Basketball:Sicher auf dem Fahrersitz

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Herausragend: Bayerns Jared Cunningham, mit 22 Punkten der beste Werfer bei der Partie in Ulm. (Foto: Eibner/imago)

Die Bayern beherrschen auch das Bundesliga-Spitzenspiel in Ulm und demonstrieren, warum sie in dieser Saison nur schwer zu schlagen sein werden. Im Eurocup geht für sie an diesem Dienstag alles wieder von vorne los.

Von Matthias Schmid

So kunstvoll, wie seine drei Finger der rechten Hand umwickelt waren, musste man sich große Sorgen um das Wohlbefinden von Braydon Hobbs machen. Doch der Spielmacher der FC-Bayern-Basketballer lächelte nur, als er auf den Verband blickte, und entgegnete: "Sieht schlimmer aus, als es ist, ich habe nur einen Finger leicht verstaucht." Hobbs kann also am Dienstag (19 Uhr) wieder mitwirken, wenn München im Eurocup bei Fiat Turin antreten muss. In Norditalien steht das erste Spiel in der zweiten Gruppenphase an, wo 16 Mannschaften um das Weiterkommen in die K.o.-Runde spielen. Das Viertelfinale der besten Acht ist das Ziel der Bayern, die neben Turin noch Zenit St. Petersburg und Lietuvos Rytas Vilnius begegnen werden. Es ist aber nur eine Etappe, wie Hobbs am Samstagabend bekannte, nach dem überzeugenden 89:75-Sieg in der Basketball-Bundesliga (BBL) bei Ratiopharm Ulm, seinem früheren Klub, von dem aus er im vorigen Sommer nach München weiterzog.

"Es war schön, nach Ulm zurückzukehren", erzählte Hobbs, "die Fans sind so stimmungsvoll und laut." Der 28-Jährige war aber nicht aus alter Gewohnheit in die falsche Kabine getrottet, "definitiv nicht", hob er mit einem Lächeln hervor. Er ist froh, dass er mittlerweile Mitglied im hochwertigen Kader des FC Bayern ist, wo Titelfeierlichkeiten sehr viel wahrscheinlicher sind als in Ulm. Mit dem 89:75 behauptete die Mannschaft von Cheftrainer Aleksandar Djordjevic die Tabellenführung in der BBL und brachte nebenbei Ulm die erste Niederlage nach acht Siegen in Serie bei. "Wir spielen in allen Wettbewerben mit, um Titel zu gewinnen", sagte Hobbs. Um seine Aussage besser wirken zu lassen, zählte er alle drei Wettbewerbe nach einer kurzen Kunstpause noch mal auf: "Pokal, Meisterschaft und Eurocup."

Im Eurocup geht am Dienstag alles wieder von vorne los

Was zunächst ein bisschen überheblich klingt, relativiert sich, wenn man die Münchner in diesen Tagen beim Dienst beobachtet. Wenn Hobbs und seine Mitspieler so fokussiert, raffiniert und wuchtig auftreten wie in der Neu-Ulmer Arena, dann dürfte es nur sehr wenige Mannschaften in Deutschland und Europa geben, die die Bayern in einer Finalserie schlagen können. Zu dominant sind sie, individuell zu gut besetzt für die Rivalen, so dass sogar Ulms Trainer Thorsten Leibenath so zu schwärmen begann, dass es nicht mehr verwunderlich gewesen wäre, wenn er sich nach Spielende Autogramme von den Bayern-Profis geholt hätte. "Sie haben ihren Kader unglaublich gut zusammengestellt", findet Leibenath: "Für ihre Größe bringen die Spieler nicht nur Wucht und Athletik mit, sondern sind auch noch so beweglich wie kleine Spieler." Den 2,06 Meter großen Flügelspieler Milan Macvan hebt er besonders hervor. Und natürlich Hobbs sowie Jared Cunningham, die beide fast zwei Meter messen. "Sie sind alle viel größer als meine Spieler auf der vergleichbaren Position", sagte Leibenath.

Nicht zu vergessen: die Uneigennützigkeit der Münchner. Sie haben verinnerlicht, dass es ohne Mitspieler nicht geht. Die Bayern lassen den Ball so schnell und präzise zirkulieren, bis ein Spieler meist frei zum Wurf kommt. Cunningham war in Ulm besonders oft in dieser komfortablen Situation und sammelte am Ende als Bester 22 Punkte. Zudem stibitzte der 26-Jährige noch vier Bälle vom Gegenspieler. "In der Verteidigung war er wirklich perfekt", lobte FC-Bayern-Sportdirektor Marko Pesic, "so eine Defense habe ich in der Bundesliga selten gesehen." Trainer Djordjevic erwartet vom ehemaligen NBA-Profi häufiger Darbietungen dieser Güte. Der Kalifornier ist hochbegabt. In den vergangenen Spielen hatte Cunningham sein großes Potenzial allerdings eher versteckt. Deshalb hatte Djordjevic mit ihm das Gespräch gesucht. "Jared reagierte positiv", sagte der Serbe und forderte: "Er muss so eine Leistung konstanter bringen."

Seit zwölf Spielen haben die Münchner in der BBL nicht mehr verloren, ohnehin sind sie in dieser Spielzeit wettbewerbsübergreifend nur zweimal als Verlierer vom Parkett geschlichen, in 26 Spielen wohlgemerkt. Die Niederlage zuletzt in Reggio Emilia war eine Randnotiz, weil sie sportlich unbedeutend war. "Man macht sich danach schon ein paar Gedanken und geht noch motivierter ins nächste Spiel", sagt der Flügelspieler Danilo Barthel. Für das Spiel in Turin brauchen sie aber keine Extramotivation. "Alles, was vorher war, zählt nicht mehr", bringt Spielmacher Anton Gavel die Bedeutung auf den Punkt. Die ersten Zwei der Vierergruppe steigen ins Viertelfinale auf. Für Hobbs ist es selbstverständlich, dass die Bayern dabei sind, sie wollen alles selbst bestimmen, von niemandem abhängig sein. "Wir wollen auf dem Fahrersitz bleiben", sagt Hobbs. Ein schöner Vergleich.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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