Basketball:Richtungswechsel

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Nach dem verpatzten Saisonstart tut Bamberg das 80:76 in Malaga gut. Nun kommt der 31-jährige Dorell Wright, der auf eine lange NBA-Karriere zurückblickt.

Von Matthias Schmid

Als sich die Basketballer von Brose Bamberg gerade am Flughafen von Malaga auf den Rückflug nach Nürnberg vorbereiteten, erschien in ihrem gemeinsamen WhatsApp-Chat die Information: "Quincy Miller hat die Gruppe verlassen." Er hat also nicht mehr erfahren, dass Cheftrainer Andrea Trinchieri nach dem 80:76-Auswärtssieg bei Unicaja Malaga in der Euroleague für Donnerstagabend, 17 Uhr, schon die nächste Trainingseinheit angesetzt hat. Sein Ausstieg aus dem Kommunikationskanal war ein weiterer Beleg dafür, dass sich Miller vollends von seinen Teamkollegen entfernt hat. Ein Teil der Mannschaft war der 24-Jährige, der als schwieriger Charakter galt, schon länger nicht mehr. Der Amerikaner, der im Sommer noch von den Bamberger Verantwortlichen mit hymnischen Worten als große Attraktion angekündigt worden war, durfte zuletzt nicht einmal mehr mit seinen Teamkollegen trainieren, er musste sich nebenan allein fithalten.

Mit den Miami Heat gewann Wright 2006 die Meisterschaft, zuletzt spielte er in Bosnien

Es war das unschöne Ende eines großen Missverständnisses. Und obwohl Miller noch keinen neuen Klub gefunden hat, steht sein Nachfolger fest. Es ist der Amerikaner Dorell Wright. Der 31-Jährige aus Los Angeles blickt auf eine lange und erfolgreiche Karriere in der NBA zurück, unter anderem gewann der Flügelspieler in der weltbesten Liga mit den Miami Heat 2006 die amerikanische Meisterschaft. In 549 Spielen sammelte er im Schnitt mehr als acht Punkte, besonders als guter Distanzwerfer hat er auf sich aufmerksam machen können. Zuletzt lief er für den bosnischen Meister KK Igokea in der Adria-Liga auf, wo er 26,8 Punkte im Schnitt erzielte. Der Generalmanager des Klubs, Igor Dodik, hatte am Mittwochabend den Wechsel auf Twitter verkündet.

Bambergs Geschäftsführer Rolf Beyer wollte den bevorstehenden Transfer nicht kommentieren, "solange er nicht in allen Facetten in trockenen Tüchern ist", wie er sagte. Am Donnerstag stand der obligatorische Medizincheck noch aus, doch wie auf der Webseite der Euroleague zu erfahren war, liegt Wrights Spielerlaubnis schon vor. Er könnte also bereits an diesem Freitag (20 Uhr) im Heimspiel gegen Baskonia Vitoria sein neues Trikot überstreifen.

Dass Bamberg nur wenige Wochen nach Beginn der Spielzeit das Personal tauscht, ist ungewöhnlich für den Klub, der in den vergangenen Jahren den Basketball in Deutschland geprägt und dominiert hat. Dreimal nacheinander gewann die Mannschaft von Andrea Trinchieri die Meisterschaft. Doch im Sommer, mit dem Abschied von fünf Schlüsselspielern, war ein größerer Kaderumbau nötig, der die Bamberger zunehmend zu belasten schien. Dieser Eindruck drängte sich auf, nachdem sie zuletzt in Ludwigsburg verloren und in der Bundesliga mit zwei Niederlagen aus fünf Spielen auf den achten Tabellenplatz zurückfielen. Es war eine Vorführung im doppelten Sinne, die Niederlage machte sogar die Spieler fassungslos. "Man muss offen und ehrlich gestehen, dass wir scheiße gespielt haben", sagt Nationalspieler Lucca Staiger. Ihr Erfahrenster, der Grieche Nikos Zisis, stellte anschließend seinen Mitspielern öffentlich die Charakterfrage. Es war wohl ein Weckruf, den die neuformierte Mannschaft dringend benötigte. Noch am Abend trafen sich die Spieler ohne Trainer, um die bestehenden Probleme aufzuarbeiten. "Beim Sieg in Malaga haben wir schon viel besser gespielt und gezeigt, dass wir eine gute Mannschaft haben, die das wieder in die richtige Richtung drehen kann", findet Staiger.

Die Mannschaft habe schon gekämpft, findet Staiger, aber an "den falschen Ecken und Enden"

Aber auch Beyer weiß, dass der erste Sieg in dieser Euroleague-Spielzeit nicht alle Probleme lösen kann. Es bleibt eine fragile Phase der Neuorientierung und -findung, die er nun gemeinsam mit Trinchieri zu moderieren hat. Der Italiener selbst ließ ausrichten, dass er "nichts zu sagen" habe. Viele im Umfeld sind gespannt, wie der 49-Jährige mit seiner ersten Ernst zu nehmenden Schwächeperiode umgehen wird. Menschen, die dem Italiener näher stehen, sprechen davon, dass er im Umgang ruhiger geworden ist. "Andrea ist ein Perfektionist", sagt Beyer, "der von den Spielern sehr viel fordert." Vielleicht hat er speziell die neuen Profis in den ersten Wochen damit überfordert. "Es war nicht so, dass wir nicht kämpfen wollten", sagt Staiger, "aber wir haben das an den falschen Ecken und Enden gemacht und so das Gegenteil bewirkt."

Beyer jedenfalls erkennt mit dem Erfolg in Malaga, das im ersten Spiel Titelverteidiger Fenerbahce besiegte, einen "massiven Schritt in die richtige Richtung", wie er betont: "Die Mannschaft hat Substanz." Das hatten manche Kritiker ihr ja schon abgesprochen. Das Wichtigste für ihn sei, fährt er fort, "dass sich die Spieler gegenseitig helfen und füreinander einstehen". Trinchieri brachte nach der Partie die Bamberger Hoffnung auf den Punkt: "Die Saison hat für uns jetzt erst angefangen."

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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