Basketball:Rätsel um Kari

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Offiziell noch mit einem Vertrag bis 2017: Basketball-Trainer Svetislav Pesic. (Foto: Johannes Simon)

Svetislav Pesic wird in dieser Woche am Knie operiert. Noch ist unklar, ob der 67-Jährige auch in der kommenden Saison die Basketballer des FC Bayern trainieren wird. In der Szene wird munter spekuliert.

Von Joachim Mölter, München

Zäh wie Sirup tröpfeln in diesen Tagen Neuigkeiten von den Basketballern des FC Bayern heraus. Erst gab der Klub bekannt, dass Kapitän Bryce Taylor ein weiteres Jahr bleibt. Dann wurde Flügelspieler Danilo Barthel als Zugang aus Frankfurt präsentiert. Es folgte die Vertragsverlängerung von Anton Gavel, ein paar Tage später die von Nihad Djedovic. Am Mittwoch gab dann Paul Zipser bekannt, dass er München verlässt und nach seinem Draft einen Zweijahresvertrag beim NBA-Klub Chicago Bulls unterschreibt. Als nächstes kommt wohl die Vorstellung des tschechischen 2,17-Meter-Mannes Ondrej Balvin, der zuletzt in Sevilla aktiv war. Doch mit der Bekanntgabe der wichtigsten Personalie lassen sie sich erstaunlich viel Zeit: Wer die Mannschaft denn trainiert in der anstehenden Saison.

Svetislav Pesic, der noch einen bis 2017 gültigen Vertrag hat, am Ende der vergangenen Saison aber erst zu 99 Prozent aufhören und dann doch zu 99 Prozent weitermachen wollte? "Es steht noch nicht zu hundert Prozent fest, wer Trainer ist", verriet Barthel jüngst der FAZ. Auf die Nachfrage, ob er davon ausgehe, dass Svetislav Pesic Trainer beim FC Bayern bleiben werde, sagte er: "Ich habe keine Ahnung."

Svetislav Pesic selbst war für eine Klärung nicht zu erreichen. Der 67-Jährige wird an diesem Donnerstag am rechten Knie operiert, nachdem vor wenigen Wochen sein linker Meniskus unters Messer kam. Sein Alter und die nötige Reha könnten genügen, um einen Abschied zu erklären. Solange es aber keine klare Aussage dazu gibt, müssen die Bayern-Basketballer mit einer Trainerdebatte leben, die sie nach der enttäuschend verlaufenen Saison mit Platz vier nach der Hauptrunde und dem Aus im Playoff-Halbfinale gegen den Meister aus Bamberg wohl lieber intern aufgearbeitet hätten.

Denn es ist ja noch ein weiteres Interview auf dem Markt: In der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift BIG hat der inzwischen zum italienischen Klub Dinamo Sassari gewechselte Dusko Savanovic zu verstehen gegeben, dass sein plötzlicher Weggang mit dem Trainer zu tun gehabt habe, mit Svetislav Pesic. Und das würde bestätigen, was hinter vorgehaltener Hand immer mal wieder zu hören gewesen ist in den vergangenen Monaten: dass es ein Zerwürfnis zwischen Trainer und Teilen der Mannschaft gegeben habe.

Hoeneß ließ durchblicken, dass er sich bei einer Rückkehr um die Basketballer kümmert

In dem in Savanovics Heimat Serbien geführten - und vorsichtshalber auch auf Serbisch dokumentierten - Interview erzählt der Flügelspieler jedenfalls von Spannungen mit dem Mann, mit dem er 2010/11 in Valencia noch erfolgreich zusammengearbeitet hatte. In München jedoch habe er "mit der Zeit gespürt, dass es den Kari aus Valencia nicht mehr gibt", sagt er; Kari ist Pesics serbischer Spitzname. Savanovic erzählt von einem "unerfreulichen Gespräch" mit dem Trainer bereits nach dem ebenfalls gegen Bamberg verlorenen Titelkampf 2015. Savanovics Vater war während der Finalserie gestorben, nach dem vierten Spiel flog er zur Beerdigung, in der fünften und entscheidenden Partie habe er dann schlecht gespielt: "Mit dem Körper war ich auf dem Platz, mit dem Kopf nicht." Wer wollte ihm das verübeln?

Svetislav Pesic tat es offenbar, wenn man Savanovic glaubt. Der Coach habe das Thema im weiteren Verlauf der vergangenen Saison immer wieder aufs Tapet gebracht, "mit erhöhtem Ton", wie Savanovic erzählt. Nach einer Niederlage im Playoff-Viertelfinale gegen Ludwigsburg, als er trotz einer Fingerverletzung gespielt hatte, mit Schmerzen, "da war dann Schluss", berichtet Savanovic: "Das fünfte Spiel kam wieder zur Sprache. Eine gewisse Linie darf im Leben nicht überschritten werden, das erlaubt einem die Ehre einfach nicht."

Seitens des FC Bayern wollte man Savanovics Äußerungen nicht kommentieren. "Zu diesem Zeitpunkt gibt es keine Stellungnahme von uns", teilte Marko Pesic mit, der Geschäftsführer und Sportdirektor, der von Savanovic nur lobend erwähnt wird. Marko Pesic muss nun eine Trainerfrage moderieren, die sowieso schon nicht einfach ist. Beruflich ist er der Vorgesetzte seines Vaters, privat aber dessen Sohn - in diese Bredouille hat ihn einst Uli Hoeneß gebracht, als er noch Präsident des FC Bayern war und Pesic senior engagierte.

Womöglich hoffen sie in der Basketball-Abteilung, dass Hoeneß diese Bredouille nun auch selbst wieder auflöst. Am Freitagabend trifft sich der Aufsichtsrat des FC Bayern; dabei wird erwartet, dass sich Hoeneß zu seiner Zukunft im Klub äußert. Er hat schon durchblicken lassen, dass er sich bei einer Rückkehr auf den Präsidentenstuhl und/oder ins Aufsichtsgremium des Vereins auch wieder verstärkt um die Basketballer kümmern werde.

In der Szene wird derweil munter über die Zukunft von Svetislav Pesic spekuliert. Einen richtig eleganten Abgang hat sich der Mann, der Deutschland 1993 zum einzigen EM-Titel und den FC Bayern 2014 zur ersten nationalen Meisterschaft nach 60 Jahren geführt hat, wohl verbaut mit seiner 99-Prozent-und-180-Grad-Wende. Als Nachfolger werden bereits zwei Landsleute des gebürtigen Serben gehandelt: Sasa Obradovic, der zuletzt vom Liga-Rivalen Alba Berlin entlassen wurde, hält sich angeblich bereit; Favorit scheint aber eher Aleksandar Djordevic zu sein, der gerade Serbiens Nationalteam zu Olympia nach Rio geführt hat. Irgendwann werden die FC-Bayern-Basketballer schon bekannt geben, wer die Mannschaft trainieren wird.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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