Das Duell des Meisters Brose Bamberg gegen den Herausforderer Bayern München bot Basketball auf einem Niveau, das vor 14 Jahren, als das Top-Four-Turnier erfunden wurde, kaum zu erahnen war.

Beim knappen 74:71-Erfolg Bambergs machten letztlich Kleinigkeiten den Unterschied, die zum einen bewiesen, wie abgebrüht der Meister mittlerweile auf hohem Niveau agiert. Aber auch, wie nahe der FC Bayern dem Meister auf den Pelz gerückt ist. Und wie schnell ihm das geglückt ist: Den bisher einzigen Vergleich der beiden Teams in dieser Spielzeit, in der Liga im November, hatten die Bayern noch mit 31 Punkten verloren. Eine Entwicklung, von der der Münchner Anton Gavel, der seinem Team einmal mehr beachtlich kämpfend vorausgegangen war, nach dem Spiel aber nichts wissen wollte: "Was soll ich Positives erkennen? Wir haben verloren, daran ist gar nichts positiv", sagte er. Selbst der Trost vom Nationalmannschaftskollegen Dennis Schröder, der das Allstar-Weekend in der amerikanischen NBA für einen Pokal-Abstecher in die alte Heimat Deutschland genutzt hatte, wollte Gavel nicht versöhnen. Vor allem defensiv brachten beide Mannschaften enorm viel Energie auf das Parkett. Folgerichtig wurde das Spiel dann auch mit einer Abwehraktion entschieden. Nicolo Melli, der italienische Nationalspieler in Diensten der Franken, blockte Bayern-Spielmacher Nick Johnson beim Korbleger. Der finale Rettungs-Dreier von FCB-Kapitän Bryce Taylor ging knapp daneben. Es war unverkennbar, dass Bamberg dem aufstrebenden Kontrahenten einen Schritt voraus ist. Die Meister-Mannschaft wurde vor der Saison kaum verändert, lediglich der abgewanderte Spielmacher Brad Wanamaker wurde durch den Franzosen Fabien Causeur ersetzt, der mittlerweile in einer kaum weniger überragenden Form spielt. Während Johnson bei den Bayern am häufigsten traf (13), war Causeur Bamberger Topscorer mit 18 Punkten, er zog die Fäden im Spiel und setzte die Kollegen ein. Kollegen wie Daniel Theis: Der Nationalspieler agiert seit Wochen in Topform, was er nun mit 17 Punkten und zehn Blocks bewies. Und Kollegen wie den in der NBA gestählten Darius Miller oder die griechische Point-Guard-Legende Nikolaos Zisis. Mit solchen Namen können die Bayern einfach nicht mithalten. Und doch muss sich der Münchner Kader um Senkrechtstarter Maxi Kleber, den Euroleague-erfahrenen Vladimir Lucic (9) oder den wieder mal extrem ausgeschlafenen Amerikaner Reggie Redding (11) nicht verstecken. Der neue Trainer Sasa Djordjevic, dem sogar Brose- Geschäftsführer Rolf Beyer "einen guten Job" bescheinigt, hat aus der neu formierten Auswahl einen ernst zu nehmenden Herausforderer geformt. 7:2 lagen sie vorne zu Beginn. Bloß lässt sich eine Mannschaft vom Zuschnitt Bambergs, die in der Euroleague Woche für Woche Gegner auf höchstem Niveau hat, dadurch halt nicht aus dem Konzept bringen. "Wir haben als Mannschaft eine gute Entwicklung genommen, darauf bin ich stolz. Das habe ich der Mannschaft gerade gesagt", versuchte der Bayern-Coach, dem die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand, etwas Positives zu finden. Nach einem ausgeglichenen ersten Viertel (21:24) war sein Team zur Halbzeit (36:45) deutlich in Rückstand geraten. Es kämpfte sich wieder heran - und hatte in der Schlusssekunde tatsächlich noch die Gelegenheit zum Ausgleich. Doch diese Anstrengung war nach Ansicht Gavels letztlich die Ursache für die knappe Niederlage: "Wir mussten uns immer wieder herankämpfen, das hat Kraft gekostet." Immerhin: Die Bayern haben - noch dazu in der Rolle des ungeliebten Gastes, die sie sich mit einem 78:70-Erfolg gegen Gastgeber Alba Berlin im Halbfinale verdient hatten, - enorme Moral bewiesen. In einem energiegeladenen Duell zweier Kontrahenten auf Augenhöhe; als solches können sie sich ihre Reise in die Hauptstadt jetzt mit allem Recht schönreden. Bamberg-Coach Trinchieri dankte nach dem Spiel wie bei einer Oscar-Verleihung fast allen, die zum großen Glück beigetragen hatten und schloss: "Wir haben heute gemacht, was nur Champions können: Nicht gut gespielt und trotzdem gegen einen großen Gegner gewonnen." Zum Pokal- Modus sagte er kein Wort.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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